Eine hippe Wohnung im Stadtzentrum statt eines anonymen Hotelzimmers: Viele Reisende schätzen diese persönlichere Art der Unterkunft. Und darauf gründet der Erfolg von Airbnb. «Willkommen zu Hause», so lautet der Werbeslogan des Vermittlers von Privatunterkünften, der persönlichen Anschluss und individuelle Unterkunft verspricht.
Doch erfüllt sich dies noch, wenn Anbieter die Webseite okkupieren, die gewerblich Wohnungen anbieten? Wenn nicht eine, sondern Dutzende Offerten gleichzeitig bestehen, wenn Immobilienvermittler selbst Anzeigen schalten?
Sechs offenbare gewerbliche Inserate innert Minuten
Airbnb wächst in der Schweiz, die meisten Angebote gibt es in Zürich. Gut 1500 sind es derzeit, 85 Prozent der Inserenten haben laut Airbnb ein einzelnes Angebot online. Es braucht wenige Minuten, um zwischen den zahlreichen privaten Anbietern auf mindestens sechs Inserate zu stossen, die nach professionellem Anbieter aussehen. «Hallo, ich bin Visionappartements» lautet die Begrüssung eines «Gastgebers». Das Profilbild ist das Firmenlogo, zur Miete werden 31 Appartements angeboten. In der Beschreibung des Angebots bezeichnet sich der Inserent eindeutig als Vermieter von Buiness-Appartements.
Ähnlich «Karina», die ebenfalls ein Firmenlogo als Profilbild zeigt. Der Nutzer hat die Wahl zwischen stolzen 44 Wohnungen. Auf Nachfrage bestätigt das Unternehmen «Hitrental», dass es sich um ein gewerbliches Angebot handelt, da die Firma auf die Vermietung von Geschäftswohnungen spezialisiert ist. Dazu kommen in Zürich und – seltener – in Genf und Basel Profile von Privatanbietern, die ein Dutzend Appartements gleichzeitig inserieren.
Wohnraum zweckentfremdet
Der Verdacht, der bei solchen Angeboten besteht: Dass Anbieter Wohnraum über Airbnb und Konkurrenzangebote wie Wimdu zweckentfremden und über die permante Untervermietung an Reisende und Kurzeitmieter üppig Gewinn machen. Verboten ist die Art solcher Inserate nicht generell. Die dauerhafte Untervermietung von Wohnraum ist in der Schweiz zwar nicht gestattet. Doch die Gesetzesparagraphen sind völlig schwammig und legen keinen maximal zulässigen Zeitraum fest. Airbnb hält in seinen Geschäftsbedingungen lediglich fest, nicht für den Inhalt der Angebote einzustehen.
Visionappartements bestätigt denn auch frei heraus, dass es sich bei seinen Anzeigen um ein gewerbliches Angebot handelt. «Airbnb ist eine interessante Plattform, die wir dezent mit einsetzen», sagt Sprecher Alain Gozzer. Airbnb habe sich seit den Anfängen weiterentwickelt zu einem wichtigen Anbieter für viele Formen des Wohnens auf Zeit. Das passt nicht allen. Seit letzter Woche untersucht der Bundesrat die Zimmervermittlung über Airbnb, Wimdu und Co. Im Herbst wird der Bericht erwartet, wie die «Schweiz am Sonntag» berichtet.
«Wegen uns steigen nicht die Mieten»
Die Regulierung durch den Staat kann auch vor dem Hintergrund steigender Wohnungpreise wichtig sein. Ein Vorwurf lautet: Werden Wohnungen durch Untervermietung geblockt, treibt das auf Dauer die Preise für normale Mieter. Airbnb-Europachef Christopher Cederskog hat dem im Gespräch mit der «Handelszeitung» kürzlich widersprochen: «Wegen uns steigen nicht die Mieten. Derweil schätzen Airbnb-Vermieter die zusätzlichen Einnahmen, um die steigenden Lebenshaltungskosten finanzieren zu können.»
Den Zusammenhang, der in der Schweiz noch lückenhaft nachgewiesen ist, haben die Macher der Webseite «Airbnbvsberlin» für die Mieten in der deutschen Hauptstadt durchgerechnet. Jeder zehnte Inserent bietet demnach mehr als eine Schlafgelegenheit an. In der Spitze sind es ähnlich wie in Zürich Dutzende Wohnungen pro Anbieter. Dabei gilt in Berlin seit 2014 das Zweckentfremdungsgesetz - doch kann es den Wildwuchs bei Untervermietungen offenbar ebensowenig stoppen wie die bisherigen Regeln in der Schweiz.
Bis zur Publikation des Artikels nahm Airbnb keine Stellung zu den geschilderten Tatsachen.