Schon bei der Siemens Schweiz hat der Mann einiges bewegt. Beim Bereich Schalttechnik hat er einen Turnaround durchgeführt und dann die Marke Siemens im Handy-Markt erfolgreich eingeführt. Erfolgreich hiess vor vier Jahren: Den Marktanteil massiv erhöhen. Und nebenbei hat er bei Mitarbeiterumfragen auch noch jeweils die besten Resultate erreicht.

Wie das? «Man muss seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vertrauen können. Sie an der ganz langen Leine laufen lassen.» Und bisher hätte diese Motivation seine Leute zu erstaunlichen Leistungen provoziert. Oft gibt er nicht strenge Ziele vor, sondern setzt auf komplette Eigeninitiative. Entsprechend sorgfältig sucht er sich seine Leute aus. Doch Bringolf sieht auch die Gefahren eines solchen Führungsstils: Er brauche länger, bis er Fehler der Kadermitarbeiter feststellen könne, räumt er ein.

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Aber bis jetzt ist seine Rechnung immer aufgegangen. Als Siemens Schweiz den PC-Bereich auslagerte, leitete er die Neugründung Fujitsu Siemens Computers Schweiz AG und hievte das Joint Venture von Platz 8 auf 4 der Schweizer PC-Szene.

Irgendwann muss er dann selber Gefallen an der langen Leine gefunden haben: Als sich Siemens auch vom Bereich Memory Products trennte, hat er eine Management-Buyout-Lösung organisiert und gleich auch noch eine wesentliche Beteiligung an der neuen Swissbit übernommen, finanziert mit seinem Privatvermögen.

Allen den Puls fühlen

Bei Siemens hat ihm eben trotz dem vielen Glück eines gefehlt: Die unternehmerische Freiheit. Kenner von «Alex» stellten schon lange fest, dass Bringolf darunter litt, viel Energie für interne Prozesse aufwenden zu müssen, wie das in Grosskonzernen unvermeidlich zu sein scheint. Bringolf formuliert es so: «Jetzt kann ich den Blick noch besser nach vorne richten. Ich kann mich auf die wesentlichen Partner, Kunden und Lieferanten konzentrieren.»

Es wäre allerdings fehlgeschlossen, wenn man ihm unterstellte, er könne es nicht mit den «gewöhnlichen» Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wenn Bringolf durch die Fabrikhallen läuft, begrüsst er alle beim Vornamen (und sie ihn ebenso), und er kennt auch ihre Sorgen und Freuden. Das Bild des alten Patrons drängt sich auf. Doch auch hier: Im Gegensatz zu den typischen Firmenherren lässt er die Leute im Gespräch ausreden und kann ihnen auch zuhören. Und das Gesagte auch speichern eine bei Chefs alles andere als selbstverständliche Eigenschaft. «Bei guter Gesinnung», sagt Bringolf, verzeihe er viele Fehler. Notfalls müsse er jemanden halt an die kurze Leine nehmen.

Er fühlt sich für die Belegschaft und seine Partner verantwortlich. Deshalb ist es ihm wichtig, ein gutes Vorbild zu sein. Würde ihn ein Verkauf der Firma an die Börse und das viele Geld nicht reizen? Nicht Bringolf: In der grossen Villa am Strand würde er sich nicht wohl fühlen.

Bringolf geniesst seine Arbeit. Er lacht viel und hat Spass an seinem Geschäft. «Bringolf ist immer gut aufgelegt», bestätigen ihm ehemalige Mitstreiter. Eine klare Trennung Geschäft und Familie macht nach seinem Verständnis keinen Sinn: Er hält nichts von zeitlichen Tabuzonen. Es gehe eben um eine sinnvolle Verzahnung und um Absprache: Bist du dann zu Hause? Er könne sich auf seine Frau verlassen und sie sich auf ihn.

In Gedanken versunken kann er während Sitzungen liebevoll mit den kleinen USB-Festplatten für die Hemdentasche spielen. Und auf eigene Fehler angesprochen, reagiert er gelassen und selbstkritisch: Klar, in Umfragen komme immer wieder heraus, von ihm werde mehr Emotionalität erwartet. Sagt es und versucht nicht, sich aus der Affäre zu ziehen. Er nimmt sich nicht so bierernst.

Was in den Mitarbeiterumfragen nicht steht: Gelegentlich ist er im positiven Sinne ein wenig ein Chaot: Vergisst vielleicht einen Schlüssel im Büro, versucht es ohne hinzubekommen und muss sich dann von jemandem die Türe öffnen lassen. Er sei «nicht der streng strukturierte Typ», sagen Leute, die ihn gut kennen. Manchmal sei er nicht erreichbar, und man müsse auf die Antwort warten. Liegt das Handy noch auf dem Schreibtisch? Solche Schwächelchen nimmt ihm jedoch keiner übel, da hilft keine noch so intrigante Nachforschung.

Die liebevolle Zerstreutheit ist allerdings kontrolliert: Sie beschränkt sich auf die genannten Kleinigkeiten. Im Geschäft hat er die Leine, die er lang auslegt, trotzdem fest in der Hand. So verschwindet sein Lächeln schnell, wenn es um Zahlen geht. Kein Wunder: In seiner Branche geht es oft um Zehntelrappen. Und beim Kostenmanagement kennt er keine Kompromisse.



Alexander Bringolfs Führungsprinzipien

1. Wenn immer möglich Vertrauen schenken und Freiheiten gewähren.

2. Nicht böse gemeinte Fehltritte nicht übel nehmen.

3. Sich selber nicht zu ernst nehmen.

4. Bei aller Kollegialität: In der Sache hart bleiben.



Zur Person

Alexander Bringolf (47) stammt aus Schaffhausen und ist diplomierter Elektroingenieur mit BWI-Zusatzstudium. Nach verschiedenen Stationen bei ABB wurde er bei Siemens Schweiz Geschäftsbereichsleiter für Halbleiter, Speicher und Speichermodule, Bestücksysteme usw. und leitete auch den Handybereich. Siemens trennte sich später vom Bereich Memory Products, und Bringolf übernahm beim Management Buyout im Herbst 2001 einen wesentlichen Anteil der neuen Swissbit AG.



Swissbit: Schweizer Hightech-Unternehmen

Wer bis zu einem Gigabyte Daten transportiert, muss nicht mehr umständlich Festplatten, Zip-Disketten oder Ähnliches mit sich herumtragen. Auch das Thema Mac versus PC ist mit den so genannten USB-Memory-Keys gegessen: Die feuerzeuggrossen Festplättchen eignen sich sogar für den Daten-Backup.

Die Swissbit AG im sankt-gallischen Bronschhofen bei Wil stellt solche Hightech-Geräte her. Und sie produziert die USB-Sticks Design made in Switzerland auch dort. Des Weiteren stellt sie Speichermodule (DRAM-Module bis 2 Gigabyte usw.) für Computer, MP3-Player usw. her sowie Compact-Flash-Karten (bis 4 GByte) und besorgt das auftragsspezifische Design und die Bestückung von Platinen. Swissbit, ein Management Buyout von Siemens Schweiz von 2001, erreichte 2003 einen Umsatz von 140 Mio Fr. (2002: 67 Mio Fr.) In der Schweiz arbeiten 52 Beschäftigte, insgesamt sind es 164 (102 in Deutschland, 10 in den USA).

Swissbit erzielt fast 98% seines Umsatzes ausserhalb der Schweiz, vor allem in Europa, in den USA und in Japan. Eigene Produktionsstätten stehen in der Schweiz in Bronschhofen sowie in Berlin.