Wer sich auf der Aussichtsterrasse des Niesen im Berner Oberland zum Capuccino niederlässt oder im Seerestaurant Biel an einem Glas Weissen nippt er sitzt auf gepflegten Gartenstühlen von Atelier Alinea aus dem bernischen Heimberg. Seit zwölf Jahren werden hier Stühle, Bänke, Tische gefertigt. Sie finden ihren Weg zusehends auch in den EU-Raum. In Deutschland werden die schlichten Gartenprodukte als typisch schweizerische Qualitätsmöbel nachgefragt. Und bekannte Architekten statten ihre Bauten mit den Produkten aus. Den Firmeninhaber Werner Abt freut der Erfolg.

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In den 70er Jahren startete der Basler Innenarchitekt mit der Beratung von Betrieben in Fragen der Büroarchitektur, «als noch kaum jemand wusste, was dies war». Das passende Möbel zum richtigen Raum beschäftigte ihn auch privat. So entwickelte er für den Garten seines Hauses im Jura einen 3 m langen Blechtisch, weil er auf dem Markt kein vernünftiges Produkt fand. Ein «vernünftiger» Tisch musste für Abt genug lang sein, damit viele Leute daran sitzen können. «Tische sind Orte der Begegnung.»

Als Abt den Tisch in Basel ausstellte, weckte er sofort die Aufmerksamkeit von Architekten. Abt war es offenbar gelungen, einem gewöhnlichen Gartenmöbel neuen Inhalt zu geben. Der Erfolg spornte zur Produktion von Tischen unterschiedlicher Länge an. Und da zu einem Tisch auch Stühle gehören, erweckte Abt den alten «Lättlistuhl» zu neuem Leben. Dieser urklassische Gartenstuhl aus Stahlrohr und Holzlatten wurde in den 1970er Jahren von der Plastikmode beiseite gespült, als die Restaurants auf leichte und billige Plastiksessel umstellten. Die guten Lättlistühle landeten auf Flohmärkten, wo sie Abt wieder entdeckte, redesignte und so zu neuem Leben erweckte. «Gute Möbel haben etwas Zeitloses, sie werden plötzlich wieder aktuell, weil sie jemand im Geiste der Epoche neu auflegt», sagt Abt.

Heidiland versus Innovation

In Thun hatte das Basler Büro der Alinea Innenarchitekten in den 80er Jahren eine Niederlassung eröffnet. In dieser Zeit ging gerade die reihenweise Schliessung von EMD-Betrieben über die Bühne; in Thun waren Kernproduktionen des Schweizer Militärs konzentriert. Viele Zulieferfirmen wurden massiv betroffen, manche standen vor dem Aus. Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze stand ernsthaft die Umgestaltung der Region Thun zu einer Art Heidiland-Freizeitpark für Touristen zur Diskussion. «Dies wäre einer beispiellosen Verschleuderung von Talenten und Knowhow gleichgekommen», ärgert sich Abt noch heute. Denn die Region Thun verfügte über ein riesiges Potenzial an KMU mit speziellem Technologiewissen. Dieses günstige Umfeld wollte Abt nutzen.

An einer Thuner Tagung schlug Abt 1986 vor, Produkte «innovativer Begehrlichkeiten» herzustellen, deren Erwerb für eine bewusste Käuferschaft erstrebenswert war. «Wir hatten damals viele Designer mit guten Ideen», erinnert er sich, «aber sie fanden keinen Produzenten.» Daher gründete der frühere Schweizer Strassenmeister im Zeitfahren in Heimberg das Atelier Alinea.

Zu den ersten Produkten gehörte 1993 das Wandregal der Designer Bisig und Naas. Es wird mit Lasertechnologie eines Thuner Unternehmens aus einer einzigen Sperrholzplatte zugeschnitten. Reste fallen dabei praktisch keine an; die ausgeschnittenen Flächen dienen gleichzeitig als Tablare, die von einem Stahlbügel gehalten werden. «Mit dem Produkt trafen wir den Nerv der Zeit», so Abt. Das Wandregal wurde zum Geheimtipp.

Zulieferfirmen als Rückgrat

Die Region Thun-Interlaken erwies sich für Abt in vielerlei Hinsicht als Idealfall. Hier fand er die KMU, die er brauchte. Diese Zulieferer bilden das Rückgrat von Atelier Alinea: Die einen beherrschten das Abkanten, Feuerverzinken und Pulverbeschichten eines Tischblattes aus Stahlblech, andere das Biegen der Holzlatten und der Rohre. Eine Farbfirma entwickelte für Abt eigens einen neuen Lack mit dem richtigen Anteil Öl, damit die Latten möglichst wetterbeständig blieben. Und ein Schraubenhersteller entwarf spezielle Schrauben, die dank zusätzlichen Zacken im Gewinde eine solide Befestigung der Eschenlatten am Stahlrohrgestell garantierten. In jedem Werkteil stecken somit spezielles Wissen und innovative Handarbeit. Dieser Mix verleiht den Alinea-Möbeln den besonderen Touch: Sie sind ästhetisch, langlebig sowie reparierbar.

Die Schreinerei Karl Kipfer AG in Gwatt ist ein typischer Zulieferer. Das moderne KMU mit 26 Angestellten stellt jährlich rund 500 Tischblätter für den Unistandardtisch her, dies ein weiterer innovativer Büroartikel von Atelier Alinea. Zugeschnitten werden die Blätter von einer CNC-gesteuerten Maschine, die dank Atelier-Alinea-Aufträgen besser ausgelastet ist. Der praktische, in der Höhe verstellbare Vielzwecktisch ist mit lackiertem Birken-Furnier oder in Linoleum-Ausführung erhältlich. Die Konstruktion besteht aus zwei durch eine Aluwelle verstärkte Sperrholzplatten, was dem Tisch statische Festigkeit verleiht. Holz und Aluminium sind mit einem speziellen Klebstoff verleimt, den die deutsche Firma 3M eigens für Kipfer hergestellt hat.

Und die gute Frage zuletzt: Weshalb soll ich als Konsument 438 Fr. für einen in der Schweiz gefertigten Lättlistuhl zahlen, der doch zweifellos in China billiger hergestellt würde? Abt macht verschiedene Gründe geltend: Erstens könnten in China kaum die hohen Ansprüche ans Produkt erfüllt werden, die ihm die Thuner Zulieferer gewährleisten. «Ich müsste zudem das Produkt containerweise, also in grossen Stückzahlen, wie Ikea, fertigen lassen, damit der Transport rentiert.» Solches aber, versichert Abt, sei gar nicht die Intention von Atelier Alinea. In der Masse würden seine Produkte ihren Wert verlieren. Cachet, Design und Qualität machen sie bei der Kundschaft zu begehrten Objekten. «Der Lättlistuhl muss kein Renner werden, sonst ruft er nur billige Imitate auf den Plan.»

Firmen-Profil

Name: Atelier Alinea AG

Geschäftssitz: Basel

Produktion, Vertrieb: Heimberg BE

Gründung: 1993

Besitzer/Geschäftsleitung: Werner Abt

Umsatz: 3,4 Mio Fr. Beschäftigte: 10

Produkte: Garten- und Büromöbel sowie Büro- und Einrichtungssysteme

Kunden: Restaurants, Private, Institutionen

Internet: www.atelieralinea.ch