Von kleiner Statur, in elegantes Schwarz gekleidet, steht sie als Empfangskomitee an der Eingangstür der Büroräume von Speedel in Basel. Alice Huxley lässt es sich nicht nehmen, ihre Besucher persönlich zu begrüssen. Gewinnendes Lächeln, fester Händedruck, charmant geleitet sie an einer mit bunten Tieren gestalteten, totemähnlichen Plastik vorbei in ihr Büro.Mit einladender Handbewegung zeigt sie auf ihr Reich, das alles andere als kühles Managerstyling ausstrahlt. Bei Alice Huxley, Gründerin und CEO der Biotechfirma Speedel herrscht feminine Eleganz. Zwar dominiert ein riesiger Schreibtisch das Interieur, aber in der Ecke gegenüber steht antik anmutendes, zierliches Sitzmobiliar von französischem Flair, es gibt Blumen und frohe Gemälde an den Wänden. Die Atmosphäre ist zweckmässig und gemütlich zugleich.

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Alice Huxley setzt sich in einem der Sessel nieder, schlägt die Beine übereinander und lässt zunächst einmal wissen, worüber sie ganz sicher nicht sprechen möchte: Über ihre Familie, den Mann und die Kinder, «no privacy, please». Liebenswürdig aber bestimmt. Die Firmengründerin ist gewohnt, den Ton anzugeben: Charmant, schlagfertig, eloquent, intelligent. Eine Vorzeigefrau, der von aussen betrachtet fast alles zu gelingen scheint. Sie ist nicht nur beruflich erfolgreich, sondern leistet sich darüber hinaus auch noch den Luxus einer Familie mit Mann und zwei kleinen Buben.

In nur fünf Jahren hat die Biochemikerin an der Spitze eines schlagkräftigen Teams von Forschern und Entwicklern das erreicht, wovon viele Start-up-Firmen nur träumen können: Sich in ihrer Branche einen klingenden Namen zu verschaffen. Speedel gehört zurzeit zu jener handverlesenen Gruppe von jungen Biotechfirmen, denen fast garantiertes Wachstumspotenzial nachgesagt wird. Aus der One-Project-Company mit drei Angestellten 1998, hat sich eine Firma mit einem Portfolio von sechs Produkten entwickelt, die derzeit über 40 Leute beschäftigt.

Den Spagat geschafft

Sie spricht, wie sie denkt: Schnell, wie unter Strom. Das Deutsch der gebürtigen Tschechin ist praktisch akzent- und fehlerfrei. Die fünf Jahre Aufbauarbeit seien «extrem kräftezehrend» gewesen, bemerkt sie lapidar, fünf Jahre, in denen Speedel und deren Entwicklung den ersten Platz in ihrem Leben eingenommen haben. Sieben Tage die Woche arbeiten sei normal gewesen, «es existierte fast nichts daneben». Ein Spagat für die Mutter, die zum Zeitpunkt der Firmengründung ein 2-jähriges und 4-jähriges Kind hatte. Und die sich glücklich preist, dass die Familie diese Situation mitgetragen hat, «ohne diesen Rückhalt wäre es nicht gegangen».

Als Huxley 1998 Sandoz und Ciba Geigy hatten eben zur Novartis fusioniert ihren Vorgesetzten die Idee unterbreitete, die Lizenz für eines der Projekte der Ex-Ciba-Geigy, das im Rahmen der Fusion «sterben» sollte, zu kaufen, rief ihr Plan zuerst Kopfschütteln hervor. Die Biochemikerin und ihr Team waren lange einem so genannten Renin-Hemmer auf der Spur gewesen, einer neuen Wirkstoffart, von der man sich erhoffte, eine neue Generation von Blutdrucksenkern entwickeln zu können. «Ich war sicher, dass dieses Projekt auf dem richtigen Weg war», sagt Huxley. So sicher, dass es ihr letztendlich gelang auch das Novartis Management davon zu überzeugen, SPP 100, so hiess das Projekt, «outzusourcen». Die Speedel war geboren.

Mit Speedel durchgestartet

Die Idee dahinter: Speedel (für speedy development) lizenziert von grossen Pharmakonzernen eine Entwicklungssubstanz, übernimmt die ersten beiden Entwicklungsphasen eines Medikaments auf eigene Kosten und betreibt das Entwicklungsprogramm im Sinne eines Generalunternehmers. Um ein Medikament marktfähig zu machen, braucht es drei Phasen. Die ersten beiden sind eher wissenschaftlicher und explorativer Natur, mit relativ wenig Testpersonen, daher weniger aufwendig und günstiger als die dritte Phase. Hat Speedel ein Medikament erfolgreich durch Phase 1 und 2 gebracht, hat der Konzern die Möglichkeit, die Lizenz zurückzukaufen, das Projekt weiterführen und das Medikament auf den Markt zu bringen. Speedel profitiert dann von Meilensteinzahlungen und später auch mit einer Umsatzbeteiligung vom Erfolg des Produktes. SPP 100 wurde derart erfolgreich von Speedel weitergeführt, dass Novartis die Lizenz 2002 tatsächlich zurückgeholt hat, die Markteinführung des neuen Blutdrucksenkers wird 2006 erwartet.

Wenn sie über SPP 100 spricht, macht sich Zufriedenheit auf Huxleys Gesicht breit. Das Projekt, ihr «Baby», war der nötige Leistungsausweis für die Firma, um weitere Investoren zu gewinnen. «Wir waren mit unserer Einproduktestrategie ja gegen den Common-Sense», sagt Huxley, «alle hatten das Gefühl, wir müssten möglichst schnell ein riesiges Portfolio an Projekten anhäufen.» Aber Huxley setzte eisern auf SPP 100 fest davon überzeugt, dass das erste Projekt und dessen Erfolg massgebend sei für die Zukunft einer jungen Firma. Der Erfolg von SPP 100 gibt ihrer Strategie recht, «der Erfolg eines von der Firma entwickelten Produktes ist doch das erste was sich mögliche Investoren anschauen», ereifert sie sich.

Das Handling der Finanzen, der Investoren ist nach wie vor Chefsache, eine ihrer Hauptaufgaben. Ein kraftzehrender Akt, den sie unermüdlich vorantreibt. Erst im Juni dieses Jahres konnte sie die letzte Finanzierungsrunde erfolgreich abschliessen; neue Investoren und Fonds haben der Speedel weitere 52 Mio Fr. in die Kasse gespült. «Es war die grösste private Finanzierungsrunde in Europa in diesem Quartal», sagt sie, «das sollte doch hoffentlich auch eine Bestätigung unseres Businessmodells sein».

Möglich, dass ihre Herkunft entscheidend dazu beigetragen hat, dass sie als Frau den steinigen Weg einer Firmengründung gegangen ist. Geboren in Bratislava in der früheren Tschechoslowakei, studiert und promoviert Huxley in den 70er- und 80er-Jahren Biochemie an der Universität ihrer Geburtsstadt, «das war damals das spannendste, neue Fach in dieser Richtung». Die Studentin wird vom Forschungsfieber gepackt, zeigt Antriebskraft und Durchhaltevermögen, Eigenschaften, die es für langwierige Laborarbeiten braucht, «man muss den Willen haben es wieder und wieder zu probieren auch wenn man hingefallen ist».

Alle staunten, als sie handelte

Mit Mitte 20 kommt sie als Postdoktorandin nach Basel und geht in die Pharmaindustrie, zunächst zu Ciba Geigy, später, bei Novartis, arbeitet sie als Global Projekt Manager, leitet multidisziplinäre Teams, die neue Medikamente von der vorklinischen Stufe bis zur Markteinführung entwickeln. Ein toller, interessanter Job, umso grösser ist natürlich das Unverständnis ihrer Umgebung, als sie diesen zu Gunsten des Risikoprojektes Speedel an den Nagel hängt.

Nur die, die sie wirklich kennen, zweifeln keinen Augenblick daran, dass sie es schaffen wird. Neben Visionen hat sie eine unglaubliche Selbstdisziplin, auch als die Kinder zur Welt kommen, reduziert sie ihr Arbeitpensum nicht. Härte verlangt sie auch von ihren Mitarbeitern, die sie anfangs mit starker Hand führt, «der Kapitän musste eine klare Linie durchgeben». Inzwischen, dank dem Ausbau der Gesamtstruktur und der Entlastung durch andere Manager in der Leitung, kann sie mehr loslassen. Auch wenn sie sich nach wie vor als «Lokomotive» empfindet.

«Doch was», fragt sie, «ist eine Lokomotive schon ohne Anhänger?» Noch so gerne würde sie ihr Team vorstellen, all die Chemiker, Biologen, Toxikologen, Mediziner aus 17 Nationen, die zum Erfolg von Speedel beitragen. Doch die Öffentlichkeit will eben immer nur ihren Kopf sehen, «leider». Ist ihr das alles nicht manchmal zu viel? Sie schüttelt den Kopf, «ich fordere von meinen Mitarbeitern, was ich von mir selbst fordere aber am härtesten bin ich zu mir selbst».



Steckbrief

Name: Alice Huxley

Funktion: CEO/Gründerin Speedel

Alter: 46

Wohnort: Binningen BL

Familie: Verheiratet, zwei Kinder

Karriere

1982 Nach dem Studium der Biochemie in Bratislava Eintritt bei der Biotechnologie-Abteilung von Ciba Geigy in Basel;

1982 - 1996 Diverse Managementfunktionen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Ciba Geigy;

1998 Gründung der Speedel Group in Basel Firma

Speedel Group: Das von Alice Huxley gegründete Unternehmen entwickelt Medikamente für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen. Speedel konzentriert sich auf die ersten zwei Phasen der klinischen Entwicklung und verkauft die Rechte im Erfolgsfall an Pharmakonzerne. Zu Beginn eine One-Project-Company, ist das Portfolio auf mittlerweile sechs Projekte angewachsen, die von über 40 Mitarbeitern betreut werden. Finanziert wird Speedel von Investoren und aus Venture Funds, pro Jahr braucht das Unternehmen Kapital in der Höhe von rund 20 bis 30 Mio Fr.