Die USA sind mit einem Kapitalbestand von rund 100 Mrd Dollar der weitaus wichtigste ausländische Direktinvestor in der Schweiz. 645 US-Firmen haben hier Niederlassungen eingerichtet. Diese beschäftigen 71000 Personen und sorgen zusammen mit den nachgelagerten Bereichen für insgesamt 120000 Arbeitsplätze. Überdurchschnittlich viele regionale Headquarters von US-Firmen profitieren von der stabilen politischen Situation sowie vom multikulturellen und hocheffizienten Umfeld der Schweiz und führen von hier aus ihre europäischen Geschäfte. Dafür stehen Namen wie Procter & Gamble, Caterpilar, Dow, GM, Medtronic, Amgen, DuPont, Ecolab, Alcoa, Pfizer, Kraft, eBay, Eaton, Owens-Illinois, Chiquita usw.
Nach Zahl der Beschäftigten sind McDonald?s, Philip Morris, Procter & Gamble, Johnson & Johnson, Texas Pacific, Liberty Global, Hewlett-Packard als wichtige Arbeitgeber zuerst zu nennen. Baxter, Colgate, Oracle sind weitere klangvolle Namen von Unternehmen, die auf den Standort Schweiz setzen. Führende Technologieunternehmen wie IBM, Microsoft, Google und Yahoo haben hier zudem bedeutende Entwicklungsabteilungen aufgebaut, die für den Forschungs- und Innovationsplatz Schweiz eine wesentliche Rolle spielen. Sie unterhalten teils intensive Kooperationen mit schweizerischen Hochschulen, die ihrerseits mit amerikanischen Universitäten eng zusammenarbeiten.
Reger Personalaustausch
Die wirtschaftlichen Verflechtungen haben auch einen regen personellen Austausch zwischen den beiden Ländern zur Folge: Hochqualifizierte Amerikaner arbeiten hierzulande in verschiedenen Bereichen von Management, Medizin, Forschung und Entwicklung. 40% der CEO börsenkotierter Schweizer Unternehmen sind nunmehr ausländischer Herkunft. Die US-Amerikaner stellen nach den Deutschen die zweitgrösste Gruppe auf Stufe Top-Management in den Schweizer Führungsetagen.
Maus und Elefant
Bei aller Betonung von Gemeinsamkeiten und Parallelen kann nicht übersehen werden, dass die USA und die Schweiz wirtschaftlich zwei höchst unterschiedliche Gewichte bilden. Das kann auch gar nicht anders sein, denn die USA sind bezüglich Einwohnerzahl rund 40-mal grösser als die Schweiz. Maus und Elefant also, zwei höchst unterschiedliche Wesen, aber immerhin von ähnlicher Farbe und von grundsätzlicher Gattungsverwandtschaft.
Trotz Krise sollte nicht vergessen werden: Die USA sind weiterhin die grösste Volkswirtschaft der Welt, so gross wie Japan, Deutschland, China und England zusammen. Dies werden sie auch in Zukunft wohl noch lange bleiben.
NACHGEFRAGT martin naville, CEO Swiss American Chamber of Commerce
«USA werden aus Rezession herausfinden»
Wann wird sich die US-Wirtschaft erholen?
Martin Naville: Vorerst wird es weiter abwärts gehen, und die Talsohle dürfte die US-Wirtschaft frühestens im 2. Halbjahr 2009 erreichen. Ich bin aber überzeugt, dass die USA als erste der grossen Wirtschaftmächte wieder aus der Rezession herausfinden werden. Denn die Amerikaner sind flexibel, unternehmerisch und innovativ. Der Aufschwung wird allerdings nicht so schnell in einem nächsten Boom gipfeln.
Die Schweiz ist attraktiver Europa-Standort für viele amerikanische Firmen. Hat man diesbezüglich das Potenzial bereits ausgeschöpft?
Naville: Die Amerikaner würden bessere direkte Flugverbindungen in die Schweiz begrüssen. Und sie legen Wert auf ein gutes Angebot an internationalen Schulen. Erleichternd für Amerikaner wären zudem auch gelockerte Immigrationsbestimmungen für Bürger aus Nicht-EU-Ländern. Und besonders wichtig: Die Schweiz darf auf keinen Fall im Zusammenhang mit den Steuerdiskussionen auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Das würde US-Firmen abschrecken, denn sie können es sich nicht leisten, auf einem Finanzplatz aktiv zu sein, der nach internationalen Standards als anrüchig gelten würde.
Worauf soll die Schweiz in den nun laufenden politischen Verhandlungen zur Anpassung des Doppelbesteuerungsabkommens hinarbeiten?
Naville: Die Schweiz muss darauf achten, dass die anstehenden Probleme sowohl technisch als auch politisch auf breiter Ebene angegangen werden. Es muss eine Lösung gefunden werden, die alles mit einbezieht, zum Beispiel auch die Zivilklage der US-Steuerbehörden gegen die UBS. Die Schweiz muss in den Verhandlungen den USA klarmachen, dass die Zivilklage die Debatte über das angepasste Doppelbesteuerungsabkommen und ein mögliches Referendum in der Schweiz massgeblich beeinflusst.
Kann die Schweiz auch Forderungen stellen?
Naville: Die Verrechnungssteuer von 5% auf die Gewinne der US-Töchter von Schweizer Firmen sollte abgeschafft werden. Ziel muss hier ein Nullsatz sein, wie er den Wirtschaftspartnern gewährt wird, die beim Informationsaustausch den OECD-Standard einhalten. Zudem muss die Schweiz deutlich signalisieren, dass sie ein Abkommen anstrebt, das allgemeinen Vorbildcharakter hat: Für die USA, wenn sie mit anderen auf der grauen Liste stehenden Ländern eine Lösung suchen; und für alle weiteren Staaten, die sich mit der Schweiz arrangieren und ihre Verträge anpassen wollen. Das modernisierte Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA kann so wegweisend für alle weiteren Verhandlungen mit anderen Staaten werden.
Mit der Wirtschaftskrise und der Steuerdiskussion sind Massnahmen zur angeblichen Terrorismusbekämpfung etwas in den Hintergrund gerückt. Wie steht es eigentlich bezüglich dem Reisen ohne Visum? Ist von der Regierung Barack Obamas bei diesen Bestimmungen eine Lockerung zu erwarten?
Naville: Beim visafreien Reisen ist bereits eine Pflicht zur Voranmeldung eingeführt werden. Seit dem 12. Januar 2009 müssen sich alle Reisenden ohne Visa vor dem Abflug über das Internet anmelden. Besonders wichtig ist nun, dass der biometrische Pass nach der Abstimmung vom 17. Mai 2009 eingeführt werden kann. Bei einer Ablehnung des biometrischen Passes wird es für Reisen in die USA grosse Schwierigkeiten geben.