Donald Trumps 125-prozentige Zölle auf in China produzierte Waren drohten, die Lieferketten ebenso ernsthaft zu beeinträchtigen wie die Covid-Krise vor fünf Jahren. Doch am Freitagabend sorgte der US-Präsident beim Technologiekonzern Apple für Erleichterung.

Trump nahm viele beliebte Produkte der Unterhaltungselektronik von den Zöllen aus. Dazu gehören iPhones, iPads, Macs, Apple Watches und AirTags. Ein weiterer Erfolg: Der 10-prozentige Zoll auf aus anderen Ländern importierte Waren wurde für diese Produkte abgeschafft.

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Ein neuer und niedrigerer sogenannter Sektorzoll könnte weiterhin auf Waren mit Halbleitern erhoben werden, und für Elektronik aus China gilt weiterhin ein Zoll von 20 Prozent. Am Wochenende kündigte Trump an, weiterhin Zölle auf Handys, Computer und beliebte Unterhaltungselektronik zu erheben. Er stellte die Ausnahmen als Verfahrensschritt im Rahmen einer umfassenderen Umstrukturierung des US-Handels dar.

Der Zeitpunkt für einen solchen Schritt ist jedoch noch ungewiss. Bis dato ist die überraschende Ausnahmeregelung ein Erfolg für Apple und die Elektronikbranche, die nach wie vor stark auf die Produktion in dem asiatischen Land angewiesen ist.

«Das ist eine grosse Erleichterung für Apple», sagte Evercore-ISI-Analyst Amit Daryanani am Samstag in einer Mitteilung. «Die Zölle hätten die Materialkosteninflation vorangetrieben.» Er erwartet, dass die Aktie am Montag wieder anziehen wird, nachdem sie in diesem Monat bereits um 11 Prozent gefallen war.

Apple wollte mehr iPhones in Indien herstellen

Vor der jüngsten Ausnahmeregelung hatte der iPhone-Hersteller einen Plan: Er wollte seine Lieferkette anpassen, um mehr iPhones für die USA in Indien zu produzieren, wo deutlich niedrigere Zölle anfallen würden. Dies, so glaubten Apple-Manager, wäre eine kurzfristige Lösung, um die hohen chinesischen Zölle zu umgehen - und um kräftige Preiserhöhungen zu verhindern.

Da die iPhone-Produktionsstätten in Indien voraussichtlich mehr als 30 Millionen iPhones pro Jahr produzieren werden, hätte allein die Produktion in diesem Land einen Grossteil der amerikanischen Nachfrage decken können. Apple verkauft derzeit jährlich etwa 220 bis 230 Millionen iPhones, von denen etwa ein Drittel in die USA geht.

Eine solche Umstellung dürfte kaum reibungslos über die Bühne gehen, zumal das Unternehmen bereits kurz vor der Produktion des iPhone 17 steht, das hauptsächlich in China hergestellt wird. In Apples Betriebs-, Finanz- und Marketingabteilungen wuchsen die Befürchtungen über die Auswirkungen auf die Markteinführung neuer Smartphones im Herbst – und schürten die Angst vor Verzögerungen.

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Das Unternehmen hätte innerhalb weniger Monate die Herkulesaufgabe bewältigen müssen, die Produktion des iPhone 17 weiter nach Indien oder anderswo zu verlagern. Wahrscheinlich hätte es – was immer noch möglich ist – die Preise erhöhen müssen und mit den Lieferanten um bessere Margen kämpfen müssen. Und Apples berühmte Marketingmaschine hätte die Konsumenten davon überzeugen müssen, dass sich das alles lohnt.

Doch das Gefühl der Unsicherheit bleibt. Die Politik des Weissen Hauses dürfte sich erneut ändern, und Apple muss möglicherweise drastischere Veränderungen vornehmen. Zumindest im Moment atmet das Management jedoch auf.

China fordert die USA zu grösseren Schritten auf

Das chinesische Handelsministerium bezeichnete den Schritt als «einen kleinen Schritt der USA zur Korrektur ihrer unrechtmässigen einseitigen reziproken Zölle» und forderte die USA auf, «grosse Schritte zu unternehmen, um diese unrechtmässige Massnahme vollständig abzuschaffen und auf den richtigen Weg zurückzukehren, die Differenzen durch einen gleichberechtigten Dialog auf der Grundlage gegenseitigen Respekts zu lösen.»

Allerdings werden Smartphones und andere elektronische Geräte, für die eine Ausnahmeregelung galt, Teil einer künftigen Abgabe auf Halbleiter sein, so US-Handelsminister Howard Lutnick.

In seiner Rede am Sonntag in der ABC-Sendung «This Week» deutete Lutnick an, dass die am späten Freitag erfolgte Aussetzung der Einfuhrzölle – die eine Reihe von Elektronikartikeln von den 125-prozentigen Zöllen auf China und einem Pauschalsatz von 10 Prozent weltweit ausnehmen – nur vorübergehend sei. Er bekräftigte Trumps langjährigen Plan, eine andere, spezifische Abgabe auf den Sektor zu erheben.

Eine weitere Sorge: Wenn Apple noch mehr Produktion in rasantem Tempo aus China verlagert, wie würde das Land reagieren? Apple erwirtschaftet rund 17 Prozent seines Umsatzes in China und betreibt Dutzende von Filialen. Damit ist das Unternehmen unter den US-Firmen ein Sonderfall. Ein Apple-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab.

China hat wettbewerbsrechtliche Untersuchungen gegen amerikanische Unternehmen eingeleitet und könnte Apple durch sein eigenes Zollverfahren Probleme bereiten. In den letzten Jahren hat China zudem iPhones und andere in den USA entwickelte Geräte für seine zahlreichen Regierungsangestellten verboten. Zuvor hatte es ein hartes Vorgehen der USA gegen den chinesischen Technologieriesen Huawei angekündigt.

Warum China für Apple wichtig bleiben dürfte

Das iPhone ist Apples grösster Umsatzbringer. Rund 87 Prozent der Geräte werden nach Schätzungen von Morgan Stanley in China produziert. Auch rund vier von fünf iPads und 60 Prozent der Macs werden in China hergestellt.

Eine vollständige Lösung von China – Apples Produktionsstandort seit Jahrzehnten – erscheint unwahrscheinlich. Trump hat Apple zwar dazu gedrängt, iPhones in den USA zu produzieren, doch der Mangel an einheimischen Ingenieur- und Fertigungstalenten wird dies kurzfristig nahezu unmöglich machen.

Die Grösse und der Umfang der chinesischen Produktionsstätten machen sie in puncto Geschwindigkeit und Effizienz unübertroffen. Die Produktion in China ist zudem entscheidend für Apples Absatz ausserhalb der USA. Das in Cupertino, Kalifornien, ansässige Unternehmen erzielt fast 60 Prozent seines Umsatzes ausserhalb Amerikas.

(bloomberg/cash)