Branchenexperten werten einen unscheinbaren Schriftzug im aktuellen Verkaufsprospekt von Aldi als Botschaft – als Schritt hin zur Wiedervereinigung der seit 55 Jahren getrennt operierenden Filialisten Aldi Nord und Aldi Süd. Auf dem Werbezettel nämlich prangt das Signet Aldi – garniert nur mit einem Ausrufezeichen. Es fehlt die sonst obligatorische gedruckte Grenzziehung – Nord für die Ladenkette aus dem Nachlass von Theo Albrecht (1922–2010); Süd für die Tausende Verkaufsläden nach Karl Albrecht (1920 –2014), zu denen auch mehr als 175 Filialen von Aldi Suisse mit zuletzt 1,8 Milliarden Franken Umsatz zählen.
Die Brüder aus dem deutschen Essen hatten sich schon 1961 unternehmerisch getrennt, blieben aber freundschaftlich verbunden. Topmanager beider Konzerne treffen sich regelmässig im sogenannten Aldi Unternehmensausschuss. Und da kam es unlängst zu einer ersten deutschlandweiten Verbrüderung – der Verabredung zur gemeinsamen Fernsehwerbung.
Zwist im Norden, Harmonie im Süden
Eine Wiedervereinigung könnte bittere Erbstreitigkeiten bei Aldi Nord beenden. Nach dem Tod der Patriarchen nämlich klappte der Übergang bei Aldi Süd zwar reibungslos: Der kinderlose Stammhalter und Namensträger Karl Albrecht jr. (69) sieht unter den sechs Kindern seiner Schwester Beate Heister (65) exzellente Talente, zum Beispiel den Erstgeborenen, den promovierten Betriebswirt Peter Max Heister (39).
Solche Harmonie demonstrierten (Schwieger-)Kinder und Enkel von Nord-Patron Theo Albrecht bislang nicht. Namensträger Theo jr. (66), Vater von Tochter Fabienne (14), trug zuletzt öffentlichen Zwist aus mit Schwägerin Babette Albrecht, der Witwe seines Bruders Berthold. Der war 2012 in Bad Ragaz SG gestorben. Sofort setzte Gerangel ein um den Einfluss zwischen der Seniorchefin Cilly Albrecht (89) und dem Erstgeborenen Theo auf der einen Seite sowie der streitbaren Babette, die für ihre fünf Kinder kämpft, auf der anderen Seite.
Babette dürfte allerdings einleuchten, dass die Milliarden-Erbschaft ihrer Sprösslinge unter einem gemeinsamen Aldi-Dach mit der zuletzt erfolgreicheren Südgruppe mit Aldi Suisse nachhaltiger prosperieren wird.
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