In Russland ist das umstrittene Gesetz für ein eigenständiges Internet unter kompletter Staatskontrolle in Kraft getreten. Die Atommacht erklärt, man wolle sich mit einer eigenen Infrastruktur für ein Netz gegen mögliche Cyberangriffe aus dem Ausland wappnen.

Präsident Wladimir Putin hatte das Gesetz im Mai unterzeichnet. «Damit übernimmt der Staat erstmals die volle technische Kontrolle über das Internet», sagte der russische Internetexperte Alexander Isawnin von der unabhängigen Organisation Roskomswoboda (Für die Freiheit des Netzes) der Nachrichtenagentur DPA. Das Gesetz sieht auch eine umfangreiche Vorratsdatenspeicherung vor.

Viele Seiten sind schon jetzt blockiert

Bisher hätten die Provider unter freien Marktbedingungen arbeiten können, sagte Isawnin. Nun übe der russische Staat direkten Einfluss aus. Demnach soll der russische Internetverkehr künftig über Knotenpunkte im eigenen Land gelenkt werden. Die Infrastruktur dafür muss erst noch aufgebaut werden. Provider müssen sich dafür Geräte anschaffen. Noch sind viele technische Fragen ungeklärt.

Kritiker sehen das Gesetz als einen Vorwand für eine Ausweitung der politischen Kontrolle in Russland. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) beklagte, dass damit die Internetzensur in Russland auf eine neue Stufe gehoben werde. ROG sieht darin einen Verstoss gegen Menschenrechte wie Meinungsfreiheit und ungehinderten Zugang zu Informationen. Schon jetzt sind in Russland viele Internetseiten - etwa von der Opposition - blockiert.

Kreml: Keine Abkoppelung geplant

Viele Russen befürchten, dass ihr Land digital isoliert und die Überwachung durch Geheimdienste verstärkt wird. Tausende Menschen hatten gegen das Gesetz demonstriert.

Die russische Führung weist die Bedenken der Kritiker zurück. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, es sei nicht geplant, Russland vom Internet abzukoppeln. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass der Westen Russland vom Netz abklemme. Deshalb brauche das Land eine unabhängige digitale Infrastruktur für ein autonomes Internet. Putin verteidigte das Projekt als notwendig für die nationale Sicherheit.

(sda/gku)

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