Frau Fetz, die Bundesbetriebe haben bis Ende 2020 Zeit, um die Geschlechterquote von 30 Prozent umzusetzen. Wie beurteilen Sie den Zeitplan: als ambitiös oder anspruchslos?

Anita Fetz: Beides. Es gibt Betriebe, die relativ einfach Frauen finden werden für ihre Leitungsorgane. Andere werden es schwerer haben. Die Verwaltungsräte sollten deshalb schon jetzt mit der Suche anfangen.

Wo sollen denn auf einmal all die Frauen herkommen?

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Es gibt viele qualifizierte Frauen, aber man kennt sie nicht. Die Unternehmen sollten deshalb die Mandate mit knappem Anforderungsprofil auch ausschreiben, um den Radius der potenziellen Kandidatinnen zu erweitern. Insbesondere in den Netzwerken der Wirtschaftsfrauenorganisationen. Je mehr Frauen wissen, dass sie gesucht werden, desto grösser und besser wird die Auswahl für die Unternehmen.

Offenbar fragt man lieber zuerst diejenigen, die man kennt. Prominente Wirtschaftsfrauen werden derzeit mit Angeboten für Verwaltungsratsmandate eingedeckt.

Das ist ein gängiges Muster: Verwaltungsräte fragen einfach jene an, die sie schon kennen. Die Folge: In den Verwaltungsräten sitzen oftmals die immer gleichen Personen respektive Männer. Und wenn ich mir die diversen Unternehmensprobleme in der jüngeren Vergangenheit anschaue, dann muss ich sagen: Es waren und sind nicht immer die besten. Frauen müssen nicht die Fehler der Männer wiederholen. Aber die Frauen müssen auch nicht besser sein als die Männer.

Nicht alle Verwaltungsräte sind vom Quotenzwang des Bundesrates begeistert.

Dann müssen die Verwaltungsräte jetzt halt dazulernen. Es ist ein Fakt: Die Arbeit und die Resultate werden einfach besser, wenn Entscheidungsgremien aus Personen mit unterschiedlichen Fachqualifikationen, unterschiedlichen Eigenschaften und unterschiedlichen Biografien bestehen.

Besteht nicht das Risiko, dass die Betriebe 2020 von der Ausnahmenklausel Gebrauch machen und sagen, sie hätten keine qualifizierten Frauen gefunden?

Das darf nicht sein. Die Spielregeln sind klar. Halten die Organisationen die Vorgaben nicht ein, sollte dies für die amtierenden Verwaltungsräte Konsequenzen haben.

An was denken Sie?

Wird das Ziel nicht erreicht, muss der Bonus der amtierenden Verwaltungsräte gekürzt werden. Denn es ist wichtig, dass in den verschiedenen Leitungsorganen jeweils mehr als eine Frau drinsitzt. Denn ein Kulturwandel findet in einem Gremium erst statt, wenn eine kritische Masse erreicht wird. Eine einzelne Frau wird oft als Vertreterin ihres Geschlechts, als Symbol für eine Gruppe angesehen statt als individuelle Fachperson.