Apple bereitet offenbar unter Hochdruck seinen Einstieg in die nächste und damit fünfte Mobilfunkgeneration 5G vor. Der iPhone-Hersteller übernimmt von Intel die Mehrheit seiner auf Smartphone-Modems spezialisierten Chips-Sparte. Damit wechseln rund 2200 Mitarbeiter zu von Intel zu Apple, viele davon in Deutschland.
Für die nächsten iPhone-Modelle, die voraussichtlich im September vorgestellt werden, kommt die Übernahme jedoch zu spät. Nach Informationen aus Kreisen der Mobilfunker wird das nächste iPhone nicht 5G-fähig sein, sondern in den LTE-Netzen der vierten Mobilfunkgeneration 4G funken. Auch der renommierte Analyst Ming-Chi Kuo geht davon aus, dass Apple erst im kommenden Jahr mit einem 5G-iPhone kommen wird.
Verkauf der Modemsparte schon lange klar
Intel hatte den Verkauf der Modemsparte bereits Mitte April angekündigt – nur wenige Stunden, nachdem Apple und Qualcomm eine überraschende Einigung in einem jahrelangen Streit um Modempatente erzielt hatten. Teil der Einigung war, dass Apple über sechs Jahre lang Lizenzzahlungen an Qualcomm leistet und über mehrere Jahre Modems aus der Chipschmiede in San Diego bezieht.
Intel hatte daraufhin angekündigt, die Sparte aufgrund mangelnden wirtschaftlichen Erfolgs zu verkaufen. Er sehe keinen Weg, in dem Geschäft mit Mobilfunkmodems profitabel zu agieren, erklärte Intel-Chef Bob Swan.
Die Sparte gehörte früher Infineon
Intel hatte die Mobilfunk-Sparte für 1,4 Milliarden Dollar von Infineon übernommen und bereits 2015 diverse deutsche Standorte unter anderem im Ulm und Dresden geschlossen. Hauptsitz der Intel Mobile Communications (IMC) mit weltweit 3500 Mitarbeitern ist München-Neubiberg.
Laut externer Analysen hat Intel seit 2011 über 17 Milliarden Dollar in dem Mobilfunkgeschäft versenkt, aktuell macht IMC demnach über zwei Milliarden Dollar Verlust pro Jahr.
Apple fällt bei 5G zurück
Nachdem mit Apple auch noch der wichtigste Kunde abgesprungen war, sah Intel keine Zukunft mehr für die Entwicklung von Modemchips für Endgeräte. Anders steht es um das Geschäft mit 5G-Netzwerkinfrastruktur für das industrielle Internet der Dinge, das Intel weiterbetreiben will.
Apple sei dabei indirekt für den Ausstieg Intels aus dem Modemgeschäft verantwortlich gewesen, kommentierte Konzernchef Swan gegenüber dem «Wall Street Journal». Laut Swan habe er keine Zukunft mehr für die teure 5G-Forschung gesehen, nachdem sich Apple mit Qualcomm geeinigt hatte. Daraufhin habe er Entwicklung und Lieferung eines eigenen 5G-Modemchips, der für 2020 angekündigt war, abgesagt. Das entsprechende Entwicklungsprojekt wurde eingestellt.
Ob und wann Apple die 5G-Chipentwicklung in Deutschland wieder aufnehmen und das eingestellte Projekt für ein 5G-Modem wiederbeleben könnte, steht noch in den Sternen.
Intel besitzt viele Patente
Der Milliardendeal mit Intel umfasst auch ein Patentpaket – Intel hält mehr als 8000 Patente rund um Mobilfunkmodemtechnik, die teils selbst entwickelt, teils von Infineon übernommen wurden. Der Besitz dieser Patente könnte Apple kommende Verhandlungen über Lizenzen für Mobilfunkchips mit Qualcomm erleichtern. Ob und wann Apple die 5G-Chipentwicklung in Deutschland wieder aufnehmen und das eingestellte Projekt für ein 5G-Modem wiederbeleben könnte, steht noch in den Sternen.
Samsung und Huawei sind bei 5G weiter
Apple fällt in Sachen 5G mit seinem iPhone hinter mehrere Konkurrenten zurück. Sowohl Samsung als auch Huawei verkaufen bereits ihre ersten 5G-Smartphones. In Deutschland werden die Deutsche Telekom und Vodafone ihre Netze noch in diesem Jahr mit dem Mate 20 X 5G von Huawei und dem Galaxy S10 5G von Samsung starten. An dem Mobile World Congress im Februar in Barcelona hatten mehrere Hersteller ihre 5G-Geräte präsentiert.
Welche Folgen der späte 5G-Start für Apple hat, ist unklar. Die 5G-Netze befinden sich erst im Aufbau. In Deutschland sind 5G-Antennen nur an wenigen Punkten zu finden. Als erster Anbieter hat Vodafone mit 60 Antennen losgelegt. Die Telekom will ab Oktober folgen. Auch in den kommenden zwölf Monaten dürfte daraus kaum ein ernst zu nehmendes Netz werden.
In den USA sind die Mobilfunker etwas weiter, setzen hier aber auf sehr kurzwellige Frequenzen, die in Europa nicht für 5G genutzt werden. Das dürfte es für Smartphone-Hersteller noch einmal schwerer machen, ihre Geräte weltweit für den 5G-Standard einzuführen.
Apple zählt allerdings selten zu den technologischen Vorreitern. Das erste iPhone, das im Jahr 2007 eingeführt wurde, war noch nicht einmal in der Lage, in den damals schon verbreiteten 3G-Netzen zu funken. Nutzer mussten sich mit einem sehr langsamen mobilen Internet zufrieden geben, das über die Standards GPRS und Edge lief. Erst die nächste Generation war dann 3G-fähig. Dem Aufstieg des iPhones hat dies nicht geschadet.
Geld ist bei Apple reichlich vorhanden
Für Apple wäre ein Kaufpreis von einer Milliarde Dollar leicht zu stemmen. Nachdem der Konzern in den vergangenen Jahren hohe Summen über Dividenden und Aktienrückkäufe an die Investoren zurückgegeben hatte, stehen dem Konzern mit Stand Ende März etwa 113 Milliarden Dollar Bargeld zur Verfügung.
Bislang schreckte Apple vor grösseren Übernahmen zurück. Das Unternehmen kauft jährlich bis zu 20 kleinere Firmen, die sich leicht integrieren lassen. Die bislang grösste Übernahme war Beats Electronics, Apple zahlte dafür 2014 drei Milliarden Euro.
Dieser Text erschien zuerst bei der «Welt» unter dem Titel: «Dieser Deal soll den 5G-Makel des iPhones beheben».