Am Montag beginnt in Paris die traditionelle Luftfahrtmesse offiziell. Besucher sollten in diesem Jahr über das seit jeher sinnvolle Fernglas zum Verfolgen der Flugvorführungen ein wichtiges Utensil nicht vergessen: den Taschenrechner.
Die beiden Branchengrössen Airbus Group SE und Boeing Co. werben in Paris mit einer Effizienzoffensive und wollen mit nochmals sparsameren Flugzeugen um die begehrten Aufträge für ihre neuen Modelljahrgänge buhlen.
Dabei haben die Erzrivalen gleich zu Beginn der Pariser Luftfahrtschau Milliardenaufträge an Land gezogen. Die Leasinggesellschaft GE Capital Aviation Services (Gecas) bestellte am Montag bei Airbus 60 Kurz- und Mittelstrecken-Maschinen A320 neo. Das Volumen der Order beläuft sich nach Listenpreis von 6,4 Milliarden Dollar. Zudem bekundete indonesische Fluggesellschaft Garuda Indonesia die Absicht, 30 Langstreckenflieger A350 XWB zu kaufen - laut Liste für neun Milliarden Dollar. Mit Boeing schloss Garuda bereits einen Vorvertrag zum Kauf von bis zu 30 787-9 Dreamlinern sowie 30 Flugzeugen vom Typ 737 MAX 8 unterzeichnet. Nach Listenpreis liegt das Volumen bei 10,9 Milliarden Dollar.
Der Regionalflugzeughersteller ATR, ein Gemeinschaftsunternehmen von Airbus und der italienischen Finmeccanica, sicherte sich zudem 46 feste Bestellungen und 35 Optionen im Gesamtvolumen von rund zwei Milliarden Dollar.
Keine grossen Premieren
Ganz grosse Premieren wie in den vergangenen Jahren die Boeing B787 oder der Airbus A350 wird es in dieses Jahr nicht geben. Einziges wirklich neues Flugzeug ist die CSeries des kanadischen Herstellers Bombardier Inc., ein zweistrahliger Mittel- und Kurzstreckenjet.
Die grossen Hersteller werden den Blick des Fachpublikums daher auf kleineren Verbesserungen im Detail lenken wollen. Hier wurden ein paar Kilo Gewicht mit einer neuen Bordküche eingespart, dort ist die Flugzeugtoilette noch ein paar Zentimeter geschrumpft worden, oder - ein ganz heisser Trend - es werden noch mehr Sitze in vorhandene Flugzeugrümpfe gepresst. Auch werden Modelle mit Zusatztanks gezeigt, die es auf längere Reichweiten bringen.
«Die Neuheiten bei Produkten und Modellen sind in der Regel bereits bekannt», sagte Analyst Howard Rubel von der Jefferies Group LLC in New York. Es gehe dabei vor allem um technische Lösungen, mit denen die Gesellschaften das derzeitige Passagierwachstum besser bewältigen können. Trotzdem erwarten Branchenbeobachter, dass beim Wert der Neubestellungen die Luftfahrtmesse in Farnborough von 120 Milliarden Dollar im letzten Jahr kaum zu schlagen sein wird. Beide Messen wechseln sich im Jahresrhytmus ab.
«Wir können nicht jedes Jahr Neuentwicklungen vorstellen»
«Wir können nicht jedes Jahr Neuentwicklungen vorstellen, denn das ist extrem kostspielig, extrem riskant und braucht extrem lange Zeit», entschuldigte sich Airbus-Chef Fabrice Bregier geradezu im Gespräch mit Bloomberg wegen der Abwesenheit entscheidender Neuerungen. Strategisch, sagte er, wolle Airbus Innovationen künftig schneller an den Markt bringen. Es gehe dabei nicht um komplett neue Programme, sondern um grosse Weiterentwicklungen.
Bei der Messe im Heimatland muss Airbus auch um das Vertrauen seiner Kunden für den Militär-Airbus A400M buhlen. Eines der Exemplare war im März auf einem Testflug in Südspanien abgestürzt, wobei es Todesopfer gab. In Paris wird die Maschine eine Flugvorführung absolvieren. Die Hoffnung auf eine Überraschung und den ersten öffentliche Auftritt des A320neo mit den neuen Pratt & Whitney-Triebwerken ist hingegen wegen eines unerwarteten technischen Problems in der jüngsten Erprobungsstaffel in Toulouse mittlerweile geplatzt.
Qatar zeigt Querschnitt durch gesamte Flotte
Die Fluggesellschaft Qatar Airways Ltd. will einen Querschnitt durch ihre gesamte Flotte ausstellen und bringt sämtliche von ihr betriebenen fünf Flugzeugmodelle nach Paris - von der A350 über den doppelstöckigen Riesenairbus A380 bis zu den kleineren Airbus-Modellen und zwei Boeing-Jets.
Ökonomischeres Fliegen wird am einfachsten durch mehr Passagiere pro Flugzeug erreicht, denn die Kosten werden in der Branche pro Passagier ermittelt. Bei Airbus ist diese Botschaft angekommen, und vorgestellt wird eine Lösung, mit der in die kleine A320 zweieinhalb mehr Sitzreihen passen. Das Flugzeug kann so ausgerüstet bis zu 195 Passagiere fassen. Verbreitert werden mussten zu diesem Zweck unter anderem die Notrutschen.
Ryanair-Ceo als grosser Fan von Zusatzsitzen
Bei Boeing wurde im Heck des zweistrahligen Langstreckenjets B777-300ER sogar Platz für insgesamt 14 zusätzliche Sitze gefunden. Das meiste davon sei mit kleineren Bordtoiletten und einer Sitzanordnung nach dem Vorbild der neueren B787 erreicht worden, wie die Leiterin des 777- Programms, Elizabeth Lund, sagte.
Als grosser Fan von Zusatzsitzen outete sich im Vorfeld des Luftfahrtsalons der Ryanair Group Plc-CEO Michael O’Leary, der seine 200 bestellten Boeing 737 MAX 8 jeweils mit acht zusätzlichen Plätzen ausrüsten lässt. Diese Zusatzkapazitäten würden über den Lebenszyklus der Flugzeuge nahezu deren Kosten einspielen. «Es geht dabei nicht um Kostensenkungen, sondern es handelt sich um einen entscheidenden Schritt bei den Kosten nach unten und beim Umsatz nach oben», sagte O’Leary.
(bloomberg/reuters/ccr)