E s sei ja ganz nett, wie ich in dieser Kolumne über Medien referierte, schreibt mir Geschäftsführer M. aus der Ostschweiz, lieber aber hätte er Antwort auf eine handfeste Frage: «Wie macht man sich bei den Journalisten
unangreifbar?»
Kein Problem, Herr M. Es gibt in der Tat sieben ausgewählte Techniken, Schutzfaktoren sozusagen, um sich auch für kritische Medien unantastbar zu machen.
Schutzfaktor Maulwurf: Füttern Sie Journalisten regelmässig mit allerlei böswilligen Informationen über ihre Firmenkollegen und ihre Konkurrenten. Männer wie Moritz Suter und Pierre Arnold haben das perfekt vorgemacht. Angesichts der sprudelnden Quelle an Indiskretionen haben Medien kein Interesse, die eigenen Informanten kritisch zu hinterfragen und damit zu verscheuchen. Eine Untervariante des Maulwurfs hat im Übrigen Nicolas Hayek entwickelt: Er zieht auch gern über andere her, tut es aber direkt in der Öffentlichkeit – das macht noch unangreifbarer.
Schutzfaktor Charmebolzen: Lernen Sie von Reto Hartmann oder Marco Hartmann. Beide können zuhören wie ein Beichtvater, smalltalken wie ein TV-Moderator, und – besonders wichtig – sie kennen die Namen und Vornamen aller Journalisten auswendig. Gedruckte Kritik an ihnen gab es in ihrer Karriere folgerichtig nie. Leider waren die Verwaltungsräte von Valora und Hapimag nicht aus Journalisten zusammengesetzt und haben die beiden entlassen.
Schutzfaktor Opfer: Als Hans Jecklin sein Kasino in Las Vegas unter Chapter 11 stellen musste, war er sich nicht zu schade, den Journalisten sein persönliches Leiden ungeschminkt zu schildern. Solch ungewohnte Offenheit lähmte die Federn; der Unternehmer entging wundersam der üblichen Häme, und wir durften zwischen getrockneten Journalistentränen stattdessen lesen, wie übel ihm von Dritten mitgespielt worden war.
Schutzfaktor Experte: Ein Journalist ruft an und fragt: «Sind Sie auch der Meinung, dass Topmanager zu viel verdienen?» Sie sagen: «Natürlich. Ich sage das seit Jahren.» Am nächsten Tag ruft ein Journalist an und fragt: «Sind Sie auch der Meinung, dass Topmanager zu wenig verdienen?» Sie sagen: «Natürlich. Ich sage das seit Jahren.» Allzeit bereite Experten sind für Journalisten bitter nötig – und damit unangreifbar. Nicht wahr, Bjørn Johansson, Klaus Stöhlker und Otto Ineichen?
Schutzfaktor Grandseigneur: Das seidene Einstecktuch ebenso wie die Mischung von Grandezza und Verbindlichkeit sind es, die zuverlässig journalistische Zähne ziehen. Beat Curti hat sich mit diesem Stil jahrelang erfolgreich aus den Kritikspalten herausgehalten, selbst wenn es vor dem Verkauf an Rewe in seinem Unternehmen drunter und drüber ging. Und wenn Tito Tettamanti altgriechische Philosophen zitiert, ist er sogar in Zeiten unantastbar, in denen für viele Zeitungen ein Financier der nächste Verwandte eines Bankräubers ist.
Schutzfaktor Randale: Meister dieser Disziplin ist Roger Schawinski. Wenn ein unliebsamer Nebensatz über ihn erscheint, ruft er am gleichen Morgen noch wutentbrannt den Chefredaktor, alle verfügbaren Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung und seinen Anwalt an. Am Nachmittag ruft er seine Bekannten an und bittet sie, dieselbe Liste (ohne Anwalt) ebenfalls durchzutelefonieren. So was macht auch ein gestähltes Medienunternehmen kein zweites Mal mit.
Schutzfaktor Gottgleichheit: Daniel Vasella und Peter Brabeck sind inzwischen so weit, dass sie mit Schweizer Journalisten nur noch in Ausnahmefällen reden. Die Verschmähten müssen dann die Interviews der Götter aus amerikanischen Medien rückübersetzen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen dienen, Herr M. aus der Ostschweiz. Die ersten sechs Schutzfaktoren scheinen mir auch für Ihren Fall anwendbar. Für den letzten Schritt sind Sie auch als Chef eines erfolgreichen Regionalunternehmens vielleicht noch nicht ganz so weit.