Ob am Steuer seines Lotus, auf dem Rücken seiner Ducati oder im Büro seiner
Zürcher IT-Firma Adnovum: Unternehmer und CEO Stefan Arn (42) drückt gern
aufs Gaspedal. Genauso schnell und gern redet und denkt er als hätte er einen
Turbolader gefressen.
Doch der diplomierte ETH-Informatiker kann auch zuhören. Sehr gut sogar,
denn der Job eines IT-Dienstleisters ist es nun mal, sich Kundenprobleme
anzuhören und Lösungen zu präsentieren. Darin sind Arn und seine Adnovum
ziemlich gut. Selbst im rabenschwarzen Krisenjahr 2003 setzt das
Unternehmen mit Sitz im Zürcher Kreis 5 seinen Wachstumskurs fort und baut
seine Belegschaft kontinuierlich auf nunmehr 106 Personen aus. Der Umsatz
bewegt sich in der Grössenordnung um die 25 Mio Fr.
Angefangen hat Adnovum ganz klein: 1988 mit sechs ETH-Studenten, die an
Abenden und an Wochenenden Software entwickelten. Ein langsames,
kontinuierliches Wachstum prägte das Unternehmen für lange Zeit, bis der
New-Economy-Wirbel auch Adnovum ergriff und das Wachstum auf Touren
brachte.
Der Verzicht auf die Börse zahlt sich aus
Den Versuchungen der Börse konnte Arn aber immer widerstehen. Im
Nachhinein hat sich der Verzicht ausbezahlt: Arn hat nach dem kürzlichen
Ausscheiden seines langjährigen Geschäftspartners Mathias Löpfe dessen
50%-Anteil übernommen und ist nun Alleininhaber des Unternehmens. Doch
das nur für kurze Zeit: Der Anteil soll von einer Gruppe von Angestellten
übernommen werden.
Das Unternehmen ist als Software-Engineering-Unternehmen in einem immer
härter umkämpften Markt tätig. Es verdient sein Geld mit Informatiklösungen,
die individuell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Solche Lösungen
sind naturgemäss sehr teuer und werden bei Adnovum vor allem von Banken
nachgefragt. Der grösste und wichtigste Kunde ist die UBS, für die Adnovum
IT-Projekte an der Schnittstelle zwischen Mainframesystemen und peripheren
Applikationen abwickelt. Das kann eine spezielle Call-Center-Webapplikation
sein, ein CRM-System oder eine E-Banking-Lösung.
Zu den weiteren Kunden zählen die Postfinance, zahlreiche Privatbanken sowie
die Swisscom. Ein weiteres Standbein unterhält Adnovum mit Systemen für
den Gebäudeunterhalt. Ein lukratives Nebengeschäft betreibt Arn ferner mit der
Betreuung so genannter Family Offices: Das sind höchst individuelle und
höchst luxuriöse IT-Lösungen für sehr vermögende Privatkunden.
Für Schnelldenker Arn ist die Konzentration aufs Wesentliche ein wichtiges
Credo: «Um bei echten Problemstellungen behilflich zu sein, muss man den
Kunden und dessen Geschäft sehr gut verstehen.» Doch sein Businessmodell
habe auch einen Haken, gibt er freimütig zu. Denn wenn man viel für wenige
Kunden mache, bedeute dies automatisch eine Zunahme der gegenseitigen
Abhängigkeit was in letzter Konsequenz zu einer Lose-lose-Situation führe.
Dies laufe, je nach Perspektive, auf Preistreiberei oder -drückerei hinaus.
Derzeit ist Preisdrückerei gross in Mode. Auch die Honorare der Adnovum-
Ingenieure sind in den letzten Monaten stark unter Druck geraten.
Stundenansätze von über 200 Fr. werden nicht mehr bezahlt. Die untere
Grenze liege derzeit bei 140 Fr. «Das ist mittlerweile weniger als ein
Waschmaschinenmonteur, was auf das Gemüt eines Software-Entwicklers mit
ETH-Diplom schlägt.» Doch die tiefen Ansätze seien immer zu sehen in
Zusammenhang mit einem grossen Auftragsprojekt, für das ein sechs- bis
siebenstelliger Betrag verrechnet werde, relativiert Arn.
Der Preiskampf zwingt zuharter Arbeit
Trotzdem: Der Preiskampf drückt den durchschnittlichen Umsatz pro
Mitarbeiter. Laut Arn sank er auf ein Niveau zwischen 200000 und 250000 Fr.,
was im Vergleich zu anderen Dienstleistern aber noch immer ein gutes
Ergebnis sei.
Die angespannte Lage auf dem Markt zwinge die Mitarbeiter jedoch zu einem
überdurchschnittlichen Einsatz. Die aktuelle Auslastung liege zwischen 115
und 117%. Er selber arbeitet zwischen 80 und 90 Stunden in der Woche.
Am Geld kann es nicht liegen, dass er zu dieser Schufterei motiviert ist. Sonst
hätte er das Unternehmen während des Dotcom-Hypes an die Börse gebracht.
«Der Reiz liegt in der Arbeit selber, die nie langweilig wird, und natürlich in der
Firma, in der ich ein anregendes intellektuelles Umfeld finde. Hier arbeite ich
mit Menschen zusammen, die ich seit Jahren kenne und schätze. Zwei Drittel
der Beschäftigten sind Hochschul-Ingenieure, die überall arbeiten könnten»,
behauptet Arn. Doch die meisten blieben. Sie hielten dem Unternehmen auch
dann die Treue, als Arn als Reaktion auf die Wirtschaftsflaute die Gehälter je
nach Lohnstufe bis zu 20% kürzte und die Boni strich.
Weshalb die Firma trotzdem eine «praktisch nicht existente» Fluktuationsrate
aufweist, ist auch Arn nicht vollständig klar. Irgendwas hält das Unternehmen
zusammen. Vielleicht hat es mit Arn, mit seiner Exzentrik, seinen schnellen
Autos, seinem scharfen Intellekt zu tun. Vielleicht ist es der Hauch von
Arroganz, die sich beispielsweise in der Eigenwerbung äussert, die für ein
Softwareunternehmen reichlich überheblich bis penetrant daherkommt. Oder
vielleicht sind es einfach die Fringe-Benefits wie den hauseigenen Spitzenkoch,
der die Belegschaft täglich mit einem Mehrgänger verwöhnt.
Der Spitzenkoch mache durchaus Sinn, sagt der Unternehmer. Arn ist dabei
allerdings weniger um leibliche Wohl besorgt als um Geschäftsgeheimnisse.
Früher gab es Grüppchen, die sich in den umliegenden Kneipen über Mittag
nicht nur das vergangene Wochenende, sondern auch Geschäftliches
diskutierten. Da seine Firma für Banken arbeitet, sei dies aber heikel. Wenn
man also die Angestellten nicht nach draussen lassen will, so muss man ihnen
im Haus möglichst viel bieten.
Firmen-Profil
Firma: Adnovum, Röntgenstrasse 22, Zürich
Gründung: 1988
Besitzer und Geschäftsführer: Stefan Arn
Umsatz: 25 Mio Fr.
Beschäftigte: 106
Tätigkeitsgebiete: Massgeschneiderte Softwarelösungen für Finanzdienstleister
und Telekomanbieter.
Kunden: UBS, Postfinance, Payserv, Swisscom, Bank Wegelin