Der Mann im spartanisch möblierten Sitzungssaal ist das personifizierte Selbstbewusstsein. Beredt, zackig, schnörkellos kommen seine Antworten. Ein Quentchen Trotz schwingt dennoch mit, als er gleich zu Beginn des Gesprächs zu verstehen gibt, «nichts Anrüchiges dabei zu finden, für eine Facility-Firma zu arbeiten». André Nauer ist 37 Jahre alt, Vater dreier Kinder und seit einem Jahr Chef des grössten Facility-Services-Anbieters der Schweiz: Der ISS (Integrated Service Solutions) mit Hauptsitz in Dietikon bei Zürich.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Was, du arbeitest in einem Putzinstitut?», hiess es im Freundeskreis, als er 1998 als Regional Manager zur ISS ging. Er schüttelt den Kopf. Die Leute haben keine Ahnung. Hätten sie nämlich eine, würden sie schweigen oder ihm auf den Rücken klopfen. Denn ISS, mit Hauptsitz im dänischen Kopenhagen, ist weltweit der Marktleader im Facility Business, 265000 Mitarbeitende erwirtschafteten 2003 in 37 Ländern einen Umsatz von 7,5 Mrd Fr. Wenn das mal nicht beeindruckend ist.

Nicht einfach einReinigungsunternehmen

Vielleicht lasse sich das schlechte Image auch dadurch erklären, sinniert Nauer, dass man sich in der Schweiz unter Facility Services wenig vorstellen könne. Da Facility auf Deutsch «Einrichtungen, Anlagen» bedeutet, sind Facility Services nichts anderes als Dienste rund um den Bau. Wer allerdings an das traditionelle Reinigungsinstitut denkt, liegt bei ISS daneben. Denn Reinigen ist nur einer der Dienste, die das Unternehmen anbietet. Dazu kommen Hauswartung, Gartenunterhalt, Schädlingsbekämpfung, Rezeptionsdienste, interne Postdienste, technischer Unterhalt, Umzugs-Management, Kultursupport, Stadion-Management, Abfallentsorgung... eine endlose Reihe. Angebote, die vor allem für den Unterhalt von Firmengebäuden wichtig sind.

In den USA, der Hochburg aller Dienstleister, ist es bei den Firmen schon lange Usus, die Gebäudepflege outzusourcen, ebenso in Skandinavien. In der Schweiz realisieren die Unternehmen erst langsam die Vorteile der externen Gebäudebetreuung. Noch nicht auf dem ISS-Schweiz-Menü steht das andernorts angebotene Catering.

Catering ist ein Thema, bei dem Nauer sichtlich aufblüht. Schliesslich ist dies das ureigenste Fachgebiet des ausgebildeten Hoteliers. Der CEO absolvierte die Hotelfachschule Luzern und arbeitete 14 Jahre lang in Hotels und Restaurants, von der Pike auf. Und das mit Begeisterung. Das Gejammer über unattraktive Arbeitszeiten und zu wenig Lohn in dieser Branche kann er nicht nachvollziehen, «ich habe von der Stage ab bis hin zur Kaderposition immer so viel verdient, wie ich dachte, ich sei es wert».

Geblieben ist das Verständnis für die Bedürfnisse sowohl der Angestellten von ISS als auch der Kunden. «Auch in der Hotellerie arbeitet man zu unüblichen Zeiten.» Dennoch ist Nauer, eine korrekt businessmässig gekleidete Erscheinung mit hoher Stirn, alles andere als der kumpelhafte Typ Ex-Beizer. Bemüht um eine klare, unmissverständliche Kommunikation, sind seine Ausführungen genauso sachlich wie die Räumlichkeiten, in denen sie kommuniziert werden. Das ISS-Hauptquartier im Industriegebiet von Dietikon vermittelt eine helle und moderne, aber trotzdem auffällig nüchtern gehaltene Atmosphäre. Geld, so scheint es, wird hier nicht in aufwendige Bürogestaltung, sondern in die Mitarbeiter investiert.

Personalabteilung eingeführt

Mitarbeiterschulungen ein weiteres Lieblingskind des Chefs. Ein Betrieb, der Dienstleistungen anbietet, das hat er erkannt, ist immer nur so gut wie seine Angestellten. Natürlich bringen einige der Mitarbeiter bereits eine fertige Berufsausbildung mit, etwa in einem handwerklichen oder technischen Beruf, aber für die branchenspezifischen Fertigkeiten braucht es eigene Schulungen. Und die werden bei der ISS in hohem Masse angeboten: «Im Mitarbeitertraining sind wir absolute Spitze», sagt Nauer euphorisch. Man spürt regelrecht, dass dem Chef viel daran liegt, das Personal zu fördern, wo immer es geht. Eine seiner ersten Amtshandlungen etwa war das Installieren einer zuvor nicht existierenden Personalabteilung.

Die ISS will er damit zum Musterknaben der Branche trimmen. Er will die Arbeitsbedingungen verbessern, Vollzeitstellen schaffen und last but not least er arbeitet an der Vision, einen Gesamtarbeitsvertrag für die Facility-Services-Branche zu etablieren. Damit will er deren Stellenwert verbessern und natürlich auch jenen schwarzen Schafen im Reinigungsgewerbe das Handwerk legen, die mit miesen Arbeitsbedingungen das mitunter schlechte Image der Branche prägen.

«Viele arbeiten in einem Dunstkreis von Mindestlöhnen oder noch tieferen Konditionen», sagt er, «ISS kämpft seit Jahren gegen diesen Umstand.» Die ISS zahle seit Jahren den Mutterschaftsurlaub, was er persönlich unterstütze, obwohl man in dieser Branche traditionell einen hohen Frauenanteil habe. Überhaupt, mit motivierten, gerne arbeitenden Mitarbeitenden, davon ist er überzeugt, lasse sich dann auch die notwendige Wertschöpfung erzielen. Will heissen: Geld verdienen. Die ISS Holding AG, in der Schweiz 1967 gegründet, hat mit 8000 Mitarbeitenden 2003 einen Umsatz von 235 Mio Franken generiert. 2004 erwartet der CEO zwar eine Steigerung des Betriebsergebnisses. Das ist ihm indes nicht genug. Sein Ziel lautet: 400 Mio Fr. Umsatz. Auch hier nimmt Nauer kein Blatt vor den Mund, «natürlich sind wir resultatorientiert». Zudem sei es ja auch für die Mitarbeiter ein gutes Gefühl, Teil eines prosperierenden Unternehmens zu sein. Das schenkt die Sicherheit, den Arbeitsplatz behalten zu können.

Respekt vor den Menschen

Da ist er wieder der soziale Gedanke. Nauer, Sohn eines Dermatologen, hat im Elternhaus gelernt, dass man Respekt vor den Menschen haben muss, «wenn man weiterkommen will». Auch wenn ihm schon früh klar war, dass er «zum Arzt nicht getaugt hätte». Was er als Kind in der Lehrbuchsammlung der Eltern an Fotos von Kranken erblickte, war abschreckend genug. André träumte eher davon, via Gastronomie möglichst viel von der Welt zu sehen.

Viel daraus geworden ist dann doch nicht. Er lacht. Mit der Hotelgruppe Peninsula stand er in Verhandlungen, und dann hat «mich immer wieder etwas aufgehalten, die Arbeit oder die Liebe». Letztere, Annina, hat er geheiratet. Das Paar lebt mit Tochter und zwei Söhnen in Muhen im Kanton Aargau. Die Kinder sollten unbeschwert auf dem Lande aufwachsen können.

Sein privates Zeitmanagement hat er strikt eingeteilt, geht so wenige sonstige Verpflichtungen ein wie möglich. Samstag und Sonntag gehören der Familie. Nur am Freitagabend zieht es ihn nach wie vor auf den Fussballplatz sofern es sein Terminkalender zulässt. Und er kocht gelernt ist gelernt nach wie vor sehr gerne. Auch für Freunde, «das ist sowohl kreativ als auch entspannend».

Was er anpackt, nimmt André Nauer ernst. Er ist streng zu sich selbst, will hier wie da Vorbild sein. «Dazu gehört natürlich mehr, als frühmorgens der Erste im Büro zu sein und abends der Letzte.» Eigenverantwortung zu übernehmen, das will er seinen Mitarbeitern signalisieren. Dafür gibt er ihnen Handlungsspielraum. «Das bringt Spass», meint er. Menschen, die Freude an ihrer Arbeit haben, das weiss der CEO, verrichten diese auch besser. Nach einem Jahr hat Nauer nun das Gefühl, dass sein Team leistungsorientiert und engagiert die gesteckten Ziele verfolgt. Die 2004 erreichten Erfolge zeigen ihm, dass er auf dem richtigen Weg ist.



Profil

Name: André Nauer

Funktion: CEO ISS-Gruppe Schweiz

Geburtsdatum: 5. November 1966

Wohnort: Muhen AG

Familie: Verheiratet, drei Kinder

Karriere:

1994-1997 Bahnhof-Buffet Zürich Abteilungsleiter Party Service

1997-1998 SV Service Zürich, stv. General Manager

1998-2001 Regional Manager Mitte, ISS Hospital Services AG

2001-2003 General Manager ISS COMMultiservice AG, Dietikon

Seit 1.12.2003 CEO ISS Holding AG

Firma:

ISS Holding AG ist das führende Facility-Services-Unternehmen der Schweiz und eine Tochter der weltweit marktführenden ISS-Gruppe mit Hauptsitz in Kopenhagen. In der Schweiz beschäftigt ISS 8000 Mitarbeitende, hat 20 Niederlassungen und einen Umsatz 2003 von 235 Mio Fr. Der umfasst Dienstleistungen für Gebäude, Anlagen und Infrastruktur wie Reinigung, Hauswartung, Gartenunterhalt, Schädlingsbekämpfung, Rezeptions- und interne Postdienste, technischer Unterhalt, Umzugs-Management, Kultursupport, Stadion-Management, Abfallentsorgung sowie auch Kanal- und Tunnelreinigung.