Während der vergangenen sechs Monate ist die Konsolidierung im Stromsektor in Gang gekommen mit drei grossen Übernahmen. Die jüngste Meldung kam von MidAmerican, die zu Warren Buffetts Berkshire Hathaway gehört. Die Akquisition von PacifiCorp für 5,1 Mrd Dollar plus die Übernahme von 4,3 Mrd Dollar Schulden markiert die grösste Übernahme seit 1998 für den Konzern. Die Konsolidierungswelle in einem Sektor, der nach dem Kollaps des Versorgers und Energiehändlers Enron von Investoren gemieden wurde, kommt nicht von ungefähr.
Gesetzesbarrikade ade
Derzeit wird im US-Senat über ein neues Energiegesetz beraten, das bereits das Repräsentantenhaus passiert hat. Der Entwurf sieht die Aufhebung eines Gesetzes von 1935 vor, das Fusionen und Übernahmen im Energieversorgungssektor massiv einschränkt. Die Public Utility Holding Company Act (Puhca), zum Schutz der Konsumenten vor Monopolisten errichtet, erwies sich erst Anfang Monat als Stolperstein für eine Fusion zwischen American Electric Power und Central & South West Corp. Obwohl die US-Börsenaufsicht SEC, der die Umsetzung des Gesetzes obliegt, im Jahr 2000 die Transaktion absegnete, entschied ein Richter nun, dass die Genehmigung mit Puhca nicht konform sei.
Ist Puhca einmal vom Tisch - danach sieht es derzeit auch im Senat aus -, stehen die Chancen gut, dass die Übernahme von PacifiCorp durch MidAmerican abgeschlossen werden kann, ebenso wie die 13-Milliarden-Dollar-Transaktion zwischen Exelon und Public Service Enterprise Group (PSEG) und die 9-Milliarden-Dollar-Fusion zwischen Duke Energy und Cinergy.
Das neue Energiegesetz tritt voraussichtlich noch in Kraft, bevor die Deals abgeschlossen sind. Der Grund ist der Spiessrutenlauf um Genehmigungen im auch ohne Puhca dichten Regulierungsdschungel für Amerikas Versorgungsunternehmen, der in der Regel etwa zwölf Monate dauert. Duke und Cinergy benötigen beispielsweise die Zustimmung von neun Behörden.
Unterschiedliche Gewinnquelle
Die Profitabilität der Stromversorger wird in der Regel durch bundesstaatliche Regulatoren begrenzt. Ein Unternehmen kann dabei privaten Konsumenten Preise verrechnen, die Kosten für Infrastruktur, Unterhalt und anderes decken. Der Gewinn wird jedoch vielerorts etwa um die 10-Prozent-Marke gekappt, was in der Vergangenheit zu Zurückhaltung bei Infrastrukturinvestitionen und im Kapazitätsausbau führte.
Über die Zeit sind die Strompreise daher nur langsam gestiegen von durchschnittlich 6,44 Cent je kWh im Jahr 1985 auf 7,57 Cent im Jahr 2004. Nicht oder nur teilweise reguliert sind demgegenüber der Grosshandel von Elektrizität sowie die Belieferung der Industrie und anderer Unternehmen. US-Versorger können daher in regulierten und nichtregulierten Bereichen tätig sein, als Betreiber von Gasleitungen oder so genannten Merchant-Kraftwerken, die Strom erzeugen und diesen ausschliesslich im Grosshandel verkaufen. Die verschiedenen Elemente lassen sich ebenso kombinieren wie die Energiequellen für die Stromerzeugung, was zu unterschiedlicher Preissensitivität gegenüber Rohstoffpreisen führt.
Die Rentabilität ist durch die Preisregulierung im Geschäft mit den privaten Konsumenten eine relativ sichere Sache, während im nichtregulierten Bereich Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Die einsetzende Konsolidierung des stark fragmentierten Sektors bietet die Möglichkeit, das Ergebnis durch die Anzahl erreichbarer Kunden und die Nutzung von Synergien zu verbessern. Exelon rechnet beispielsweise mit Einsparungen von 400 Mio Dollar jährlich durch die Zusammenlegung mit PSEG, allerdings wird durch die Preisregulierung ein Teil dieser Einsparungen nicht den Investoren, sondern den Konsumenten zugute kommen. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerb zu, wie sich gemäss einer Studie von Merrill Lynch in Texas zeigt. Der Marktanteil von Platzhirsch TXU sank demnach um 6 Prozentpunkte auf 79%, als Konsumenten nach Medienberichten realisierten, dass der Wechsel zu einem billigeren Stromversorger relativ einfach ist.
Rosig, aber teuer
Die Konsolidierung wird auch für branchenfremde Investoren interessant, die auf viel Geld sitzen und dieses auch längerfristig - Buffetts Horizont liegt bei 10 und 20 Jahren - im kapitalintensiven Sektor unterbringen können, derweil für Akteure im vornehmlich regulierten Bereich relativ sichere Gewinne winken. Die Erwartungen für den Sektor insgesamt sind zudem positiv. Gemäss Thomson Financial wird heuer ein Anstieg um 12% und im nächsten Jahr um 10% erwartet, nachdem das Gewinnwachstum 2004 stagnierte und im Vorjahr gar rückläufig war.
Das freundlichere Umfeld hat aber bereits Spuren in den Aktien der kotierten Energieunternehmen hinterlassen. Im Jahr 2004 legte der Dow-Jones-Utility-Index um 25% zu und um weitere fast 9% seit Jahresbeginn. Zum Vergleich: Der S&P-500-Index stieg im vergangenen Jahr um 9% und seit Jahresbeginn hat er 1,3% verloren.
Energie: Woher Amerika seinen Strom nimmt
Um durchschnittlich 1,9% soll der Elektrizitätsverbrauch in Amerika jährlich steigen und bis 2025 5220 Milliarden kWh betragen. Der Bedarf wird zu 51% aus Kohlekraftwerken gedeckt, etwa ein Fünftel stammt von Atomkraftwerken.
Die Quelle mit dem grössten Wachstum sind mit Erdgas betriebene Kraftwerke, deren Anteil inzwischen mit den Atomkraftwerken gleichgezogen hat. Die Energy Information Administration, eine Einheit des US-Energieministeriums (DoE), geht davon aus, dass rund zwei Drittel der zusätzlichen Produktionskapazitäten in den nächsten 20 Jahren aus mit Erdgas betriebenen Kraftwerken stammen werden. Dadurch soll der Anteil dieses Energieträgers am Elektrizitätsangebot auf einen Viertel steigen. Erneuerbare Energien decken derzeit etwa 6% des gesamten US-Energieverbrauchs, wobei 45% davon aus Wasserkraft stammen. Etwa 10% des Strombedarfs werden aus Wasserkraft gedeckt.
Im DoE wird aber auch daran gearbeitet, die Zukunft der Kohle und ihren Anteil am US-Stromangebot zu sichern, dies etwa über eine effizientere, aber auch sauberere Nutzung. 90% der US-Kohleproduktion gehen an die Elektrizitätswerke. (sj)