Es riecht nach feuchtem Waldboden in der klimatisierten Halle. In der Dunkelheit türmen sich gleich hängenden Gärten mehrgeschossige Regale, aus deren Erde unzählige Pilze spriessen. Pflückerinnen arbeiten sich auf mobilen Plattformen den Kulturen entlang, schneiden den weissen Champignons die Füsse weg und legen sie, nach Grössen sortiert, in Verpackungsschalen.

Roland Vonarburg, CEO von Wauwiler Champignons, erklärt den Prozess. Der «Boden» - eine Mischung aus Pferde- und Hühnermist, Sojaschrot und Deckerde - ist jeweils schon mit dem Pilzgeflecht geimpft, wenn er angeliefert wird. Nach drei Wochen sind die ersten Pilze erntereif. Und nach drei Ernten über die folgenden 15 bis 20 Tage ist nach total fünf bis sechs Wochen Schluss: Der Boden ist erschöpft, wird mit heissem Dampf desinfiziert und entsorgt. Rund 1800 t weisse sowie 270 t braune Champignons können in jährlich acht bis zehn Produktionszyklen geerntet werden. Für das richtige Wachstum in den Hallen sorgt die Klimaanlage, mit der Temperatur, Feuchtigkeit und CO2-Gehalt der Luft gesteuert werden.

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Gegen Europas ungleiche Spiesse

Seit 1987 werden in Wauwil auf diese Art Pilze gezüchtet, doch die Wurzeln des KMU liegen in Biglen im Emmental. Auf der Suche nach mehr Platz landete die damalige Besitzerfamilie im Luzerner Hinterland am Rande eines Mooses, dessen Erde selbst wie ein riesiger Pilz riecht. Als vor zwölf Jahren der Eigentümer Heinz Hirsbrunner starb, entschloss sich Betriebsleiter Roland Vonarburg für ein Management-Buyout. Seither ist Wauwiler Champignons stets gewachsen - dank der Übernahme eines Konkurrenten und Investitionen in die Produktionskapazität. Die Firma beliefert heute Grossverteiler, Gemüsehändler und Gastronomiebetriebe: Mit eigenen Pilzen, aber auch - als Zwischenhändler - mit einem breiten Sortiment an Kultur- und Wildpilzen.

Wauwiler Champignons dürfte inzwischen der grösste Pilzproduzent der Schweiz sein, doch es mangelt nicht an Konkurrenten. Diese sind vor allem im Ausland zu suchen. Dort profitieren sie davon, dass die EU ihre Züchter kräftig mit Geldern aus dem Landwirtschaftsfonds unterstützt. Also drängen Produzenten aus Polen und Holland mit Dumpingpreisen in die Schweiz. Die Grenze ist offen, denn Pilze geniessen wohl als einziges Lebensmittel der Schweiz weder Import- noch Zollschutz.

Zudem können Schweizer Produzenten nicht auf staatliche Hilfe zählen. «Für unseren 2007 realisierten Erweiterungsbau, der uns 10 Mio Fr. gekostet hat, hätten wir in Holland oder Polen einige Millionen Subventionen erhalten», sagt Vonarburg. Er fragt sich weiter, warum Champignonzüchter, obwohl sie ein landwirtschaftliches Urprodukt erzeugen, dies laut Gesetz bei uns auf teurem Industrieland tun müssen, während die Branchenkollegen in der EU in der Landwirtschaftszone wirtschaften dürfen. Gegen ungleiche Spiesse und die unliebsame ausländische Konkurrenz behauptet sich das KMU vor allem mit Frische. «Heute gepflückt, heute geliefert», lautet die Devise. Die Grossverteiler Migros und Coop wissen dies zu schätzen und setzen auf einheimische Produkte, die möglichst umweltschonend produziert werden. «Das wünschen nicht zuletzt auch die Konsumenten, und diese sind bereit, für Schweizer Pilze 10 bis 15% mehr zu bezahlen», argumentiert Vonarburg. Aus der Region für die Region anstatt staatlich verbilligte Champignons aus der EU.

Mit Axpo-Tochter zur Innovation

Zusätzlich zur Frische will Wauwiler Champignons neu auch mit Nachhaltigkeit sowie Energieeffizienz überzeugen. Der Abfall aus der Produktion, eine beträchtliche Menge fast durchwegs organischen Materials, wurde bisher an Bauern und Gärtner abgegeben. Jetzt soll er besser genutzt werden. Gebaut wird gegenwärtig eine Kompogasanlage mit einem Blockheizkraftwerk. Sie kann bei voller Auslastung jährlich 16000 t biologischen Abfall «vergasen» und daraus 3,6 Mio Kilowattstunden Strom erzeugen. Das entspricht dem Bedarf von rund 1000 Haushalten. Zudem wird die Abwärme für die Champignonproduktion genutzt. Jährlich werden so rund 150000 l Heizöl gespart. Wauwiler Champignons spannt für die Optimierung der Wertschöpfung aus Biomasse mit der Axpo-Tochter Kompogas zusammen. Finanziell sollen damit unter dem Strich die Kosten für Heizöl und Abfallentsorgung um 10% reduziert werden.

Noch grösser ist der Vorteil, den sich Vonarburg vom Imagegewinn für sein Unternehmen verspricht. «Eine solch umfassende Nutzung der Ressourcen ist in unserer Branche europaweit einzigartig», sagt er, «und wir können damit bei unseren Abnehmern punkten und 120 Arbeitsplätze bzw. 90 Vollzeitstellen in der Region erhalten.»