In allen Jahren meines Berufslebens hatte ich richtig gute Chefs – starke Persönlichkeiten, aufrechte Menschen, die mit Passion gearbeitet haben. Daher ist für mich der wichtigste Rat, den ich auch weitergebe: «Mach deine Arbeit mit Leidenschaft.»
Aber bei aller Leidenschaft für die Arbeit darf man auch die anderen Säulen eines glücklichen und erfüllten Lebens nicht vernachlässigen. Ich bin überzeugt, dass man die eigene Arbeit nur mit Hingabe und Kraft machen kann, wenn man eine gute Balance für sich findet und sich nicht nur im Beruf verausgabt.
Fitness und Hobbys pflegen
Meine grösste Kraftquelle ist meine Familie. Das Wohlbefinden meiner Familie ist das Allerwichtigste für mich. Darüber hinaus achte ich auf meine körperliche Fitness und pflege meine Hobbys: Fotografieren, Fahrradfahren, Tauchen, Fussball und andere Sportarten.
Ich bin ausserdem absolut wissbegierig und lese sehr viele Fachzeitschriften. Zudem probiere ich immer wieder die neuesten Gadgets aus. Generell habe ich es auch gut getroffen mit meinem Beruf, da ich eigentlich keine Arbeit habe, sondern meiner Leidenschaft fröne – so empfinde ich es zumindest.
Warum ist es mir so wichtig, diese Balance zu halten und bewusst zu steuern? Weil ich der Überzeugung bin, dass man als Führungskraft dann erfolgreich ist, wenn man stets neue Impulse und Ideen aufsaugt sowie offen auf Mitarbeiter aller Hierarchiestufen zugeht und ihnen zuhört. Beides kann ich nur tun, wenn ich in der Balance lebe.
Das hat viel mit meinem Führungsstil zu tun, der geprägt ist von den Ebenen Detail und Vision. Ich kümmere mich zum einen um die obersten zehn Prozent in der Unternehmensführung, also die Vision und die Strategie.
Vision aufzeigen
Als CEO ist es mir wichtig, die Amag Group auf Basis einer Vision zu führen, die die Mitarbeiter kennen und mittragen und die das Unternehmen in die richtige Richtung voranbringt. Und am anderen Ende der Skala kümmere ich mich um die zehn Prozent der sogenannten Hygienefaktoren. Die achtzig Prozent zwischen diesen beiden Ebenen lösen unsere Kaderleute mit ihren Teams.
«Eigentlich habe ich keine Arbeit, sondern fröne meiner Leidenschaft – so empfinde ich es zumindest.»
Mir sind auch die «kleinen» Themen wichtig. Ich muss wissen, was die Mitarbeiter bewegt und was sie nervt, ich muss dem Team aber auch Impulse geben, um die Kundenzufriedenheit zu steigern.
Mehreren hundert Kaderleuten und Mitarbeitern schreibe ich jede Woche eine SMS, in der ich auf Details hinweise. Unsere Mechaniker bitte ich zum Beispiel darum, dass die Mitarbeiter in der Werkstatt nach dem Autoservice den Sitz wieder in die alte Position stellen, damit der Kunde sich gleich wieder in seinem Wagen wohlfühlt. Alle Mitarbeiter auf allen Hierarchiestufen sollen angeregt sein, auf Details zu schauen, mitzudenken und die Extrameile zu gehen.
«Management by walking»
Die Belange der Mitarbeiter sind mir ebenfalls wichtig. Dazu führe ich immer wieder Skip-Level-Meetings durch, bei denen ich mich mit Mitarbeitern austausche, die ich sonst selten sehe. Ich bin auch ein Anhänger des Management by Walking: Ich gehe in die Betriebe und höre den Lernenden zu, mit denen ich mich – wie mit allen Mitarbeitern – duze.
Bei diesen Gelegenheiten erfahre ich sehr viel, und wir konnten einige Steine des Anstosses beseitigen: So haben wir etwa Ungleichheiten im Urlaubswesen ausgeglichen und dafür gesorgt, dass nicht in einigen Betrieben die Arbeitskleidung gestellt wird und in anderen von den Lernenden bezahlt werden muss. Fairness und Chancengleichheit sind mir persönlich enorm wichtig und tragen auch zu mehr Freude an der Arbeit und zu grösserer Mitarbeiterzufriedenheit bei.
Diese Kolumne erschien im Buch «Der beste Rat» von Frank Arnold, Midas Verlag, 240 Seiten, 25 Fr.
*Morten Hannesbo ist Chef des Autoimporteurs Amag und sitzt als Vizepräsident im VR von Auto-Schweiz, der Vereinigung der Auomobilimporteure.