Wie soll der Masseneinwanderungsartikel in der Verfassung umgesetzt werden? Darüber berät ab nächster Woche die Kommission des Nationalrats, bis zur Herbstsession soll ein Gesetzesvorschlag stehen.
Der Arbeitgeberverband plädiert für ein dreistufiges Eskalationsverfahren beim Inländervorang. Demnach sollen zunächst eine Melde- und Nachweispflicht gelten. Verfehlt dies ihre Wirkung, sollen Arbeitgeber für die Anstellung von EU-Ausländern allenfalls eine Gebühr entrichten müssen. Dies sei aber nur die Ultima Ratio, so Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt im Interview.
Herr Vogt, Sie wollen eine Gebühr für Firmen einführen, die Personal im Ausland rekrutieren. Ist das nicht wirtschaftsfeindlich?
Valentin Vogt*: Es ist ja nicht so, dass ich das unbedingt will. Aber die Bevölkerung hat nun mal am 9. Februar 2014 klar zum Ausdruck gebracht, dass wir die Zuwanderung senken müssen. Und hier muss auch die Wirtschaft ihren Beitrag leisten. Jetzt geht es darum, bei der Umsetzung des Verfassungsauftrags eine Lösung zu finden, die den Erhalt der Bilateralen sichert. Das ist das oberste Ziel.
Aber wieso eine Gebühr?
Das ist ja nur die Ultima Ratio. Wir schlagen ein zielgerichtetes, dreistufiges Modell vor: Erstens gilt es, das Fachkräftepotenzial im Inland besser auszuschöpfen. Zweitens muss der «Inländervorrang light» sofort eingeführt werden. Das heisst: die Pflicht, offene Stellen den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden.
Bringt denn das überhaupt etwas?
Klar. Allein mit der Meldepflicht und den Vermittlungsvorschlägen der RAV dürfte die Zuwanderung um 6000 bis 10'000 Personen pro Jahr sinken. Das zeigen Hochrechnungen der Zahlen aus dem Kanton Zürich.
Und wenn das nicht reicht?
Dann kann der Bundesrat – in einem dritten Schritt – weitere Abhilfemassnahmen ergreifen: die Pflicht, geeignete Kandidaten zum Vorstellungsgespräch einzuladen, eine eingeschränkte Nachweispflicht, wieso kein inländischer Kandidat für den Job taugt, und eben eine Gebühr für Firmen, die kein Personal im Inland finden. Die Gebühr müsste konform sein mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen. Diese Massnahmen sollten alle nur zeitlich und regional begrenzt eingesetzt werden. Und sie sollten natürlich nur für jene Berufsgruppen gelten, bei denen kein Mangel an inländischen Arbeitskräften besteht.
Wäre es nicht einfacher, Firmen bei einem Verstoss gegen den «Inländervorrang light» zu sanktionieren?
Werden die Meldepflicht für offene Stellen, die Pflicht für Vorstellungsgespräche und Sanktionen gegen Firmen, die sich nicht daran halten, sofort für alle eingeführt, ist das ein massiver Eingriff in unseren freien Arbeitsmarkt – und dies unabhängig von der Höhe der Zuwanderung.
Wie bitte? Das ist doch ein Vorschlag der FDP.
Das ist offensichtlich ein Zugeständnis von Philipp Müller an die SP, damit diese mitmacht. Davor haben wir immer gewarnt.
*Valentin Vogt (56) ist seit Juli 2011 Präsident des Arbeitgeberverbands. Der Multi-Verwaltungsrat - Burckhardt Compression, Bucher Industries und Kistler - ist auch Mitglied der FDP.