Streng bewacht liegt Flica II, die Luxusjacht von Alexander Falk, auf der sich der Millionär so gerne ablichten liess, in einer Halle der Kieler Werft. Flica II ist beschlagnahmt. Und Falk muss nach jeder Verhandlung zurück in U-Haft, eine Freilassung gegen Millionenkaution hat das Gericht wegen Fluchtgefahr abgelehnt. Falk muss sich vor dem Hamburger Landgericht wegen Verdachts der Kursmanipulation, Betrugs und Steuerhinterziehung verantworten. Bei einer Verurteilung drohen ihm zehn Jahre Haft.

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Rausch und leere Hüllen

Alexander Falk hatte alles, wovon ein Internetstar träumt: Patriziervilla in bester Hamburger Lage, Weingut in Südafrika, Immobilienfirma samt Privatbank. Mit 26 verkauft er den vom Vater geerbten Verlag für 50 Mio DM und sucht den eigenen Erfolg. 1999 übernimmt «Sascha», wie ihn seine Freunde nennen, von Thyssen den Internetdienstleister Ision und bringt ihn auf dem Höhepunkt des New-Economy-Rauschs an die Börse.

Ision ist zu 67% im Besitz der Schweizer Distefora, die Falk 1997 als leere Hülle des Pleite gegangenen Berner Elektronikhändlers Interdiscount gekauft hatte und an der Zürcher Börse kotieren liess. Im Dezember 2000 verscherbelt Falk die Ision an das englische Telekommunikationsunternehmen Energis für sage und schreibe 1,2 Mrd Fr. Falk kassiert dabei mächtig ab, da ein Viertel des Preises in bar und der Rest in Aktien bezahlt wird. Dann bricht das Kartenhaus zusammen. Energis geht Pleite, auch der Distefora-Aktienkurs kollabiert, das Unternehmen wird von der Börse genommen, Falk wird im Juni 2003 verhaftet.

Die Staatsanwaltschaft wirft Falk und sechs Mitbeschuldigten vor, durch Zirkelgeschäfte den Umsatz von Ision frisiert zu haben, um einen hohen Verkaufspreis zu erzielen. Dabei vergab Distefora an ihren deutschen Ableger Darlehen, die über weitere Töchter wie Bluetrix oder Studio Kiel Scheingeschäfte und virtuelle Umsätze für Ision generierten.

Im Schlaraffenland

Falk bestreitet alle Vorwürfe. Doch der Schweizer Distefora-Verwaltungsrat Johann-Christoph Rudin hatte in einer abenteuerlichen Nacht-und-Nebel-Aktion in Hamburg mehrere hundert Aktenordner kopiert, darunter das Protokoll einer konspirativen Sitzung im September 2000, auf der ein «Massnahmenkatalog zur Planerfüllung bei Ision» abgesegnet wurde.

Der Hauptangeklagte strotzt vor Selbstbewusstsein. Ein Geständnis könne er getrost vergessen, schrieb Falk dem Richter. Freunde beschreiben ihn als «besessenen Unternehmer» mit nerviger Wettleidenschaft und «irren Ideen», als Visionär mit «Helikopterblick», der Trends aufspüren könne. Der Internetboom schien Falk Recht zu geben. Nach dem Börsengang erreichte Ision eine Marktkapitalisierung von mehr als 2 Mrd Euro. Es sei «wie im Schlaraffenland» gewesen, sagt ein Mitangeklagter.