Das Ritual wiederholt sich Tag für Tag: In seiner Wohnung in Zollikerberg hängt ein Bild, das sich André Bossert jeden Tag anschaut. Darauf sieht er sich und seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Bettina Schaller vor dem Old Course Hotel am berühmten 17. Loch, dem «Road Hole», in St. Andrews. Das Foto entstand vor nunmehr zehn Jahren, kurz nachdem Bossert in Ladybank, in der Nähe von St. Andrews, die Qualifikation für das Open um drei Schläge verpasst hatte. Bossert: «Das Bild symbolisiert für mich bis heute das British Open. Es war für mich schon immer ein Traum, das British Open in St. Andrews zu spielen.»

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Besonders das «Millennium-Open 2000», von Tiger Woods in grossartiger Manier gewonnen, hätte für Bossert in der Wiege des Golfsports an der schottischen Ostküste ein Höhepunkt der Karriere werden sollen. Es war das Jahr, in dem er sein Comeback gab, nachdem ihn gravierende Rückenprobleme für rund zweieinhalb Jahre ausser Gefecht gesetzt hatten. Auf der Open-Qualifikation glückten Bossert Runden von 70 und 71 Schlägen eine gute Leistung, aber es waren zwei Schläge zuviel.

Die Startberechtigung für 2005 in Südafrika geholt

Das wiederum für St. Andrews angedachte 134. British Open 2005 fasste Bossert, im reiferen Golferalter von 41 Jahren angelangt, mit nicht weniger Entschlossenheit ins Auge. Der Run der Profis auf The Open Golf Championship, wie der traditionsreiche Anlass offiziell heisst, war an den Qualifikationen in Grossbritannien mittlerweile so gross geworden, dass es opportun schien, eine «Welt-Qualifikation» einzuführen, vier auf die übrigen Kontinente verteilte Turniere.

Ein solches Turnier wurde auf Mitte Januar in Kapstadt angesetzt, in Bosserts zweiter Heimat Südafrika. Als er sich erkundigte, wie viele Spieler angemeldet seien, staunte er nicht schlecht: Weniger als 50. Bossert beschloss teilzunehmen, auch wenn nur gerade drei Open-Startplätze vergeben wurden. Dadurch würde für ihn zudem im Juli, in der Qualifikationszeit in Europa, ein Wochenende für ein «normales» Turnier frei werden.

Der Plan gedieh zum Coup: Einen Schlag hinter dem renommierten Südafrikaner David Frost wurde Bossert Zweiter, im Dreier-Stechen um die zwei verbleibenden Plätze setzte er sich schon am 1. Loch bei heftigem Gegenwind mit einem Par durch.

Erinnerung an aufmunternde Worte von Gary Player

«British Open, das ist phantastisch», schwärmt Bossert. Die Erinnerungen lässt er ins Jahr 1994 zurückschweifen, in jenes Jahr, in dem er sich als erster und bislang letzter Schweizer Golfer der neueren Zeit für das älteste Turnier qualifiziert hatte. Turnberry, einer der fünf zyklisch zum Zug kommenden schottischen Plätze der «Open Rota», war der Austragungsort. «Ich vergesse nie den Moment, als ich in Turnberry ankam», erinnert sich Bossert. «Gary Player, Tom Watson und Jack Nicklaus standen gemeinsam auf dem Putting Green.» Player, Watson, Nicklaus drei der legendärsten Golfer überhaupt, insgesamt 35 Major-Titel auf sich vereinend. «Gary Player kam auf mich zu», erinnert sich Bossert. «Als Südafrikaner kannte er mich. Er gratulierte mir zur Qualifikation und sagte mir ein paar ermutigende Worte.» Bossert wird zeitlebens daran denken. Es sind die Momente, für die ein Golfer lebt. Dass er hierauf in Turnberry um drei Schläge am Cut scheiterte, ist heute kaum noch ärgerlich.

Wer nun vermutet, das British Open vom 14. bis 17. Juli 2005 in St. Andrews könnte der Höhe- und zugleich der Schlusspunkt in der Karriere des André Bossert werden, täuscht sich. Der Sieger des Cannes Open 1995, mithin bis heute der einzige Schweizer Sieger auf der PGA European Tour, denkt noch keineswegs ans Aufhören. Vielmehr spricht er mit Begeisterung und Optimismus davon, dass er heuer erstmals in seiner Karriere eine Saison auf zwei ganz bestimmte Perioden hin ausrichten werde. Phase 1 ist ebendieser Juli mit dem British Open, Phase 2 ist der November, in dem die sechstägige Qualifikation für die Europa-Tour 2006 ansteht. Im Juli wie im November will er die bestmögliche körperliche Fitness erreicht haben.