Der Verwaltungsrat des Energiekonzerns Alpiq verzichtet auf eine Empfehlung zum öffentlichen Übernahmeangebot der neuen Grossaktionärin CSA. Mit Ausnahme von Präsident und Konzernchef Jens Alder sind allerdings alle Verwaltungsräte ohnehin als Vertreter der Grossaktionäre befangen.
Sie sind deshalb in den Ausstand getreten und haben es Alder überlassen, den Bericht des Verwaltungsrates zu erstellen, wie aus einer Mitteilung vom Mittwoch hervorgeht. Dieser stützt sich unter anderem auch auf eine beim Beratungsunternehmen PwC in Auftrag gegebene so genannte «Fair Opinion», die den gebotenen Preis von 70 Franken pro Aktie als fair und angemessen beurteilt.
Dekotierung geplant
Nach dem Ausstieg der Électricité de France (EDF) wollen die bisherigen Grossaktionäre EOS und Primeo Energie sowie die künftige Ankeraktionärin CSA Energie-Infrastruktur die letzten Publikumsaktionäre herauskaufen und die Alpiq-Titel anschliessend von der Börse nehmen.
EDF hat im Frühjahr seine 25-Prozent-Beteiligung an Alpiq verkauft - ebenfalls für 70 Franken je Aktie. Mit diesem Preis wird der ganze Energiekonzern insgesamt mit rund 2 Milliarden Franken bewertet. Seit dem Verkauf der EDF-Anteile halten die Ankeraktionäre 88 Prozent.
Momentan sind dies Primeo Energie und EOS, allerdings wurde der Kauf der EDF-Aktien mittels Pflichtwandeldarlehen durch CSA finanziert. Bei Fälligkeit werden die Pflichtwandeldarlehen in Alpiq-Aktien umgewandelt - und CSA wird offiziell zur Ankeraktionärin.
CSA ist ein von der Credit Suisse verwalteter Fonds, in den 135 Schweizer Pensionskassen investiert sind. Sie ist es, die mit der Veröffentlichung des Angebotsprospekts am Mittwoch offiziell das öffentliche Kaufangebot lanciert hat. Die Angebotsfrist läuft vom 25. Juli bis zum 9. September, und der Vollzug der Übernahme ist für den 9. Oktober geplant.
Unter Publikumsaktionären sorgt das Angebot auch für Unmut. Nach der Ankündigung der Übernahme des EDF-Pakets und der geplanten Dekotierung Anfang April hatten sich manche Marktteilnehmer vom Preis überrascht gezeigt und diesen als unerwartet niedrig bezeichnet.
Preis als fair beurteilt
In der Beurteilung durch PwC, die der Verwaltungsrat in Auftrag gegeben hat, wird jedoch eine Wertbandbreite von 65 bis 73 Franken pro Aktie ermittelt. Und der Verwaltungsrat räumt zwar ein, dass Aktionäre durch das Andienen ihrer Aktien nicht von allfälligen Steigerungen des Energiepreises und der Aktie profitieren können.
Andererseits macht er auch klar, dass sie trotzdem kaum eine Wahl haben: Es sei für sie nach dem Übernahmeangebot schwierig, mögliche Gewinne zu realisieren, schreibt er im Bericht. Denn der Streubesitz dürfte mit dem Angebot weiter abnehmen und damit auch die Handelbarkeit der Aktie.
Ohnehin planen die Grossaktionäre, die rechtlichen Mittel für ein Herausdrängen der Kleinaktionäre zu nutzen: Nur schon mit 2 Prozent mehr Aktien könnte eine Abfindungsfusion eingeleitet werden, ab einem Anteil von 98 Prozent ist gar eine Kraftloserklärung der restlichen Aktien möglich. Die Verwaltungsräte und die Geschäftsleitung beabsichtigen ihrerseits, ihre Aktien anzudienen.
Ehemaliger CS-Topmanager als VR
Die drei Ankeraktionäre wollen künftig über jeweils gleich grosse Beteiligungen an Alpiq verfügen, wie aus dem Bericht des Verwaltungsrates weiter hervorgeht. CSA wird vier eigene Verwaltungsräte einbringen. Zur Wahl vorgeschlagen wird unter anderem der ehemalige CS-Schweiz-Chef Hans Ulrich Meister. Neben ihm sollen Jørgen Kildahl, Anne Lapierre und Phyllis Scholl Einsitz im Verwaltungsrat nehmen.
Damit würde das Aufsichtsgremium wieder um vier Mitglieder aufgestockt, nachdem sich die vier Vertreter der EDF nach dem Verkauf der Anteile zurückgezogen hatten. Die Aktionäre sollen an einer ausserordentlichen Generalversammlung am 21. August über die neuen Verwaltungsräte befinden.
Verwaltungsrat wird so gut wie halbiert
Das ist allerdings nur vorübergehend: Nach der Dekotierung soll der Verwaltungsrat gemäss eines Aktionärbindungsvertrags in einer ausserordentlichen GV neu gewählt und auf höchstens sieben Mitglieder verkleinert werden, wobei jeder Aktionär zwei Vertreter stellen darf. Ein unabhängiges Mitglied soll das Gremium präsidieren.
Auch zu den Plänen der Ankeraktionäre für die künftige Alpiq gibt es bereits Hinweise. Diese laufen auf eine stärkere Konzentration auf das Schweizer Stromerzeugungsgeschäft hinaus.
Laut Verwaltungsrat würden die Aktionäre erwarten, dass Alpiq prioritär die Schweizer Wasserkraft weiterentwickelt. Zugleich solle zudem die heutige Strategie überprüft und gegebenenfalls anpasst werden. Geprüft werden sollen insbesondere "langfristige Optimierungsmöglichkeiten" für die internationale Produktion und im Dienstleistungsgeschäft.
(awp/tdr)