Der Stimmrechtsberater Glass Lewis hat sich gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Börse ausgesprochen. Zur Begründung verwies er auf die geplatzte Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) sowie die Ermittlungen gegen Börsenchef Carsten Kengeter wegen des Verdachts des Insiderhandels. Die Deutsche Börse will am 17. Mai jeweils geschlossen über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Jahr 2016 abstimmen lassen.
Das «Handelsblatt» hatte zuerst über die Empfehlungen von Glass Lewis berichtet. Viele Fonds und Grossanleger aus den USA und Grossbritannien folgen bei ihren Abstimmungen auf Aktionärstreffen dem Rat von Stimmrechtsberatern. Die Deutsche Börse lehnte eine Stellungnahme ab.
Veto der EU-Kommission
Offiziell ist die milliardenschwere Fusion von Deutscher Börse und LSE Ende März am Veto der EU-Kommission gescheitert.
Inoffiziell gab es zwischen Deutscher Börse und LSE aber schon länger Streit, ob nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt immer noch London Sitz der Megabörse sein könne. Manche Grossinvestoren werfen Kengeter vor, die Fusion mit Blick auf den Brexit schlecht vorbereitet zu haben.
Kengeter im Visier der Justiz
Zudem werfen Ermittler Kengeter Insiderhandel vor. Der Vorstandschef hatte im Dezember 2015, gut zwei Monate vor dem Bekanntwerden der Fusionsgespräche mit der LSE, in grossem Stil Aktien von Deutschlands grösstem Börsenbetreiber gekauft. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft gab es zu diesem Zeitpunkt bereits Fusionsgespräche mit der LSE.
Kengeter hält die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft für haltlos und auch die Deutsche Börse hat sich hinter ihn gestellt. Nach offiziellem Bekunden erwarb Kengeter die Aktien im Rahmen eines Vergütungsprogramm, dessen Eckdaten der Aufsichtsrat festgelegt hatte. Angesichts der laufenden Ermittlungen könnten die Aktionäre nicht entscheiden, ob eine Entlastung Kengeters auf der Hauptversammlung in ihrem Interesse sei, argumentieren die Stimmrechtsberater von Glass Lewis.
Revolte bei der Credit Suisse
Glass Lewis revoltiert auch gegen das Credit-Suisse-Management. Der Stimmrechtsberater empfiehlt den Aktionären, auf der Generalversammlung am 28. April mehrere Anträge der Schweizer Grossbank abzulehnen. Dazu gehören der Vergütungsbericht, der Lohn des Verwaltungsrates und die Boni der Geschäftsleitung.
Angesichts der Verluste, die der Konzern in zwei aufeinanderfolgenden Jahren verbuchte, seien die Boni völlig unangemessen. Zudem sprach sich Glass Lewis gegen die Wahl von Iris Bohnet, Andreas Koopmann und Kaikhushru Nargolwala in den Verwaltungsrat aus.
(reuters/ise/chb)