Es ist ein unterschätztes Business: Teleshopping. Die euphorisierten Moderatoren, die am Bildschirm vermeintliche Schnäppchen feilbieten, werden gerne belächelt. Doch das Format aus den 80er-Jahren ist noch immer ein Wachstumsmarkt. In Deutschland, das sich Europameister im TV-Shopping nennen darf, überschritten die Umsätze vergangenes Jahr erstmals die Zwei-Milliarden-Euro-Grenze.
Nun wollen Online-Händler ein Stück vom Kuchen abhaben. Amazon hat einen Kanal lanciert, um Online-Werbesendungen zu streamen. Zu sehen gibt es diese auf Amazon.com/live. Moderatoren preisen dort Produkte wie Handyhüllen, Fitnessgeräte oder Smart-Home-Artikel an. Im Live-Chat können Zuschauer teils Fragen stellen und die gezeigten Produkte via Amazon kaufen.
Der neue Amazon-Kanal steht allen interessierten US-Händlern offen. Diese können sich registrieren und in den Live-Videos ihre Produkte vorstellen. Laut Amazon soll das die Verkäufe ankurbeln. Potenzielle Kunden aus der Schweiz gucken jedoch in die Röhre – seit diesem Jahr werden sie nicht mehr von der amerikanischen Amazon-Seite beliefert.
Galaxus entscheidet Ende Monat
Liebhaber des Formats kamen dafür bereits bei Digitec Galaxus auf ihre Kosten. Der zweitgrösste Schweizer Online-Händler streamte in einer Testphase vom 30. Oktober bis zum 15. Januar wöchentlich eine einstündige Verkaufssendung. Live zu sehen gab es sie immer am Dienstag um 20 Uhr. Zwei Moderatoren präsentierten diverse Produkte, während Zuschauer dazu Fragen stellen und die gezeigten Artikel zu Aktionspreisen kaufen konnten. Die Einschaltquote war jedoch vergleichsweise gering. Auf Youtube kommen die Videos auf 200 bis 2000 Clicks.
«Die Einschaltquoten hielten sich während der Pilotphase in Grenzen, weil wir bewusst auf den Einsatz hoher Werbeinvestitionen verzichtet hatten», sagt Digitec-Galaxus-Sprecher Alex Hämmerli. «Wie nun auch Amazon haben wir im ‘Teleshopping’ ein Potenzial erkannt.» Ob und in welcher Form die Sendung weitergeführt werde, entscheide man Ende Monat.
Instagram plant offenbar Shopping-App
Dass Onlinehändler wie Amazon und Galaxus derzeit neue Formate einführen und testen, kommt wohl nicht von ungefähr. Im E-Commerce bahnt sich ein Umbruch an: Online-Shopping wird immer interaktiver. Der amerikanische Teleshopping-Sender QVC etwa hat vor wenigen Tagen eine Shopping-App auf den Markt gebracht. Ein ständig wechselnder Feed zeigt kurze Videos mit Informationen zu Produkten, die der Nutzer direkt bestellen kann.
Auch Facebook-Tochter Instagram arbeitet offenbar an einer eigenen Shopping-App, wie diverse Medien vergangenen Herbst kolportierten. Nutzer sollen darin die Waren von Händlern durchstöbern können und so direkt in der App einkaufen. Bis jetzt hält sich Instagram dazu aber bedeckt.