Das EU-Gericht in Luxemburg hat die Genehmigung der staatlichen Milliardenhilfen für die Lufthansa während der Corona-Krise 2020 durch die EU-Kommission für nichtig erklärt. «Der Kommission sind mehrere Fehler unterlaufen», teilte das Gericht am Mittwoch mit. Die EU-Behörde habe zu Unrecht angenommen, dass sich die Lufthansa die sechs Milliarden Euro, die der Staat zu ihrer Rettung zuschoss, nicht selbst am Markt beschaffen konnte. Sie habe zudem keine Anreize für eine schnelle Rückzahlung gesetzt und nicht dafür gesorgt, dass durch wirksame Auflagen Konkurrenten keine Wettbewerbsnachteile erlitten. Mit der Entscheidung hatten Klagen von Ryanair und Condor Erfolg.

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Die praktischen Folgen des Urteils sind unklar, da die Lufthansa die Staatshilfen bereits zurückgezahlt hat. Das Unternehmen wurde vor drei Jahren wegen des Einbruchs des Luftverkehrs in der Corona-Pandemie vom Staat vor der Pleite gerettet. Die Airline hatte die Hilfe bei der Bundesregierung angefordert, weil sie nach eigenen Angaben keinen Zugang mehr zum Finanzmarkt hatte, um selbst Mittel zum Überleben zu beschaffen.

Die EU-Kommission könnte in Berufung gehen, legte sich darauf aber nicht fest. Die Behörde erklärte wie die Lufthansa, das Urteil müsse zunächst untersucht werden, ehe über nächste Schritte entschieden werde. Die Lufthansa wies darauf hin, dass die damals gewährten stillen Einlagen bereits im Oktober und November 2021 vollständig zurückgezahlt worden waren. Der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds hatte seinen im Zuge der Rettungsaktion erworbenen Lufthansa-Anteil im vergangenen Jahr verkauft. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, da das Urteil gegen die EU-Kommission ergangen sei, könne es nicht Stellung nehmen. Das Ministerium ist für Beihilfefälle zuständig und war an den Verhandlungen mit der EU damals beteiligt.

Genugtuung für Ryanair und Condor

Ryanair nannte das Urteil einen «Triumph für fairen Wettbewerb und die Verbraucher in der gesamten EU». Die Kommission dürfe als Wettbewerbshüterin keine diskriminierenden Staatshilfen unter politischem Druck nationaler Regierungen genehmigen. Auch der Ferienflieger Condor begrüßte das Urteil. «Damit teilt das Gericht unsere Rechtsaufassung», erklärte die Airline. Condor war selbst mit einer halben Milliarde Euro vom Staat während der Pandemie gestützt worden. Auch gegen diese Beihilfe hatte Ryanair erfolgreich geklagt, weil die Kommission ihre Genehmigung unzureichend begründet hatte. Die Behörde konnte das mit einer nachgebesserten Entscheidung im Juli 2021 aus der Welt schaffen.

Im einzelnen monierte das EU-Gericht, aus der Entscheidung der Komission gehe nicht hervor, dass sie alle Umstände beim Beurteilen der finanziellen Notlage der Lufthansa berücksichtigt habe. So habe sie offenbar nicht geprüft, ob die Lufthansa mit Sicherheiten wie eigenen Flugzeugen selbst an Geld gekommen wäre. Die erforderlichen Finanzmittel hätten ausserdem nicht den gesamten Bedarf der Airline-Gruppe decken müssen. Die Lufthansa hatte nach Auffassung des Gerichts keinen ausreichenden Anreiz, das vom Staat erworbene Aktienpaket rasch zurückzukaufen. Hier hätte es eine schrittweise steigende Vergütung für den Staat auf das Eigenkapital geben müssen.

Die Richter gaben den Klägern außerdem Recht bei den Auflagen der EU, mit denen unfaire Wettbewerbsvorteile der Lufthansa vermieden werden sollten. Die Airline musste wegen ihrer starken Marktstellung damals jeweils 24 Slots, also Zeitfenster für Starts und Landungen, an den beiden grössten deutschen Flughäfen Frankfurt und München abgeben. Doch eine dominante Marktposition hatte sie dem Gericht zufolge auch an den Flughäfen Düsseldorf und Wien. Die Slot-Abgabe wurde dem Gericht zufolge auch unfair vollzogen, indem in einer ersten Phase nur Airlines zum Zug kamen, die noch nicht an den Airports waren. Erst bei deren Verzicht konnten die dort schon anbietenden Lufthansa-Konkurrenten zugreifen. Die Kommission habe dabei ihre Pflicht zur Begründung des Beschlusses verletzt.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Reinhard Houben, zog zu dem Urteil das Fazit: «Es ist immer besser erst nach einer marktwirtschaftlichen Lösung zu suchen.» Der Einsatz öffentlicher Gelder könne immer nur das letzte Mittel sein. 

(reuters/rul)