Es war ein undankbarer Zeitpunkt, als Andreas Affentranger im Jahr 1995 seinen Job als CEO des Spirituosenherstellers Diwisa in Willisau antrat. Er musste sein majestätisches Leben mit seiner Frau im Château du Breuil in der Normandie aufgeben. Im neuen Job erwartete ihn ein verschärftes Wettbewerbsklima.

1999 stand die Liberalisierung im Spirituosenmarkt bevor. Das veränderte Konsumverhalten und die Konzentrationsprozesse im Detailhandel das Verschwinden von ABM, EPA, Waro und Pick Pay machen den Spirituosenmarkt schwierig. Nun sind einige Spirituosenhersteller verschwunden. Doch die Diwisa konnte den Umsatz Jahr für Jahr erhöhen.

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Die gefährliche Generation

Andreas Affentranger führt das 1918 gegründete Familienunternehmen in der dritten Generation «in der gefährlichen», wie er sagt. Sein Vater starb bei einem Autounfall, als er sieben Jahre alt war. Darauf führten seine Mutter und ein Onkel das Unternehmen über 30 Jahre.

Andreas Affentranger war ein Jahr lang Assistent seines Onkels, danach war der Onkel ebenso lange sein Assistent. «Ein fliessender Übergang», sagt Affentranger. Harmonisch seien auch die Nachfolgeregelungen gelaufen. Im Jahr 2005 hat Affentranger das Aktienpaket seiner Mutter erhalten, jetzt ist er Alleininhaber und Verwaltungsrat der gesamten Holding. Die zukünftigen Erbanteile der Schwestern sind geregelt.

Unabhängiger Entscheider

Vor zwei Jahren hat Andreas Affentranger seine Funktion als CEO an René Gut delegiert, um sich jetzt in erster Linie um den Aufbau des Exportes von Xellent Vodka und um die Strategie zu kümmern sonst wäre die Last zu gross, und folglich das Risiko. Bei der Strategie steht der Auf- und Ausbau von Markenartikeln im In- und Ausland im Zentrum.

Er sei «ein interner Unternehmensberater» oder «ein Springer» Positionen, die ihm gefallen. Es erweise sich dabei von Vorteil im schnellen Getränkemarkt, dass er nicht einen externen Verwaltungsrat fünfmal anfragen müsse bei wichtigen Entscheiden. «Einem Externen müsste ich diesen speziellen Markt immer wieder erklären.» Auch Innovationen werden intern entwickelt. «Wenn wir, die den Markt kennen, keine Innovationen entwickeln können, wer dann?», sagt er.

Stolz ist er auf seinen Xellent Vodka, der nicht in den Weiten Russlands, sondern von Kleinbauern um Willisau aus Roggen gebrannt und mit Gletscherwasser vom Titlis verdünnt wird. «Wir hätten noch viel Potenzial in der Schweiz, können es aber nicht entfalten, weil unser Markt nach wie vor sehr geschützt ist.»

In 18 Ländern werden pro Jahr 120000 Flaschen Xellent verkauft. Affentranger besucht seine Importeure oft. Wenn er mit ihnen auf die Gasse geht, erfährt er viel über dortige Konsumgewohnheiten. Oder er realisiert, dass noch Potenzial vorhanden ist beispielsweise für eine Magnum- und eine Miniflasche, die beide demnächst lanciert werden.

Eines erträgt er nicht: Bürokratie. Bei Problemen gehe man direkt aufeinander zu. Die Prozesse sollen direkt und interaktiv ablaufen. Seine Türe sei immer offen. «Wir haben keinen Sitzungskalender, sondern setzen uns gegenseitig Termine.»

Weil der Marktaufbau von Xellent hohe Kosten verursacht, hat Affentranger eine eigenständige Firma, die Xellent SA, gegründet «meine One-Man-Show», wie er sagt. Dank dieser Firma sind die Kosten sauber getrennt. Schliesslich will er nicht mit Xellent immer wieder ins Budget des Diwisa-CEO pfuschen. Diwisa sei Diwisa, Xellent sei Xellent.

Andreas Affentranger plant auch Innovationen im Bereich der traditionellen Fruchtbrände. Dass dieser Markt sehr schwierig ist, führt er nicht nur auf die wegsterbende Schnapsgeneration zurück, sondern auf den fehlenden Sexappeal. Es sei eine verpasste Chance, dass in manchen Hotels in Schweizer Skiorten über dreissig verschiedene Single-Malt-Whiskys, aber keine drei Fruchtbrände erhältlich sind. Er habe weitere Innovationskonzepte in der Schublade, könne diese aber nicht alle realisieren, weil sich die Firma sonst überlaste.

Als seine Stärke bezeichnet Affentranger sein analytisches Denken. Schliesslich habe er ein sehr gutes Verhältnis zum CEO, dies sei wichtig, denn aus eigener Erfahrung weiss er, dass ein CEO oftmals sehr einsam ist mit seinen Entscheidungen. «Wir zwei sind in keiner Konkurrenzsituation», sagt Affentranger, keiner wolle den Job des anderen gute Voraussetzungen für eine konstruktive Zusammenarbeit.

Und seine Schwächen? «Aus allen Stärken können je nach Situation Schwächen werden. Oftmals mische ich mich zu sehr ins operative Geschehen ein.» Kürzlich sei er in eine Sitzung gegangen mit dem Vorsatz, nur zuzuhören. Dies klappte selbstverständlich nicht. Nach zehn Minuten mischte er sich ein.

Kritik, bitte!

Wichtig sei, den Leuten Verantwortung zu geben. Die Lehrtochter im dritten Lehrjahr betreut bereits ein eigenes Produkt. Dies setze Energien frei. Im Konfliktfall sei er sehr direkt. Bei grösseren Konflikten tendiert er dazu, ruhig zu bleiben und die Situation rational zu betrachten. Bei persönlichen Konflikten sucht er die sachliche Diskussion. Er will nicht Opportunisten um sich haben, sondern Leute, die auch mal Widerstand leisten.

Er sagt, er habe an einer Sitzung auch schon auf den Tisch gehauen und gesagt, dass man ihn nun kritisieren solle. Wenn es dann aber hart auf hart geht, dann ist und bleibt er der Boss. «Obwohl ich viel Freiheiten lasse, gibt es auch Momente, in denen ich die Richtung klar vorgebe. Irgendwann ist genug diskutiert.»

Über die Nachfolgeregelungen hatte er sich noch nicht allzu konkrete Gedanken gemacht, bis ihn einst sein Finanzchef nach einem Thema für die Diplomarbeit einer Weiterbildung fragte. Affentranger schlug seine Nachfolgeregelung vor. Schliesslich muss man sich in einem KMU genug früh Gedanken darüber machen.

In jener Diplomarbeit ist ein Management Buyout als Option aufgetaucht. Doch daran hat Affentranger wenig Interesse. «Ein MBO müsste ich ja jetzt machen, weil das aktuelle Management zwischen 45 und 50 Jahre alt ist.» Sind die Manager zu alt, dann muss eine neue Generation aufgebaut werden. Affentranger hat keine Kinder, seine Schwester aber hat zwei Söhne, was eine weitere Nachfolgeoption wäre.

Doch Affentranger denkt nicht an einen Rücktritt. Wieso denn auch? Er ist 47 Jahre alt und voll im Schuss. «Jetzt baue ich noch den Export weiter aus, und wenn das einmal läuft, dann werde ich jemanden für diesen Bereich einsetzen, um mich neuen Aufgaben zuzuwenden. Ich habe genügend Ideen, die ich gerne realisieren möchte.»

Zur Person

Andreas Affentranger, 1958, studierte zuerst Mikrobiologie, danach Nationalökonomie. Er steht als Alleininhaber über der gesamten Diwisa Holding, zu der die Diwisa, das Château du Breuil und die Xellent SA gehören. Ingesamt beschäftigt er 110 Leute. 35% des Umsatzes von 135 Mio Fr. werden mit selbstgebrannten Spirituosen gemacht, der Rest mit dem Handel von Markenartikeln.

Andreas Affentrangers

Führungsprinzipien

1. Freiheit: Freiraum für eigene Wege geben.

2. Gesprächskultur: Ich bin Gesprächspartner und meine Türe ist immer offen.

3. Hartnäckigkeit: Ich kann sehr hartnäckig sein, wenn ich von einer Lösung überzeugt bin.

4.KISS: Keep it simple and stupid.