Den 11. März 2004 wird er sein Leben lang nicht mehr vergessen. Nicht etwa, weil Beat Imwinkelried an diesem Tag 37 wurde. Sondern weil dieser Tag zu seinem persönlichen D-Day wurde. Der Tag, an dem ihn die Banken sitzen liessen. Er formt mit den Armen ein Dach: «Meine Finanzierung fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen.» Kurz zuvor hatte der Delegierte des Verwaltungsrats und Sohn des Firmenpioniers der Auto-Interleasing jenen Kaufvertrag «über eine zweistellige Millionensumme» unterschrieben, der den Familienbetrieb in eine neue Ära führen sollte. Aus der zusammengebrochenen Erb-Gruppe hatte er die Erb Finanz + Leasing (EFL) übernommen und das Portefeuille des Familienbetriebs damit um die Sparte Privatleasing erweitert.
Heute erzählt Imwinkelried diese Episode mit offensichtlichem Vergnügen. Nur eine Woche und zig Verhandlungsrunden später konnte der Deal doch noch perfekt gemacht werden. Seit März 2004 ist die Auto-Interleasing damit die Nummer zwei in der Business-to-Business-Sparte des Schweizer AutoleasingMarktes. Dieser ist in den vergangenen 15 Jahren explosionsartig gewachsen und umfasst heute ein geschätztes Gesamtvolumen von 4,8 Milliarden Franken. Nur logisch, dass das lukrative Geschäft Mitbewerber, vor allem aus dem Ausland, angezogen hat. Teilten in den Neunzigerjahren neben der Auto-Interleasing noch LeasePlan und GE Capital Fleet Services den Kuchen untereinander auf, so sind heute auch Bankenableger wie die CS Leasing oder Autohersteller wie beispielsweise DaimlerChrysler oder Amag Leasing mit im Geschäft.
Dass sich Auto-Interleasing in diesem Karpfenteich halten und sogar ganz oben mitspielen könne, «und das als einziger Familienbetrieb», vermerkt Imwinkelried nicht ohne Stolz. Vor gut zwei Jahren hat der Diplomingenieur und erfolgreiche Ex-ABB-Manager die operativen Geschäfte des väterlichen Betriebes übernommen – «zum Erstaunen vieler Leute», wie er sagt. Ein, so betont er, positives Beispiel für eine harmonische Stabübergabe innerhalb der Familie. Sein Bruder arbeitet zwar ebenfalls in der Firma, interessiert sich aber nicht für die Geschäftsleitung.
Beat Imwinkelried, der bereits im Verwaltungsrat der Auto-Interleasing sass, hatte schnell erkannt, dass sich die «finanziell durch und durch gesunde Firma» Auto-Interleasing, wollte sie weiterhin in der obersten Liga mitspielen, vergrössern müsste. Als er 2002 seinem Vater vorschlug, das Leasing-Portefeuille der ABB Export Bank zu akquirieren, überliess ihm dieser auch gleich das Geschäft. Zu diesem Zeitpunkt war die Auto-Interleasing seit über 40 Jahren erfolgreich im Firmenwagenleasing. Im Gegensatz zum Privatleasing, das Autos an Private vermietet, ist diese Sparte aufs Verpachten einer ganzen Wagenflotte an eine Firma spezialisiert.
Aufgebaut wurde das Unternehmen von Josef Imwinkelried, dem heutigen Verwaltungsratspräsidenten. Bis 2002 war die Auto-Interleasing ein patriarchalisch geführter Familienbetrieb. «Eine heile Welt», wie es der neue Chef umschreibt. Beat Imwinkelried stand nun vor der Aufgabe, einerseits die gewachsene Firmenkultur nicht zu zerstören und andererseits die Firma für die kommenden Jahre aufzurüsten.
Inzwischen wurde ein Geschäftsleitungsmitglied, das aus der Branche kam, als Nummer zwei installiert. Die personenbezogene Struktur wurde in eine prozessorientierte verwandelt, ein neues IT-System installiert, die Standorte wurden von fünf auf drei konzentriert sowie neue Funktionen im Back-Office aufgebaut. Und das alles ohne grösseren Aderlass bei den Mitarbeitern.
Die Spezialität von Auto-Interleasing besteht nach wie vor im Vermieten von Wagenflotten an Firmen. Dieses Angebot wird durch eine Full-Service-Leistung erweitert, will heissen, dass die Auto-Interleasing auch die Wartung und das Management beispielsweise bei der Versicherung übernimmt. Nach Beendigung der Vertragszeit nimmt die Firma die Autos zurück und verkauft sie auf dem freien Markt. Dieses Outsourcen des Wagenparks ist bei fast allen grossen Firmen mittlerweile gang und gäbe. Derzeit besitzt die Auto-Interleasing rund 17 000 Fahrzeuge aller Marken.
Dass die Auto-Interleasing im Schweizer Markt die Nummer zwei ist, führt Imwinkelried auf die spezielle Firmenstruktur zurück. «Wir sind flexibler, als es die grossen, internationalen Anbieter sein können», sagt er. Diese arbeiten zwar grenzübergreifend, sind aber an starre, den Bedürfnissen der einzelnen Länder mitunter nicht angepasste Strukturen gebunden. Auto-Interleasing hingegen kann Kundenwünsche individuell bearbeiten. Wenn beispielweise eine Firma ihre eigenen Tankstellen beibehalten möchte, ist das für die Schweizer kein Problem.
Die Akquisition der Erb Finanz + Leasing, der heutigen EFL Autoleasing, ist bislang letzter Schachzug des Quereinsteigers Imwinkelried: Auch wenn dieses Engagement noch vor neun Monaten die Firma beinahe Kopf und Kragen gekostet hätte, so zeigt sich heute, wie richtig der Entscheid damals war, alle Reserven zu aktivieren. Zum einen hat der Zukauf ermöglicht, im Privatleasing Fuss zu fassen. Und last, but not least haben sich Umsatz und Gewinn laut Angaben des Chefs genau verdoppelt.
Ausruhen auf seinen Lorbeeren mag sich der umtriebige Imwinkelried dennoch nicht. «Ich bin ja noch jung», sagt der vierfache Vater. Das Potenzial der Mitarbeiter sei noch lange nicht ausgeschöpft, und die Marktpositionen der beiden Firmen will er kontinuierlich weiter ausbauen. Und dann wäre da noch eine ganz andere Option, in der er ein «gewisses Potenzial» sieht: der Carsharing-Bereich, wie er bislang von Mobility angeboten wird. Er ist davon überzeugt, dass die Firmen in Zukunft statt auf einen starren Fahrzeugpark immer mehr auf intelligente Mobilitätslösungen wie Carsharing und Carpooling umsteigen werden. «Aber das ist Zukunftsmusik.»
Neue BILANZ-Rubrik ab 2005
Beat Imwinkelried geht ab 2005 unter die Autoren. Der Manager, der beruflich mit Autos, Motoren und Pferdestärken zu tun hat, wird die neue BILANZ-Rubrik «Hier fährt der Chef» bestreiten und in jeder Ausgabe einen Fahrbericht publizieren. Der Fokus liegt auf Neuwagen, die von einer Business-Klientel gefahren werden.