Kurz vor Weihnachten wurde Klarheit geschaffen: Seit dem 23. Dezember 2017 steht rechts neben Ruth Metzlers Namen in kleinen Lettern «of counsel». Der Zusatz sei mit der Revision der Website angefügt worden, erklärt Hans Klaus im Namen des Beraternetzwerks KMES Partner, das er gemeinsam mit Ruth Metzler, Daniel Eckmann und Markus Spillmann führt.

Die Bezeichnung «of counsel» sei Ausdruck, dass sich der Fokus der Beratungstätigkeiten der früheren CVP-Bundesrätin Richtung Verwaltungsratsmandate verschoben habe. Und Metzler ergänzt: «‹Of counsel› soll signalisieren, dass KMES nicht meine Haupttätigkeit ist, ich jedoch weiterhin mit den drei Kollegen verbunden bin und es auch weiterhin punktuell zur Zusammenarbeit kommen kann.»

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Kurz: Metzler ist jetzt offiziell Profiverwaltungsrätin – und keine Beraterin mehr. Als solche soll sie jüngst lediglich den Mitgründer der Finanzboutique Leonteq, Jan Schoch, den sie wohl von ihrem Wohnort Appenzell kennt, in der Zeit seiner Trennung von der Firma kurzzeitig begleitet haben – nach aussen ohne sichtbare Wirkung. Auch im UBS Wealth Management soll sie einmal gesichtet worden sein, hier ist aber ebenfalls kein konkretes Projekt bekannt.

Im Beirat von Bastos

Ihre berufliche Haupttätigkeit liege seit einiger Zeit bei den Verwaltungsrats- und Aufsichtsgremien sowie Advisory-Board-Mandaten, hält Metzler selbst fest. So sitzt sie etwa in den Strategiegremien des Industriekonzerns Bühler, der Genfer Bank Reyl, der Privatklinikgruppe Swiss Medical Network, der Axa Winterthur oder im Universitätsrat der HSG. Ruth Metzler präsidiert die Schweizer Wirtschaftspromotionsplattform Switzerland Global Enterprise (S-GE), sitzt im Beirat der Asylunterkunftsbetreiberin ORS und im Stiftungsrat von Avenir Suisse. Die Anhäufung wirkt etwas gar zufällig, eine klare Linie lässt sich daraus nicht ablesen, wie Beobachter anmerken. «Sie nimmt alles, was sie bekommt», sagt einer. Verwaltungsratskollegen jedoch loben sie als engagiert, kritisch, unkompliziert, gut organisiert und offen.

Bei der Wahl neuer Mandate hingegen beweist Metzler nicht immer ein glückliches Händchen – wie sie mit ihrem Engagement im Beirat der Quantum-Gruppe des in Angola tätigen Fondsmanagers Jean-Claude Bastos offenbarte. Weggefährten jedenfalls schütteln den Kopf. Als exponierte Person und ehemalige Bundesrätin könne man nicht alles annehmen.

Der Bastos-Beirat sorgte auch KMESintern für Gesprächsstoff. Das Bastos-Kapitel habe nichts zu tun mit der neu angefügten Bezeichnung «of counsel», betont Klaus. Er verneint jedoch nicht, dass die KMESPartner darin ein Reputationsrisiko in der Mit-Namensgeberin Metzler gesehen hätten.

Ruth Metzler sah sich zum Handeln gezwungen: Drei Tage nach der Veröffentlichung der «Paradise Papers» durch den «Tages-Anzeiger» gab sie «mit sofortiger Wirkung» ihren Rücktritt aus dem Quantum-Beirat bekannt. Damit war für sie das Kapitel abgeschlossen, äussern dazu mag sie sich nicht mehr.

Die Sache scheint für sie ausgestanden, anders als etwa für SBBPräsidentin Monika Ribar. Während hier die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats noch Antworten fordert, hat Metzler aus der Politik kaum Folgen zu fürchten.

KMES Partner

Loses Netzwerk: Die KMES Partner Hans Klaus, Ruth Metzler, Daniel Eckmann und Markus Spillmann (v.l.).

Quelle: Keystone

Uninteressiertes Seco

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das die von Metzler präsidierte S-GE jährlich für die Exportförderung und die Standortpromotion mit insgesamt 25 Millionen Franken alimentiert, erkennt jedenfalls keinen Handlungsbedarf. Das Bastos-Mandat war dem Seco zwar nicht bekannt, aber das war «aus unserer Sicht auch nicht nötig», wie Sprecher Fabian Maienfisch festhält.

«Bei S-GE handelt es sich um einen privatrechtlichen Verein mit öffentlich-rechtlichen Leistungsaufträgen.» Das Seco kommentiere und beurteile die Umsetzung der Leistungsaufträge. Ähnlich tönt es bei den Kantonen, die sich ebenfalls an den S-GE-Kosten beteiligen.

Das Präsidium bei der S-GE, entschädigt mit 60 000 Franken, ist der Posten, der Metzler am meisten Öffentlichkeit beschert. Ihr Hauptengagement, zumindest finanziell, dürfte aber das Verwaltungsratsmandat bei Bühler sein. Dort hat sie seit 2011 Einsitz, seit 2014 leitet sie, die eidgenössisch diplomierte Wirtschaftsprüferin, den Prüfungsausschuss.

Bühler publiziert keinen Vergütungsbericht; die punkto Umsatz vergleichbar grosse Oerlikon entschädigt ihren Prüfungsausschussvorsitzenden mit mehr als 270 000 Franken im Jahr, beim konservativ geführten Bühler-Konzern ist es wohl eher die Hälfte. Branchengeflüster zufolge holte sie Firmenpatron Urs Bühler auch, damit seine drei Töchter im Führungsgremium eine weibliche Ansprechperson haben; Bühler wollte keine Fragen zu Metzler beantworten.

Lukratives Mandat bei Axa Winterthur

Ein weiteres lukratives Mandat dürfte der Verwaltungsratssitz bei Axa Winterthur sein – heute zwar nur noch eine Ländergesellschaft des französischen Weltkonzerns Axa, doch die Versicherungsbranche gehört nicht zu den Geizigen im Land. Bei der deutlich kleineren Helvetia gibt es für Verwaltungsräte durchaus mehr als 200 000 Franken im Jahr. Axa Winterthur ist aber nicht börsenkotiert. Daher schätzt ein Branchenmann Metzlers Axa-Vergütung auf 120 000 Franken oder leicht darüber.

Insgesamt verdient Metzler so viel, dass sie derzeit keine Bundesratsrente bezieht, «auch nicht teilweise», wie sie ergänzt. Der Grund ist ein Mechanismus, der die Höhe der Bundesratsrente je nach Zusatzeinkommen variieren lässt. Maximal beläuft sich eine solche auf 50 Prozent des Einkommens amtierender Bundesräte, derzeit also die Hälfte von 445 163 Franken. Übersteigt das Einkommen eines ehemaligen Regierungsmitglieds inklusive Ruhegehalt diese Summe, wird die Bundesratsrente um den Mehrbetrag gekürzt.

Dass Metzler mit 53 Jahren eigentlich von einer Rente leben könnte, hat mit ihrer aussergewöhnlichen politischen Karriere zu tun, die steil begonnen hatte. Schnell galt sie in Appenzell Innerrhoden als «politischer Shootingstar»: 1996 schaffte sie – als erste Frau – den Sprung in die Kantonsregierung und wurde «Frau Säckelmeister». Im März 1999 wählte die Bundesversammlung sie in den Bundesrat. Doch auf den rasanten politischen Aufstieg folgte der tiefe Fall: Am 10. Dezember 2003 wird Ruth Metzler abgewählt – und muss den Stuhl für den SVPMann Christoph Blocher räumen. Was nun? Keine 40 und schon am Ende.

Jean_Claude_Bastos

Rücktritt: Jean-Claude Bastos holte Ruth Metzler in den Beirat seiner Quantum-Gruppe. Nach der Veröffentlichung der «Paradise Papers» trat sie mit sofortiger Wirkung zurück.

Quelle: ZVG

Eine Fischsuppe mit Folgen

Sie verarbeitet ihr Gastspiel im Bundesrat im Buch «Grissini und Alpenbitter» und geht zu Novartis – zuerst als Rechtschefin in Paris, dann als Chefin der konzernweiten Investor Relations in Basel. 2010 gründet sie mit ihrem früheren Sprecher Hans Klaus und dem SRG-Vizedirektor Daniel Eckmann eine Beratergemeinschaft. Die Idee dazu entstand bei einem gemeinsamen Essen. Die drei sassen bei Eckmann in Murten auf dem Balkon, assen Fischsuppe – und planten einen Neuanfang. Danach kündigt Metzler bei Novartis, Eckmann lässt sich bei der SRG frühpensionieren – nur Klaus ist schon frei. Er, der bei der Swissair seine Sporen verdient hat, war ein paar Monate zuvor von Fifa-Chef Sepp Blatter vor die Tür gestellt worden.

«Klaus Metzler Eckmann», wie die Firma zu Beginn heisst, vereinigt drei sehr unterschiedliche Personen – vom Alter, von der Herkunft und vom Lebenslauf her. Klaus spricht im Nachhinein von einer «abenteuerlichen Mischung». Doch Differenzen bringen eben auch Vorteile: Sie hätten komplementäre Netzwerke und unterschiedliche Stärken eingebracht in den bewusst lose gehaltenen Verbund, in dem jeder Partner seine eigene Firma führt. «Klein, aber fein», war das Motto. Personal war nie vorgesehen.

Und so nahmen sich die drei auf dem alten Hürlimann-Areal in Zürich ein Büro und waren zu Beginn auch alle oft vor Ort. Aber diese Zeiten sind vorbei. Metzler betreut ihre Verwaltungsratsmandate heute hauptsächlich von Appenzell, Eckmann von Murten aus. Nur Klaus und der frühere «NZZ»-Chefredaktor Markus Spillmann, der sich 2015 der Gemeinschaft anschloss, sind im Zürcher Büro anzutreffen, mit dem sie mittlerweile an den Basteiplatz gezogen sind.

Neuer Name

Neu ist seit Dezember 2017 zudem der Name: KMES Partner. Das solle auch namenstechnisch Raum schaffen für ein weiteres, überschaubares Wachstum, erklärt Klaus. «Wir wollen uns erneuern und wachsen.» Spruchreif ist aber noch nichts. An Arbeit fehlt es den Partnern jedenfalls nicht, wie Klaus betont. Die Nachfrage nach Beratung übersteige mittlerweile ihre Kapazitäten.

In der Kommunikationsbranche gilt KMES als grosse Unbekannte; kaum einer weiss Genaueres, bei welchen Kunden und womit die KMES-Partner ihr Geld verdienen. Ein bewusster Entscheid, sagt Klaus: «Unsere Kunden schätzen die heute selten gewordene Diskretion.» Und so sagt er auch nichts zu der Information, dass er den Arzt und Chef der Firma LifeWatch, Stephan Rietiker, berate, der sich als Vorreiter von «Digital Health» positionieren will. Obwohl es das einzige Klaus-Mandat wäre, von dem Branchenkenner schon einmal gehört haben wollen.

Einige Konkurrenten vermuten, Metzlers Mitstreiter lebten vor allem von Lehraufträgen an Hochschulen. Klaus lacht: Er habe aus Zeitmangel seinen Lehrauftrag am VR-Institut an der Hochschule St. Gallen aufgeben müssen. Eckmann lehrt an der Uni Bern, Spillmann an der Uni Freiburg, der ETH und der HWZ.

Unter dem Radar

Das Geschäftsmodell bedingt laut Klaus geradezu, dass man unter dem Radar bleiben wolle, weil KMES eben gerade keine typische Kommunikations- oder PR-Agentur sei, sondern vor allem im Hintergrund arbeite, «Begleitung in Krisenfällen und Transformationsprozessen» biete. Etwa, wenn ein Firmenchef eine Umstrukturierung und Arbeitsplatzabbau durchstehen, sich mit «Politik, Ämtern, Aufsichtsbehörden oder komplexen Rechtsfällen und Führungsfragen» auseinandersetzen müsse.

Dass KMES keine Kommunikationsagentur sein will, muss wohl als Erklärung dafür herhalten, wie sparsam Metzler kommuniziert. Sie nehme «via Medien grundsätzlich nicht Stellung» – weder zu ihren Verwaltungsratsmandaten noch zu ihren weiteren beruflichen Tätigkeiten noch zum Rücktritt aus dem Quantum-Beirat. Immer schön unter dem Radar durch. Diesbezüglich jedenfalls hält sie sich ans Firmenmotto ihrer Kollegen.