Adrian Pfenniger tritt kein schwieriges Erbe an. Auch muss er sich kaum - wie andere Söhne starker Väter - aus dem Schatten seines Vorgängers herausarbeiten. Die Firmenphilosophie hat der Vertreter der vierten Generation von Bürstenmachern offenbar mit der Muttermilch eingesogen: «Ich durfte in eine Kultur hineinwachsen», sagt er.
Diese allerdings ist ziemlich ungewöhnlich. Und in den sechziger Jahren quasi aus der Not entstanden: Der 25-jährige Ernst Pfenniger sieht sich nach einer Erkrankung seines Vaters plötzlich mit der Firmenleitung konfrontiert. Und mit einer maroden Firma. Dabei wäre er lieber nach Australien ausgewandert. Sein Anklopfen bei den Konkurrenzfirmen Walter und Ebnat verläuft enttäuschend.
In seiner Ratlosigkeit befragt Pfenniger seine Mitarbeiter und initiiert damit ein Partizipationssystem, das landesweit Kopfschütteln auslöst. Den «Kommunisten» und «Sozialromantikern» wird keine Überlebenschance eingeräumt. «Damals fanden sich glücklicherweise Banken, die einer Firma in dieser Situation Kredit gaben ich bezweifle, dass das heute noch möglich wäre», kommentiert Adrian Pfenniger.
Nicht, dass ihn das heute kümmern müsste: Die Firma hat in den letzten fünf Jahren 93 Mio Fr. in Produktionshallen und Technologie investiert, dieses Jahr folgen weitere 30 Mio Fr. Auch wenn das Familienunternehmen sich nicht in die Bücher schauen lässt, zeigen die publizierten Kennzahlen: Das Modell funktioniert. Man produziert täglich 800000 Zahnbürsten und exportiert sie in 70 Länder. In den letzten zehn Jahren ist der Umsatz von 63 auf 162 Mio Fr. gestiegen, 385 neue Arbeitsplätze wurden geschaffen. Die Konkurrenten Ebnat und Walter, die dem jungen Unternehmer damals die kalte Schulter zeigten, gehören übrigens heute zur Trisa-Gruppe.
Mitarbeiter-Mitentscheider
Bei Trisa ist jeder Mitarbeiter Aktionär und hat an der Generalversammlung ein Stimmrecht. Ein Drittel der Aktien befindet sich in den Händen der Mitarbeiter, die Hälfte der Verwaltungsratsmitglieder wird aus der Belegschaft gestellt. Vater Pfenniger musste sein Vetorecht als VR-Präsident in seiner dreissigjährigen Wirkungszeit nie benutzen.
Sohn Adrian erklärt die ungewöhnliche Harmonie mit der sehr guten Diskussionskultur im Haus. Auch möglich, dass nur eingefleischte «Trisaner» Wahlchancen haben. An nennenswerten Inputs von Belegschaftsseite zählt Adrian Pfenniger auf: Die Verhinderung eines Gebäudeverkaufs in den 80er Jahren und die jährliche Abgabe mehrerer Hunderttausend Zahnbürsten an Kinder in Drittweltländern.
Letzteres widerlegt die Bemerkung eines Gewerkschafters, auch von der Trisa bekomme man nichts geschenkt. Zwar stehe die Firma im Lohnvergleich besser da als andere, aber von einem Lohn von 3300 Fr. für eine Vollzeittätigkeit, das sind mit mit Boni und Schichtzulagen 3600 Fr., könne niemand leben. Gehe es hart auf hart, müsse mit der Geschäftsleitung genauso beharrlich verhandelt werden wie anderswo.
Auf Innovation ausgerichtet
«Wir sind keine geschützte Industrie», stellt Adrian Pfenniger klar. Trisa-Zahnbürsten müssten sich weltweit in den Verkaufsregalen gegen Produkte von Billiganbietern durchsetzen. «Wir müssen uns immer wieder fragen, wo unsere Spezialitäten liegen.» Zu diesem Zweck wurde ein systematisches Innovationsmanagement eingerichtet und durch eine entsprechende Infrastruktur in der ganzen Firma verankert.
Heute generiert Trisa mehr als 25% des Umsatzes durch neue Produkte. 20% der Mitarbeitenden arbeiten in der Entwicklung darauf sei man stolz: «Das ist ein hoher Anteil für ein KMU.» Um Produktion und Technik kümmert sich der drei Jahre jüngere Philipp Pfenniger, der eine Ingenieurlaufbahn einschlug. Gemeinsam habe man die Technologie forciert und die Exporte ins Ausland intensiviert.
Arbeit muss Sinn machen
Daraus, dass er praktizierender Christ ist, macht Pfenniger wie bereits sein Vater kein Geheimnis. Der Glaube sei zwar grundsätzlich Privatsache, schlage sich in der Firmenphilosophie aber durchaus nieder: Man bekennt sich zur sinnstiftenden Funktion der Arbeit. «Solidarisch vorwärts» sei der richtige Weg, ein Unternehmen trage schliesslich Verantwortung. Auch deshalb will man möglichst lange am Standort Schweiz festhalten, will man hier vielen Menschen Einkommensgrundlage und Lebenssinn bieten.
Ungewöhnlich, für diese Firma aber durchaus konsequent, ist das Bekenntnis zur Liebe, Punkt 5 im Unternehmensleitbild: «Trisa soll man lieben.» So etwas müsse gelebt werden, sagt Pfenniger, der im Übrigen davon überzeugt ist, dass es nur ein nachhaltiges Führungsprinzip gibt: «Führen durch Vorbild. Ich tue, was ich sage.»
Aufgabe des Managements sei, ein Klima des Vertrauens zu schaffen. Die Schlüsselwörter dabei seien: Menschlichkeit und Fairness, Belastbarkeit und Zuverlässigkeit, Fachkompetenz. Auf die Frage, womit man ihn ärgern könne, denkt Pfenniger länger nach. «Falschheit und Intrigen», sagt er endlich, ertrage er nicht und reagiere darauf entschieden.
Trisa, ein sozialer Betrieb, dessen Geschäftsleitung sich exponiert mit klaren Bekenntnissen für ein christliches Weltbild, für ein soziales Engagement, für den Standort Schweiz und gegen egoistische Abzockerei, gehört als Unternehmen eigentlich auf die Liste der aussterbenden Spezies. Abgesehen davon, dass dieses Exemplar sich ausserordentlicher Vitalität erfreut.
Zur Person
Adrian Pfenniger (40) folgte einer alten Familientradition und absolvierte ab seinem 14. Lebensjahr seine Schulen in der Westschweiz. Nach dem Lizenziat als Betriebsökonom an der Universität Lausanne arbeitete er zwei Jahre lang in Argentinien und Amerika. Seine Laufbahn bei Trisa begann 1989 als Exportmanager, seit 1995 ist er Mitglied der Geschäftsleitung, seit 2005 CEO. Adrian Pfenniger reist gerne in ferne Länder. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder.
Adrian Pfennigers Führungsprinzipien
1. Es gibt nur ein nachhaltiges Führungsprinzip: Führen durch Vorbild.
2. Offene und ehrliche Information bedeutet Motivation.
3. Ein Klima des Vertrauens und Begeisterung für die Aufgabe werden durch Leadership vorgelebt.
4. Strategie und Ziele werden gemeinsam erarbeitet, für die Umsetzung braucht es Freiräume.