Er hat sie alle um den Finger gewickelt. Mit seiner Idee, dem festgefahrenen Immobilienmarkt mit Apps Aufwind zu geben, ihn zu «revolutionieren», ihn zu «disruptieren». Adam Neumann hat nie mit Superlativen gespart und beherrschte die Disziplin der Übertreibung wie wenige sonst in der sowieso schon grossspurigen Tech-Szene der USA

Mit seiner Klappe, seinem Elan und prominenten Supportern wie Hollywood-Star Ashton Kutcher hat Neumann es geschafft, auch bei einem der reichsten Japaner – Softbank-Gründer Masayoshi Son – Milliarden zu holen. Neumann und Son blähten WeWork auf bis zu einer Rekordbewertung von 47 Milliarden Dollar. Trotz Milliardenverlusten und halbleeren Büroräumlichkeiten in Grossstädten wie Paris, London oder New York. Und Neumann verlor nicht nur die Bodenhaftung, indem er sogar noch Wohnungen ins Portfolio aufnehmen wollte, sondern auch die Investoren. WeWork wackelte als eines der grössten Einhörner aller Zeiten allen davon. 

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SoftBank Group Corp. founder, Chairman and CEO Masayoshi Son announces his group's earnings results briefing on May 9, 2019 Tokyo, Japan, for the fiscal year ended March 31, 2019. (Photo by Alessandro Di Ciommo/NurPhoto via Getty Images)

Musste den abgehobenen WeWork-Gründer auf die Seite schaffen: Softbank-Gründer und Chef Masayoshi Son.

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So rasch ging es selten bergab mit einem Unternehmen

Doch dazu brauchte es Fremdkapital, viel Fremdkapital – einen Schuldenberg. Nachdem der Börsengang im Sommer scheiterte, weil der Markt den Bluff zu durchschauen begann, wurden die Geldnöte mehr und mehr sichtbar. Kurz vor dem totalen Aus hat der grösste Investor – Sons Softbank – das Unternehmen nun für 10 Milliarden Dollar übernommen

Schon zuvor konnte WeWork nicht mehr länger zu CEO Neumann halten – nachdem die Flugcrew eines Privatjets, mit er nach Israel geflogen war, auch noch jede Menge Marihuana gefunden hatte.

Neumann hatte längst begonnen, sich wie ein Rockstar statt wie ein üblicher CEO zu benehmen. Das passte im Ansatz zur Tech-Szene – wer will sich schon mit Zahlenklauberei und Krawatten anbiedern? – doch Neumann überspannte den Bogen. Er nahm die Milliardenverhandlungen mit den Investoren um seine Firma WeWork kaum ernst und zeigte sich öfter in Startup-Panels und TV-Shows.

Immerhin ist WeWork in New York und nicht im Silicon Valley ansässig – womit Neumann den Ruf der entscheidenden Startup-Szene an der Westküste etwas weniger ramponieren konnte. Deren Vertreter distanzieren sich nun scharenweise vom Treiben bei WeWork

Party machen und dabei reich werden

Dabei hätte den Investoren, allen voran Softbank, von Anfang an klar sein müssen, mit wem sie es zu tun haben: Die Party-Vergangenheit von Adam Neumann war bestens dokumentiert. Als er das erste Mal nach New York kam, sei er jede Nacht in Clubs abgehangen und «hätte jede Frau der Stadt angemacht», berichtet Business Insider. Dazu hatte der gebürtige Israeli ein Ziel: Reich zu werden. 

Dieses Ziel hat Neumann nun definitiv erreicht. Softbank übernimmt den Scherbenhaufen WeWork für Milliarden. Aber ohne Gründer Adam Neumann, der endgültig zur Mega-Hypothek für das Unternehmen geworden war. Für seinen Abgang bietet ihm der japanische Investor eine Abgangspaket von unglaublichen 1,7 Milliarden Dollar. Um den Japanern seine Firma und seine Aktien zu überlassen. Das ist wohl einer der goldigsten Fallschirme der jüngsten Wirtschaftsgeschichte. 

WeWork

WeWork-Büro in Brooklyn, New York. 

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Die Japaner wollten den Gesichtsverlust vermeiden

Dass Manager, die versagen, trotzdem Millionen erhalten, ist nichts Neues. Doch Adam Neumann hat dieses Ärgernis auf ein neues Niveau gehoben: Noch nie hat sich Versagen so gut angefühlt. Die Entschädigung umfasst nicht nur rund eine Milliarde Dollar Aktien, sondern Softbank hilft Neumann auch, einen Kredit von 500 Millionen Dollar bei JPMorgan abzustottern. Der Gipfel des Deals ist aber: Die Japaner zahlen dem gestürzten Startup-Liebling ein «Beratungshonorar» von 185 Millionen Dollar aus.

Die Finanzwelt reibt sich die Augen. Ein 40-Jähriger, der mit Milliarden davonläuft, während sein Unternehmen bachab geht. 

Der Deal zeigt, wie viel es Softbank wert war, Adam Neumann wegzuschaffen. Jenen Mann, vor einigen Monaten in einem Interview mit CNBC noch schwärmte, wie er und Softbank-Gründer Masayoshi Son sich «intensiv austauschen und immer besser kennenlernen.» Son hatte sich vom jungen Gründer verführen lassen – und 13 Milliarden Dollar in eine Firma gebuttert, die nun noch knapp acht Milliarden Dollar Wert hat.

Die Japaner wollten das Gesicht nicht verlieren

Der Gewinner ist Adam Neumann, der Verlierer Softbank. Der Gründer konnte bei dem japanischen Investor vor traben und seine Forderungen stellen. «Er sagte im Grunde genommen: 'Das ist es, was ich brauche, um zu gehen', und sie finden verschiedene Wege, diese Zahlung zu kategorisieren», sagte Nell Minow, stellvertretender Vorsitzender von ValueEdge Advisors, einem Beratungsunternehmen für Corporate Governance, gegenüber dem Onlineportal Recode. 

Und Masayoshi Son zahlte. Weil Japaner nie ihr Gesicht verlieren wollen. Dieses weitere Engagement kann sich aber als Rohrkrepierer herausstellen. Investoren von Softbank sind erschüttert darüber, dass der japanische Konzern so viel Geld in so einen Schlamassel steckt. 

Dass Neumann hingegen mit so viel Geld in der Tasche gehen konnte, ist aber auch auf die Struktur bei WeWork zurückzuführen. Wie bei vielen anderen Einhörner hat Neumann mehr Stimmberechtigung als Aktien. Seine Aktien waren 20 Mal so mächtig wie die anderen. Softbank hatte ihm diesen Einfluss lange gelassen. Und muss für dieses naive Vorgehen nun tief in die Tasche greifen.

Neumann erhält für jeden entlassenen Mitarbeiter 850'000 Dollar

Adam Neumann ist aber nicht nur zur Hassfigur der Japaner geworden, sondern auch der Mitarbeiter von WeWork. 2000 von ihnen werden entlassen. Umgerechnet erhält Neumann für jeden Mitarbeiter, der gehen muss, 850'000 Dollar. Während Neumann abkassiert, sitzen die Mitarbeiter auf Aktien, die noch knapp 20 Dollar wert haben. Inzwischen hört man, es sei nicht ausgeschlossen, dass die entlassenen WeWork-Mitarbeiter klagen.