Wenn die Harvard Business School im 94. Jahr ihres Bestehens auf Websites und Alumni-Veranstaltungen mit der Sammelbüchse klappert, wird mit der ganz grossen Kelle angerührt. 500 Mio Dollar Kapital wollen die Verantwortlichen des «most ambitious fundraising effort ever undertaken by HBS» den Absolventen bis Ende 2005 aus der Tasche ziehen.

Lanciert wurde die Kampagne am 21. September mit einem Festprogramm, zu dessen Auftakt sich hunderte von Alumni und Gästen sowie Harvard-Präsident Lawrence H. Summers in Schale warfen und das Scheckbuch zückten. Dabei lag den Damen und Herren in Abendtoilette nicht nur die finanzielle Unterstützung von Harvard-Eleven am Herzen. Globale Forschung, Entwicklung der Fakultäten und Technologien und die erste grundlegende Renovation der historischen Baker Library und verschiedener Campusunterkünfte stehen ganz

oben auf der Liste. Harvard-Dean Kim B. Clark: «Wir stehen am Wendepunkt der Geschichte, denn die Nachfrage nach Business Leaders war niemals grösser und komplexer als heute. Was Harvard in den nächsten 20 Jahren dazu beiträgt, wird wesentlich weitreichendere Konsequenzen haben als das, was in ähnlichen Zeitabschnitten in der Vergangenheit erreicht wurde.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Harvard hat noch weitere Fundraising-Trümpfe im Sack: «Give online» lockt eine weitere Spendenaufforderung auf der Website. Inklusive Tipps, auf welchen Kanälen man seine Dollars los wird: Alle Arten von weltweit akzeptierten Kreditkarten sind genehm, gegen Schecks hat niemand etwas, auch nicht gegen Aktien, Mutual funds, Immobilien oder Erbschaften. Harvards elektronisches Fundraising-Portal umfasst mehr als hundert Seiten und überlässt es den Benutzern, ob sie regelmässig nur einen Dollar locker machen wollen oder mit 999 Dollar automatisch zum «supporting donor» werden.

Wenn in Kanada die einige 100 Meilen entfernte Asper School of Business mit stilvollen Einladungen zum Auftakt eines 20 Mio-Dollar-Fundraisingprojekts die Werbetrommel rührt, setzt Dean Jerry L. Gray seine Unterschrift unter die Grussworte. Für ihn und seine Kollegen ist Fundraising Chefsache. Als «äusserst militant» bezeichnen Kenner der Szene die Spendenaufrufe des Massachusetts Institut of Technology MIT ein Darling von Sponsoren der amerikanischen Rüstungsindustrie, die ausserdem Millionenbeträge nach Harvard und Stanford transferiert. Das MIT kassierte allein im vergangenen Jahr 33 Mio Dollar Mäzenengelder von Alumni.

Bescheidene Schweiz

Dagegen sieht die Fundraising-Bilanz bei Schweizer Alumni-Vereinigungen derzeit noch eher bescheiden aus. Selbst wenn viele Schweizer Hochschulen und private Institute Wert auf die Feststellung legen, dass für sie Geld nicht alles ist, sondern Friendraising und Brainraising derzeit noch Priorität haben, lässt sich in der europäischen Wirtschaft und Wissenschaft im globalen Wettbewerb nur nachhaltig etwas bewegen, wenn die schweizerische und europäische Zurückhaltung gegenüber Fundraising aufgegeben wird. Diese

Meinung vertritt Walter Schnüriger, Dozent und Leiter Internationales

Departement Wirtschaft der Hochschule Winterthur ebenso wie Alumni-

Projektleiterin Bettina Volz von der Universität Basel.

Ein Umdenken drängt sich geradezu auf, wobei die Eins-zu-eins-Übernahme des amerikanischen Modells durch das «alte Europa» kein Thema ist. Allerdings hat es die Hochschule St.Gallen geschafft, ihrem seit 1932 bestehenden Ehemaligenverein, der heutigen HSG Alumni, ein modernes Managementkonzept zu verpassen. Mit rund 14000 Mitgliedern ist sie europäischer Hochschul-Rekord.

Gruss von Joe Ackermann

Mit Blick auf Alumni-Organisationen namhafter angloamerikanischer Tradition, bei denen Fundraising gleichberechtigt, manchmal sogar vorrangig, neben Brainraising, Friendraising und Operations steht, ist den St.Gallern die Bedeutung von Fundraising längst klar geworden. HSG Alumni bietet den Vereinsmitgliedern vor allem eine Palette an Dienstleistungen und Produkten an: «Who's who», das vereinsinterne Mitgliederverzeichnis, «Who's new», das halbjährlich erscheinende Absolventenverzeichnis, «alma», das quartalsweise erscheinende Hochglanzmagazin, die HSG-Website als Serviceportal aller

Vereinsmitglieder, Unterstützung und Beratung bei Gründung und Organisation der HSG-Alumni-Klubs sowie Information über Zusammenkünfte und Events.

Prominente HSG-Alumni wie Josef Ackermann, CEO der Deutschen Bank, oder Walter Kielholz, Chairmann der Credit Suisse Group, leihen schon mal ihr Konterfei für die Grussworte zur Broschüre über ein neues HSG-MBA-Angebot. Dazu die Aufforderung, sich dem «starken St. Galler Alumni-Netzwerk, dem grössten im deutschsprachigen Europa», anzuschliessen.

Momentan wirbt HSG Alumni für ein epochales 20 bis 25 Mio Fr. teures

Fundraising-Projekt für den Ausbau des Weiterbildungszentrums. Davon sind 10 bis 12 Mio Fr. für den Campus-Teil budgetiert, 7,5 Mio Fr. gelten dank einer eindrücklich langen Liste mit verbindlichen Zusagen von Sponsoren aus der Schweizer Wirtschaft als bereits gesichert, darunter HSG-Alumni Heinz R. Wuffli.

Als Gegenleistung für ihre Spende erhalten Geldgeber die Möglichkeit, sich auf zwei Arten verewigen zu lassen: Entweder erscheint der eingravierte Name auf der Fensterfront des Verbindungstraktes zwischen Weiterbildungszentrum und Wohntrakt, oder ein Raum im neuen Wohntrakt wird nach dem Spender benannt. Als zukunftsweisend soll sich auch das 2002 frisch aufgebaute HSG-Alumni-Mentoring-Programm erweisen. HSG-Studierende erhalten bereits in den

ersten Studienjahren einen persönlichen Mentor für die Berufsplanung. HSG Alumni wählt dazu geeignete Mentoren aus dem Mitgliederbestand.

Zu den beliebten Events rechnen die St. Galler unter anderem Stamm,

Vorträge, Reisen in europäische und amerikanische Partnerstädte oder auch mal Guetzli-Backen, Ski-Weekends und Weihnachtsfeiern. Jetzt zu Anfang Oktober könnte es passieren, dass einige HSG-Alumni in München am selben Biertisch mit den Alumni der GAA Graduate School of Business Administration am Oktoberfest eine Mass trinken sie sind zufällig gleichzeitig in der Bayern-Metropole. Gemäss GSBA-Dean Jacqueline Fendt wird die vor 15 Jahren gegründete GAA von den 430 Mitgliedern in erster Linie als Plattform für Berater und zur Kontaktpflege untereinander genutzt. Fundraising ist ein hier noch vernachlässigtes Thema. «Es wird nicht aktiv gebettelt», betont Fendt.

Gelegentlich wird die GAA doch mal von der Grosszügigkeit einzelner Alumni beglückt. Die Webseite der GSBA Alumni Association GGA fällt vor allem durch eine lange Veranstaltungsliste auf. Ein Mitglied kommentiert anderswo die Qualität von europäischen und amerikanischen Job-Portals. Der Newsletter kommt per E-mail, eine gedruckte Alumni-Zeitschrift existiert nicht.

Doch das soll nicht heissen, so Jacqueline Fendt, dass diese Netzwerke freimaurerische Geheimbünde sind. «Das Ganze findet eher im lockeren Rahmen statt.» Aber ganz klar ist, dass man sich erst einmal im Kreise der Alumni umschaut, wenn ein freier Posten zu besetzen ist. «Man kennt sich aus intensiven Studien rund um die Uhr und das schafft Vertrauen. Entsprechend gross ist auch in schwierigen Situationen die Solidarität. So wird ein Manager, der den Job verliert, in der Regel gut aufgefangen», betont der GSBA-Dean.

Mit der Namensnennung von prominenten GSBA-Absolventen hält sich die Schule in der Öffentlichkeit zurück. Für GAA-Co-Präsident Clemens Jakobi bestehen derzeit vor allem seitens der älteren Alumni noch Vorbehalte gegen eine solche Vermarktung. «Doch ist dies für die GAA ein Thema, das eine nähere Betrachtung verdient», ist er überzeugt.

Weitere Informationen unter:

Harvard Business School

www.alumni.hbs.edu/fund/index.jhtml

Berkeley

www.berkeley.edu/alumni/associations/

GSBA Zürich-Horgen

www.gaa.ch

Hochschule St. Gallen

www.alumni.unisg.ch

HEC Lausanne

www.mba-hec-lausanne.ch

Alle Alumni-Vereinigungen im deutschsprachigen Raum

www.alumni-clubs.net/organisationen/ort_Staat_CH.htm