Die Corona-Pandemie hat die Swiss im ersten Halbjahr in die roten Zahlen gerissen. Operativ flog die Lufthansa-Tochter einen Verlust von 266,4 Millionen Franken ein nach einem Gewinn von 245,3 Millionen im Vorjahressemester.
Der Umsatz stürzte um rund 55 Prozent auf 1,17 Milliarden Franken ab, wie die Swiss am Donnerstag in einem Communiqué bekannt gab. Schuld ist die Coronapandemie, wegen der zeitweise 95 Prozent der Flotte am Boden stand. In den ersten sechs Monaten flogen 64 Prozent weniger Passagiere mit der Swiss, die im Vorjahr noch 8,8 Millionen Reisende befördert hatte. Die durchschnittliche Auslastung der Maschinen sank auf 71,2 Prozent.
Der Buchungsstand betrage rund 20 Prozent eines normalen Jahres, hatte Swiss-Chef Thomas Klühr am Vortag in einem Interview gesagt. Im Gegensatz zum Lockdown führe die Swiss derzeit Flüge durch, sobald sie die variablen Kosten wie Treibstoff oder Gebühren verdienen würden. Derzeit verliere die Swiss weniger als 1 Million pro Tag. Auf dem Höhepunkt der Krise hatte der Swiss-Chef die Verluste auf 3 Millionen pro Tag beziffert.
Zwei Drittel der Flugzeuge wieder im Einsatz
Im Juni wurde der Minimalflugbetrieb sukzessive auf 15 bis 20 Prozent der ursprünglich geplanten Kapazität wieder hochgefahren. Bis zum Herbst sollen mit etwa einem Drittel der Kapazitäten rund 85 Prozent aller Destinationen wieder angeflogen werden, die vor der Corona-Krise bedient wurden. Seit Juli seien rund zwei Drittel der 91 Swiss-Flugzeuge wieder im Einsatz, schrieb die Swiss.
Es gebe die Chance, dass sich die Lage im Sommer 2021 wieder erhole, sagte Klühr. Die Erholung hänge von der Pandemie-Entwicklung in Europa und den USA ab.
Staatshilfe des Bundes noch nicht geflossen
Die Staatshilfe des Bundes sei noch nicht geflossen. «Wir warten auf die Freigabe durch den staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Deutschland. Ich hoffe, dass die in den nächsten Tagen kommt.» Bisher sei die Swiss durch ihren Mutterkonzern Lufthansa gestützt worden.
Der Bund hatte für die Swiss und ihre Schwestergesellschaft Edelweiss eine Garantie von 1,275 Milliarden Franken beschlossen. Damit können sich die beiden Airlines Kredite bei den Banken in Höhe von 1,5 Milliarden Franken besorgen.
Es gebe kaum eine Airline, die ohne Staatshilfe durch die Coronakrise komme, sagte Klühr: «Trotzdem tut es weh.» Die erste Kredittranche werde ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag sein, sagte Klühr: «Wir werden alles daran setzen, das Geld möglichst schnell zurückzuzahlen.» Der Zins liege bei über 3 Prozent.
«Kosten strukturell reduzieren»
«Dank der frühzeitig eingeleiteten Massnahmen zur Liquiditätssicherung konnten wir unsere Fixkosten deutlich senken», erklärte Finanzchef Markus Binkert. Mit den Darlehen der Lufthansa Group und dem in Aussicht gestellten, vom Bund garantierten Bankenkredit sei die Liquidität gesichert.
«Wir müssen aber weiterhin unsere Kosten strukturell reduzieren, um die Kredite baldmöglichst zurückzahlen zu können», erklärte Binkert. Zur Verbesserung der Kostenstruktur werde die Swiss in den kommenden Monaten weitere umfassende Sparmassnahmen ergreifen und unter anderem ihren Flotteneinsatz auf den Prüfstand stellen sowie sämtliche nicht betriebsnotwendigen Investitionen über alle Unternehmensbereiche hinweg aussetzen.
Konkret soll die Airline das Angebot Flugbegleitern in Ausbildung unterbreitet haben, schrieb das Portal «Inside Paradeplatz». Mehr hier.
Verlust von 1,7 Milliarden Euro bei Lufthansa
Die Muttergesellschaft Lufthansa hat das zweite, von der Corona-Krise besonders belastete Quartal wie erwartet sogar mit einem milliardenschweren Verlust abgeschlossen. Um Sonderfaktoren bereinigt sei trotz Kostensenkungen um fast 60 Prozent ein Betriebsverlust (Ebit) von 1,7 Milliarden Euro nach einem operativen Gewinn von 754 Millionen Euro im Vorjahr angefallen, teilte die Swiss-Mutter am Donnerstag mit. Der Nettoverlust belief sich auf 1,5 Milliarden Euro.
Bei nur noch vier Prozent der Fluggäste im Vergleich zum Vorjahreszeitraum brach der Umsatz um 80 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro ein. Von Lufthansa befragte Analysten hatten mit einem Betriebsverlust von fast zwei Milliarden Euro gerechnet.
«Zäsur des globalen Luftverkehrs»
«Wir erleben eine Zäsur des globalen Luftverkehrs», erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Er rechnet, wie auch der internationale Branchenverband IATA, mit der Rückkehr zum Vorkrisenniveau erst 2024 und damit ein Jahr später als zunächst angenommen. Wegen der Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie waren kaum Passagierflüge im zweiten Quartal möglich.
Erst ab Mitte Juni konnte mit der Aufhebung der Reisewarnungen innerhalb Europas das Angebot wieder ausgebaut werden. Auch das Frachtgeschäft stützte. Doch in den vergangenen Wochen verschlechterten sich mit neuen Corona-Ausbrüchen oder kaum sinkenden Neuinfektionszahlen in Reiseländern die Aussichten auf eine Erholung.
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(awp/reuters/gku)