Der Schweizer M&A-Markt hatte in 2021 trotz Pandemie wieder kräftig angezogen und auch für das laufende Jahr sind die Rahmenbedingungen mehrheitlich günstig. Die Dynamik ist insbesondere bei technologie-affinen KMUs hoch. Im Interview teilen Marc Bruggmann, Projektleiter bei UBS M&A Advisory, und Thomas Sigrist, Geschäftsführer bei Hospital Partners, Erfahrungen und Einsichten aus diesem spannenden Umfeld.

Einfach gefragt: Wie unterstützt UBS in der Nachfolgeberatung?

Marc Bruggmann, Projektleiter UBS M&A Advisory: Wir evaluieren für Firmen die beste neue Eigentümerschaft, falls es innerhalb Familie oder Management-Team keine geeigneten Lösungen gibt. Im Kern geht es dabei um die Frage, welchen Mehrwert ein neuer Eigentümer einbringen soll. In einem klar strukturierten Prozess ermitteln wir den geeigneten neuen Partner. Dabei kommen Käufer aus dem Branchenumfeld des Unternehmens mit komplementären Produkten, Technologien, Kunden oder Marktzugängen in Frage, aber auch Finanzinvestoren, mit entsprechendem Netzwerk oder Branchenkenntnissen. Ein Börsengang ist nur für die wenigsten Unternehmen eine realistische Option.

Wie sieht das aktuelle Marktumfeld aus?

MB: Im derzeitigen Marktumfeld haben die Verkäufer sozusagen die Oberhand. D.h. die Nachfrage nach spannenden Beteiligungsmöglichkeiten übersteigt das Angebot. Zusätzlich führen ein tiefes Zinsumfeld und hohe Liquiditätsbestände auf der Käuferseite zu attraktiven Unternehmensbewertungen gerade im Technologiesektor.

Thomas Sigrist, Hospital Partners: Ein positiver Nebeneffekt der sehr hohen Liquiditätssituation dieser Tage ist die Möglichkeit für Wachstums- und Übernahmefinanzierungen. Auch viele Jung-Unternehmen und Start-ups sind durchaus schon am richtigen Ort, um den Prozess einer Finanzinvestition ins Auge zu fassen.

Warum schauen sich Firmeninhaber grundsätzlich nach einer Nachfolgeregelung um?

MB: Unternehmer agieren vorausschauend, sowohl in ihrer Rolle als Geschäftsführer als auch Eigentümer. Sie sind mit dem Unternehmen gross geworden, aber auch älter. Die sich wandelnden Anforderungen an einen CEO spielen nebst dem Alter eine wichtige Rolle im Entscheid, das Ruder zu übergeben. Dieser Prozess kann schrittweise erfolgen, erst die Übergabe der operativen Verantwortung, dann diejenige als Eigentümer.

TS: Ein Treiber gerade in jüngerer Zeit ist auch der beschleunigte technologische Wandel. Inhaber fragen sich: Bin ich noch der bestmögliche Eigentümer mit dem adäquaten Skillset für die Firma? Das kann einen tech-lastigen traditionellen Mittelständer, aber auch ein Jung-Unternehmen betreffen, das mit neuen Kompetenzanforderungen konfrontiert ist.

Haben Sie ein Beispiel aus einem Tech-Sektor?

TS: Ein konkretes Beispiel ist die Firma Baitella, ein Medtech-Unternehmen, spezialisiert u.a. auf Gelenkarme und Haltesysteme, bei dem ich den Verwaltungsrat präsidiere. Die Komplexität der Branche ist enorm hoch, die Anwendungen unserer Kunden entwickeln sich mit hoher Geschwindigkeit. Zudem werden Märkte vielschichtiger: Je nach Gesundheitssystem gibt es andere Anforderungen, Prozesse und Regulierungen und dementsprechend Verkaufsstrategien. Das Geschäft hat einen globaleren Fokus.

MB: So wird bspw. «Time-to-Market» zum kritischen Faktor: Eine Innovation, ein neues Produkt in nützlicher Frist auf dem globalen Markt zu platzieren, ist eine enorme Herausforderung für mittelständische Unternehmen.

Und die geht man mit einem neuen Partner an?

MB: Das ist eine Möglichkeit. Will ein schweizerisches KMU ein Implantat, das sich bereits im europäischen Markt als gute Lösung für Patienten etabliert hat, in den USA vertreiben, trifft er auf neue, komplexe Abnehmerstrukturen. Eine Distributionspartnerschaft könnte eine Option sein. Vielleicht signalisiert aber auch ein Big Player aus den USA Übernahmeambitionen.

Thomas Sigrist und Hospital Partners

Als CEO des Management-Beratungsunternehmens „Hospital Partners“ aus Rapperswil-Jona begleitet Thomas Sigrist seit bald 12 Jahren Leistungserbringer und innovative Akteure im Gesundheitswesen. Der ehemalige Partner von McKinsey und Diplomingenieur ETH/MBA kennt die Herausforderungen und Bedürfnisse der Schweizer Medtech-Branche. Als Verwaltungsratspräsident der Baitella AG leitete Sigrist gemeinsam mit UBS M&A Advisory die erfolgreiche Nachfolgeregelung des Spezialisten für medizinaltechnologische Gelenkarme Baitella AG im Juli 2021 in die Wege.

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Quelle: UBS
Wie bringt UBS dabei ihr Know-How ein?

TS: Baitella/Fisso war eine Nachfolgeherausforderung, für die wir eine möglichst gute Auswahl an möglichen neuen Eigentümern getroffen und systematisch analysiert haben. UBS und Marc erwiesen sich als Partner, die in diesem Fall unsere Bedürfnisse sehr gut abdeckten: Einerseits dank ihrer internationalen Vernetzung und Zugangs zu breiten möglichen Käuferkreisen. Andererseits aber dank ihres absoluten Verständnisses der KMU-Landschaft in der Schweiz. Sie wussten, dass ein erfolgreiches KMU in der Schweiz eine gut geölte, eingespielte Maschine ist, die Wert aus den lokalen Fachkräften und Lieferantennetzwerken zieht. Man kann nicht einfach den Schlüssel zur Produktionshalle drehen und die Produktion irgendwohin verlegen.

Sondern?

TS: Baitella ist in einer guten Position, seine Marktnische aus eigener Kraft weiter zu bearbeiten. Mit der schweizerischen Anlagestiftung Renaissance haben UBS und wir im Juli 2021 eine neue Inhaberin gefunden, die in der Lage und willens ist, den weiteren Entwicklungsweg zu unterstützen und die Firma langfristig zu finanzieren. Es gibt aber auch Firmen mit anderen Bedürfnissen, wie z.B. Go-to-Market-Möglichkeiten oder Technologie-Skills.

Läuft das oft so glatt ab?

MB: Die richtige Vorbereitung ist das A&O für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung. Die individuelle Ausgangslage seitens Unternehmen und Unternehmer ist immer unterschiedlich. Darum gilt es die Situation ganzheitlich zu erfassen in Bezug auf die Erwartung der Eigentümer und Mitarbeitenden sowie das Unternehmers- und Wettbewerbsumfeld. Nur so kann das Unternehmen beim richtigen Partner bestmöglich positioniert werden. Dementsprechend iterativ ist der Prozess, im Dialog mit Eigentümern und potenziellen neuen Partnern.

TS: Zentral ist jedoch nicht eine coole Verkaufspräsentation, sondern, die Firma konsistent mit ihren Stärken und Möglichkeiten zu positionieren. Denn die Transaktion ist nicht das Ende, sondern der eigentliche Anfang für die neuen Eigentümer. Bestehende Mitarbeiter und Manager sollen im neuen Umfeld weiterhin erfolgreich weiterarbeiten. Dabei hilft nur eines: Gut nachdenken, einerseits über die Firma und ihr technologieseitiges Know-how, aber eben genau auch, wo man sich entwickeln und explizit verstärken möchte.

Das heisst: Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind zentral für die Begleitung einer Nachfolgeregelung?

TS: Es geht um Integrität und Authentizität, nicht um einen geschliffenen Sales Pitch! Gerade dabei hilft UBS als Spiegel, um die klare Positionierung der Firma für den Nachfolgeprozess von Anfang an zu leisten.

UBS M&A Advisory: Ihr Partner für massgeschneiderte Nachfolgelösungen

Technologischer Wandel durch Innovationen sowie steigende regulatorische Anforderungen sind zentrale Treiber der Marktkonsolidierung, besonders im Medtech-Sektor. Sie beschleunigen Unternehmenstransaktionen wie Firmenverkäufe oder Nachfolgeregelungen. Mit einem Team von über 25 Experten an den Standorten in Zürich und Lausanne unterstützen wir Sie bei Ihrer Unternehmensnachfolge:

  • Wir beraten Unternehmer*innen von der Vorbereitung über die Umsetzung bis zum Abschluss des Firmenverkaufs an eine externe Käuferpartei.
  • Dank unserem breiten und globalen UBS Netzwerk identifizieren wird den geeigneten Käufer unter strategischen Partnern, Finanz- oder Privatinvestoren.
  • Als führendes Finanzinstitut verfügen wir über einen direkten Zugang zu den Entscheidungsträgern der potenziellen neuen Eigentümer.
  • Profitieren Sie von unserer umfassenden Erfahrung bezüglich Vorgehen, Informationsbedürfnissen und kritischen Erfolgsfaktoren aus zahlreichen Transaktionen.

Wir stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. 

Welche Herausforderungen birgt das sonst noch?

MB: Gerade wenn Mitbewerber als potenzielle Käufer in Frage kommen, ist der Umgang mit vertraulichen Informationen essentiell. Einerseits benötigen interessierte Käufer vertrauliche Informationen, um eine geeignete Unternehmensprüfung durchzuführen, andererseits müssen Geschäftsgeheimnisse gegenüber Mitbewerben geschützt werden. Diese Balance gilt es durch eine phasengerechte Informationsweitergabe zu halten. Nebst der Vertraulichkeit spielen emotionale Aspekte eine wichtige Rolle, geht es bei einer Unternehmensnachfolge doch oft um ein Lebenswerk bzw. die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Welche Rolle spielt die zunehmende Komplexität im regulatorischen Umfeld?

TS: Die regulatorischen Hürden, die rein technischen Anforderungen für die Produktzulassung an Nutzer und Patienten steigen weltweit. Die Rückverfolgbarkeit jedes Produkts muss für Verbesserungen oder schlimmstenfalls einen Rückruf gewährleistet sein. Zweitens ist der Zugang zu einem spezifischen Markt gerade für Schweizer Firmen derzeit hochrelevant. Da wir nicht vollständig in den EU-Markt integriert sind, müssen Schweizer KMU ihre regulatorischen Hausaufgaben doppelt so gut machen.

Wie beeinflusst das eine Nachfolgeregelung?

TS: Der Zugang zu ganz unterschiedlichen Märkten resultiert in komplexen Anforderungen für eine Produktezulassung. Das steigert nicht nur die Kosten, sondern kann auch dazu führen, dass man einen starken Partner braucht, der sowohl Marketing, Sales als auch das regulatorische Feld beherrscht.

MB: Zunehmende regulatorische Komplexität ist neben technologischen Innovationen einer der Konsolidierungstreiber der Medtech-Industrie. Darin sehen wir auch eine Chance: Wenn ein Unternehmen die regulatorischen Anforderungen beherrscht, ist das gegenüber Mitbewerbern eine starke Differenzierung. Zudem können die steigenden Anforderungen grössere Unternehmen zum Zukauf neuer Geschäftsbereiche animieren, um die wachsenden Kosten auf ein breiteres Produktangebot zu verteilen.

Wann macht Sie eine gelungene Transaktion glücklich?

MB: Wenn wir jenseits der 6 bis 12 Monate des Transaktionsprozesses mittelfristig zwei Parteien zusammenführen konnten, bei denen 1 + 1 = 3 gibt. Wenn sie sich in einer guten Lösung ergänzen, entsprechend der anfänglich erwähnten Anforderungen. Das muss nicht unbedingt eine harmonische Ehe fürs Leben sein, aber eine solide, vertrauensvolle Partnerschaft auf Zeit.

TS: Für mich ist zentral, dass es sich nicht nur finanziell für beide Parteien lohnt, sondern dass eine unternehmerische Lösung darstellt, von der die Mitarbeiter, das Management, die Eigentümer und das ganze Unternehmen profitieren und eine gute Entwicklung durchlaufen. Das hilft nicht zuletzt auch dem Werkplatz Schweiz.