Dem britischen Golfjournalisten Derek Lawrenson gelang 1998 an einem Pro-Am-Turnier in Ascot der Schlag seines Lebens. Er beförderte den Ball mit einem 3er-Eisen vom Abschlag über 158 m direkt ins Loch. Das Hole-in-One, der Traum eines jeden Golfers, brachte Lawrenson einen Lamborghini im Wert von 200000 Pfund ein. Der verständliche Entscheid, den Preis anzunehmen, hatte indes Folgen: Lawrenson wurde der Amateurstatus aberkannt und wurde per sofort als Professional betrachtet, das heisst, er musste auf der Stelle ins Profilager übertreten. Lawrenson war daher in der Folge an Wettkämpfen für Hobbyspieler nicht mehr zugelassen.
Das genannte Beispiel mag ein Extremfall sein, doch es braucht wenig, dass Golfer und Turnierveranstalter in Konflikt mit dem Amateurstatut des Royal and Ancient Golf Club, der Regelbehörde im schottischen St. Andrews, geraten. Die letztjährigen Gewinner der Candino Champions Trophy von Swiss Tennis trugen einen Reisegutschein über 5000 Fr., eine Uhr des Titelsponsors sowie eine Einladung für zwei Personen ans Basler Tennisturnier nach Hause. Hätten sie die Preise an einem Golfturnier gewonnen, wären sie in Teufels Küche geraten. Im Amateur-Golfsport sind nur Sachpreise im Wert von 500 Pfund erlaubt, was ungefähr 1200 Fr. entspricht.
Warum ist im Golf verboten, was in anderen Sportarten gang und gäbe ist? Gemäss dem R&A-Reglement gilt es, «Amateurgolf soweit wie möglich von jeglichem Missbrauch durch unkontrolliertes Sponsoring und finanzielle Anreize freizuhalten».
Der Anreiz zu betrügen
Kritiker der Gralshüter in Schottland mögen nicht zu Unrecht argumentieren, Mister Lawrenson habe sicherlich furchtbar viel Spass gehabt, obwohl er kaum mit der Absicht gespielt habe, sich zu bereichern. Auf der Internetseite des Deutschen Golf Verbands (DLV) ist indes überzeugend erklärt, warum eine Sonderstellung angebracht ist. Der Golfsport, heisst es, weise gegenüber allen anderen Sportarten zwei Besonderheiten auf: «Auf der Golfrunde ist der Spieler häufig unbeaufsichtigt, und es existiert ein Vorgabesystem.» In der Tat gibt es in jedem Klub «Spezialisten», die es mit dem Zählen der Schläge nicht so genau nehmen.
Für Eventveranstalter kann das Amateurstatut insofern ein Problem sein, als die Sponsoren eine Gegenleistung erwarten. Ein Uhrenhersteller zum Beispiel will sein Modell präsentieren, am besten an der Siegerehrung. Michel Burckhardt, OK-Präsident des Zurich Open, sagt, das Amateurstatut sei durchaus ein Thema, aber es gebe Möglichkeiten, es zu umgehen. «Ist auf der Rückseite einer Uhr das Datum und der Name des Turniers eingraviert, hat sie offiziell keinen Warenwert mehr, sondern gilt als Erinnerungspreis mit emotionalem Wert», erklärt Burckhardt, wie Sponsor Cartier an seinem Anlass verfährt.
Eine zweite Möglichkeit ist, an der Abendveranstaltung nach dem Wettkampf Preise zu verlosen, um sie von der sportlichen Leistung «abzukoppeln». Mit einer Tombola oder etwas Ähnlichem wandert ein Turnierorganisator indes bereits auf einem schmalen Grat. In Deutschland zum Beispiel ist dieses Vorgehen nur gestattet, wenn die Teilnahme am Wettspiel nicht Voraussetzung für die Teilnahme an der Verlosung ist und sich eine hinreichende Anzahl anderer Personen an der Verlosung beteiligt. Der Grundsatz dazu ist in den Decisions der R&A geregelt.
Beim Schweizerischen Golfverband (ASG) schliesst man nicht aus, dass in der Schweiz gegen das Amateurstatut verstossen werde, sagt Mark Bruppacher, der Präsident des Regelkomitees. Es ist ihm kein Fall bekannt, den die ASG verfolgt hat. Hingegen gibt es hin und wieder Abmahnungen im Zusammenhang mit persönlichen Auftritten für Werbung und Verkauf. Tendenziell werde der Rahmen des Möglichen aber immer mehr ausgeschöpft, berichtet Bruppacher. «Gerade an Einladungsturnieren und Pro-Ams wird der Druck immer grösser, sich mit attraktiven Preisen von den Konkurrenten abzuheben.»
Michel Burckhardt, der mit dem Zurich Open ein Pro-Am durchführt, meint hingegen, ein schöner Gabentisch sei nur «das Tüpfelchen auf dem i». Aber an reinen Amateurturnieren sind Preise wichtiger. «Das Erlebnis, zum Beispiel mit Eduardo Romero zu spielen, ist sicher wertvoller als irgendein materieller Preis.»
Werbung strikt verboten
Das Amateurstatut regelt nicht nur die Höhe der Preise, sondern einiges mehr. So ist es einem Amateur zum Beispiel nicht gestattet, gegen Entgelt Golfunterricht zu erteilen oder Geldpreise entgegenzunehmen. Strikt verboten ist Nicht-Berufsgolfern zudem, Werbung zu machen. Sie dürfen zwar von Herstellern kostenlos Material beziehen, aber keine Gegenleistung anbieten. Zumindest in dieser Hinsicht stehen Amateurgolfer nicht allein auch im Schwingen und im Hornussen ist Werbung verboten.
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1 Million Dollar Preisgeld locken
Verlockungen
Es ist ein Leichtes, mit dem Amateurstatut in Konflikt zu geraten. Denn die Verlockungen, mit dem Golfschläger auf die Schnelle zu Reichtum zu gelangen, lauern überall. Zum Beispiel beim Trump Million Dollar Invitational vom 21. bis 26. Mai auf der Karibik-Insel Canouan. Dort warten 1,6 Mio Dollar Preisgeld auf die 100 Teilnehmer, allein 1 Million auf den Sieger! Aber Achtung: Das Preisgeld stammt von den Teilnehmern selbst, was bedeutet, dass alle eine Startgebühr von 15000 Dollar berappen müssen. Dazu kommen Auslagen für die Reise sowie Unterkunft und Verpflegung im 5-Sterne-Raffles-Resort. Mindestens fünf Nächte auf eigene Kosten sind Pflicht É
Wer mitspielen wird?
Professionals und Amateure, die gemäss Ausschreibung «nicht Angst davor haben, ihren Amateurstatus zu verlieren». Das ist für jene Amateure ganz sicher der Fall, die den Cut nach drei Runden überstehen werden. Dann warten schliesslich mindestens 20000 Dollar Preisgeld auf die Glücklichen. Aber: Nur 10 der 100 «Eingeladenen» werden zum ultimativen 9-Loch-Playoff antreten dürfen. Womit der Traum vom schnellen Geld für die grosse Mehrheit eben doch ein Traum bleiben wird. Und ein teurer dazu.