Grünes Licht für Umweltschutz-Pionierleistung der Schweizer Autobranche», rühmte sich die Stiftung Auto-Recycling Schweiz (SARS) in einer Mitteilung vor gut zwei Monaten. Die SARS ist eine nicht gewinnorientierte Organisation, die aus der Auto-Schweiz (Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure) hervorgegangen ist. Dank dem Einverständnis des Stadtrates von Monthey VS und der Walliser Behörden sei der Bau einer neuen Entsorgungsanlage für nichtmetallische Autoabfälle rechtskräftig, wurde vermeldet. Per Ende 2006 soll die Anlage in Betrieb genommen werden. Die finanziellen Mittel für den Bau des 120-Mio-Fr.-Projekts schöpft die Stiftung hauptsächlich aus Entsorgungsbeiträgen von 30 Fr. pro Fahrzeug, die ihr die Autoimporteure abliefern. Heute fallen in der Schweiz jährlich rund 55000 t nichtmetallische Shredderabfälle (Resh) an der überwiegende Teil stammt von ausrangierten Autos.
Reichlich früh gefreut, heisst es nun aus dem Lager der Gegnerschaft, die sich um den Verkehrsclub Schweiz (VCS) gruppiert hat. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Bau dieser Anlage»», sagt VCS-Sprecher Rolf Albisser. Er kritisiert aber die Bedingungen, die sich die Stiftung für die Realisierung der Anlage ausbedungen hat. Aus Angst vor zu geringer Auslastung und günstigerer Konkurrenz im grenznahen Ausland verlangt die SARS nämlich flankierende Massnahmen, die ein zwölfjähriges Monopol auf sämtliche in der Schweiz anfallenden Resh-Abfälle garantieren. Nur so lasse sich die enorme Investition amortisieren, begründet SARS-Geschäftsführer Daniel Christen.
Keine Vorteile in Sicht
Eine solche Marktregulierung durch den Staat könne weder für die Umwelt, noch für die Investoren, noch für die Autoimporteure von Vorteil sein, ist man beim VCS überzeugt. «Die Schweiz schottet sich einmal mehr vom internationalen Wettbewerb ab und verliert bei der Entwicklung neuer Techniken in der Abfallverwertung den Anschluss an Europa», argumentiert Rolf Albisser. Ein anderer Kritiker aus der Abfallbranche sagt: «Es kann doch nicht angehen, dass der Staat einer privaten Unternehmung eine Monopolstellung im Markt gesetzlich garantiert.»
Die Bundesbehörden sind dennoch auf die Forderungen der SARS eingetreten. Das von Bundesrat Moritz Leuenberger geführte Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) hat eine entsprechende Anpassung der Technischen Verordnung über Abfälle (TVA) in die Anhörung geschickt. Zuständig innerhalb des Uvek ist das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal). Der Entscheid über den Inhalt einer Änderung der TVA liegt letztlich beim Bundesrat. Bei der Auswertung der laufenden Anhörung werde auch die Stellungnahme der Gegnerschaft um den VCS berücksichtigt, verspricht Hans-Peter Fahrni, der beim Buwal der Abteilung Abfall vorsteht.
Preise werden steigen
Die Würfel sind also noch nicht gefallen, und im Gefolge des VCS formiert sich immer grösserer Widerstand gegen die vorgesehenen Anpassungen der TVA. Die Monopolstellung der vom österreichischen Unternehmen Voest-Alpine konzeptierten Anlage in Monthey werde auch das Preisniveau erheblich erhöhen, sind sich die Kritiker einig. Ein Manager bei einer internationalen Recyclingfirma rechnet mit 350 Fr. pro t Resh-Abfälle. Zum Vergleich: Heute kostet die Entsorgung in den Verbrennungsanlagen rund 250 Fr. Noch viel günstiger, nämlich für 100 Euro pro t, will man die Entsorgung künftig in Deutschland regeln.
Derart ungesunde Preiserhöhungen, vom Staat durch Marktregulierungen selbst verursacht, stellte kürzlich der neue Preisüberwacher Rudolf Strahm öffentlich an den Pranger. Die Schweizer Wirtschaft sei verrechtlicht und biete cleveren Anbietern immer wieder Gelegenheit, überrissene Preise zu verlangen. Diesem Vorwurf will das Uvek entgegentreten und nimmt Strahm gleich selbst in die Pflicht. Die geplante Entsorgungsanlage in Monthey soll für die Dauer ihrer marktbeherrschenden Stellung dem Preisüberwachungsgesetz unterstellt werden.
Ob die neue Shredder-Verwertungsanlage in Monthey allerdings wirklich gebaut werden kann, ist weniger sicher, als dies von der SARS noch vor kurzem angenommen wurde. Denn der Bundesrat und die Berner Behörden lassen sich bei der Entscheidung viel Zeit. «Termine für die nächsten Schritte sind noch nicht festgelegt», sagt Hans-Peter Fahrni. SARS-Geschäftsführer Christen rechnet mit einer Entscheidung per Anfang 2005. Er ist zuversichtlich, dass der Bundesrat auf die Forderungen der Stiftung eintritt. Für ihn ist klar: «Falls er das doch nicht tut, werden wir das Werk in Monthey nicht realisieren.» Dann sei das Buwal gefordert eine Lösung für das Resh-Problem zu finden.