Was ein miserabler Start ins Jahr: Noch nicht einmal vier Monate sind vergangen, und schon schreiben Analysten 2016 für die globalen Grossbanken ab. Viele Branchenexperten rechnen damit, dass die US-Institute – in Sachen Profit sonst eine eigene Liga – die ersten drei Monate als schlechtestes Quartal seit der Finanzkrise abbuchen müssen. Europäischen Rivalen wie der Deutschen Bank oder Credit Suisse dürfte es kaum besser ergangen sein.

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Schuld ist vor allem das schwache Anleihengeschäft. Aber auch andere wichtige Bereiche im Investmentbanking wie etwa die Beratung bei Fusionen und Übernahmen oder der Handel mit Kreditverbriefungen mussten Federn lassen. Jerry Braakman, Anlagechef beim Vermögensverwalter First American Trust, hält mit seinem Frust nicht hinterm Berg: «Das erste Quartal wird hässlich und wir gehen nicht unbedingt davon aus, dass das in der zweiten Jahreshälfte wieder aufgeholt wird.»

Bis zu einem Fünftel weniger Gewinn

Kein Quartal des Geschäftsjahres ist für Investmentbanken so wichtig wie das erste: Profi-Anleger schichten dann Milliarden um, Unternehmen platzieren Bonds. Doch in diesem Jahr vermiesten die rekordtiefen Zinsen, Angst vor einer Konjunkturabkühlung in China und den USA sowie der Einbruch des Ölpreises das Geschäft. «Das waren im Bankensektor die beiden schlechtesten Anfangsmonate eines Jahres, die ich persönlich erlebt habe», sagt Deutsche-Bank-Finanzvorstand Marcus Schenck. «Das hat natürlich auch bei uns seine Spuren hinterlassen.»

Bei den sechs grössten US-Banken, die ab dieser Woche ihre Quartalszahlen vorlegen, dürfte das nicht anders sein. Bei ihnen erwarten Analysten nach Daten von Thomson Reuters im Schnitt einen Gewinnrückgang von 20 Prozent. Mehrere Institute, darunter Goldman Sachs, dürften sogar die schlechtesten Ergebnisse seit mehr als zehn Jahren vorlegen. Goldman veröffentlicht am Dienstag kommender Woche als letzte der grossen US-Geldhäuser seine Zwischenbilanz.

Schlechte Nachrichten für alle Bereiche

Den Auftakt der US-Berichtssaison macht am Mittwoch JP Morgan. Nach dem grössten US-Institut folgen Bank of America, Wells Fargo, Citigroup und Morgan Stanley Schlag auf Schlag. Besonders schlecht dürfte es im Anleihengeschäft gelaufen sein, die Emission und der Handel von Unternehmensanleihen ging nach Einschätzung von Analysten das vierte Jahr nacheinander zurück.

Der Handel mit notleidenden Krediten und Kreditverbriefungen befand sich im freien Fall. Auch das Geschäft mit Staatsanleihen und Aktien lief mau. Die Gebühreneinnahmen für die Fusionsberatung sowie Aktien- und Anleihenplatzierungen brachen laut Thomson-Reuters-Daten im ersten Quartal weltweit um fast 30 Prozent auf 15,6 Milliarden Dollar ein.

Umbauen in schwierigem Umfeld

Auch das stabilere Vermögensverwaltungsgeschäft, das für die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse von grosser Bedeutung ist, schwächelt seit Monaten. Wegen den Ausschläge an den Finanzmärkten halten viele reiche Kunden die Füsse still – das drückt die Einnahmen der Geldhäuser. Für die Credit Suisse und die Deutsche Bank kommt erschwerend hinzu, dass beide massiv umbauen müssen. «Deutsche Bank und Credit Suisse machen das in einem sehr schwierigen Markt», sagt UBS-Investmentbanking-Chef Andrea Orcel. Als sein Haus 2012 mit dem Umbau startete, sah das Umfeld noch viel günstiger aus.

Der neue Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam hat bereits im März gewarnt, dass Abschreibungen im Anleihegeschäft und die Finanzmarkt-Turbulenzen dem Zürcher Institut im ersten Quartal einen Verlust eingebrockt haben. Die Veröffentlichung des Quartalsabschlusses verschob die Bank auf den 10. Mai.

Schwere Hypothek für Rest des Jahres

Die Deutsche Bank, die am 28. April an der Reihe ist, hat ihre Aktionäre schon Anfang des Jahres auf zwei weitere Krisenjahre eingestimmt. Seitdem hat sich die Lage kaum gebessert. «Das Umfeld ist sehr dynamisch, leider lief die Dynamik in die falsche Richtung», räumt Aufsichtsratschef Paul Achleitner ein. «Der Wind kann sich aber ebenso schnell wieder drehen.» Analysten halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass die Grossbanken mit der Hypothek aus dem ersten Quartal starke Bilanzen für das gesamte Jahr 2016 abliefern werden.

Aus vielen Ecken weht Gegenwind: «Die Regulierung zwingt die Banken, weniger Risiken einzugehen», bringt Safra Sarasin-Analyst Javier Lodeiro das aus Sicht vieler Banker grösste Problem der Branche auf den Punkt. Strengere Regulierung gleich weniger Profit, so lautet meist die Begründung, wenn es darum geht, niedrigere Erträge zu erklären. Doch ganz hoffnungslos ist die Lage nach Ansicht Lodeiros nicht: mittelfristig sei es möglich, dass viele Institute die Gewinne der vergangenen zwei oder drei Jahre wieder erreichen können. Allerdings gilt auch: «Die Boom-Jahre vor der Finanzkrise werden nicht zurückkommen.»

(reuters/jfr)