Im Frühjahr 2004 verlässt Christoph Franz die Deutsche Bahn und wird Chef der Swiss. An einer rauschenden Feier in Berlin nehmen seine Bahnkollegen von ihm Abschied. Sie feiern ihren Franz mit Ovationen, Tränen fliessen. Ende 2006 verlässt der Geschäftsführer von DB Stadtverkehr, Andreas Meyer, die Bahn und wird neuer CEO der SBB. Kein Applaus, keine Tränen – nur ein leises Aufatmen bei seinen Mitarbeitern.
Meyer ist ehrgeizig und zielstrebig. Er stellt hohe Ansprüche an sich selbst, seinen Mitarbeitern verlangt er alles ab. Sitzungen um 7 oder um 21 Uhr, 16-Stunden-Arbeitstage und ständige Kontrollen sind bei Meyer an der Tagesordnung. Vielen Managern seines Bereichs passt dieser Führungsstil nicht. «Immer wieder haben Kaderleute seinetwegen gekündigt», sagt ein Bahnmitarbeiter. Davon lässt sich Meyer nicht beirren, hat er doch einen wichtigen Verbündeten auf seiner Seite: Hartmut Mehdorn, CEO der Deutschen Bahn. Die beiden haben die gleiche Wellenlänge. Bei den Zielen für die Bahn sind sie sich stets einig. Viele Kollegen Meyers hatten daher erwartet, dass der Schweizer eines Tages Nachfolger Mehdorns würde.
Meyer liebt den Wettbewerb. Am Morgen vor der Arbeit misst er sich mit Kollegen beim Laufen. Bei Betriebsfeiern stehen Wettspiele auf dem Programm. Anerkennung gibt es nur für Topleistungen. Gleichzeitig schätzt man bei der Bahn Meyers offene Art. Gerüchte lässt er nie aufkommen. Der Jurist setzt auf Kommunikation. Typisch für den 45-Jährigen, dass er schon am Tag seiner Wahl zum neuen SBB-Chef mit Paul Blumenthal spricht. Der Chef des Personenverkehrs galt als Favorit für die Nachfolge Benedikt Weibels. «Er hat professionell reagiert und mir seine Unterstützung zugesagt», erklärt Meyer wie aus dem Managementhandbuch. An seiner Gangart haben sich in Deutschland einige Bähnler die Zähne ausgebissen. Bei der SBB wird man sich noch daran gewöhnen müssen. BK