Bei der Farben- und Lackfabrik Anwander im Zürcher Vorort Schlieren fühlt sich der Besucher um Jahrzehnte zurückversetzt: In einer Wachsküche reihen sich Wachsbottiche aneinander. Ein rundes Dutzend Mitarbeiter schüttet diverse natürliche Wachse in die Kessel, mischt die Masse von Hand. Manuell wird später dann auch Dose um Dose abgefüllt und etikettiert. Der Aufdruck «hand made in Switzerland» ist also augenscheinlich keine erfundene Werbebotschaft, sondern nichts als die Wahrheit. «Unsere Produkte kann man nicht maschinell herstellen», sagt Claudius Anwander, Spross der Inhaberfamilie.

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Noch nicht. «Wir üben und probieren seit zehn Jahren», gibt er bislang vergebliche Versuche zu, Lackpflegeprodukte industriell herzustellen. Ein höherer Automatisierungsgrad wäre im Interesse des Herstellers, schon um die wachsende Nachfrage nach Wachsen aus Schlieren schneller befriedigen zu können.

Oldtimer-Besitzer in aller Welt propagieren nämlich zunehmend den gar nicht mehr so geheimen Tipp: Für die Lackpflege eines alten Rolls-Royce, Bentley oder Ferrari gibt es für Liebhaber historischer Fahrzeuge auf der ganzen Welt nur ein geeignetes Mittel: Swizöl aus dem Zürcher Vorort Schlieren. Die deutsche Sportwagenschmiede Porsche empfiehlt die hochwertige Wagenpflege «made in Switzerland» vom Start weg für sämtliche Typen, ob Boxster, 911er oder Cayenne. Eine Dose Swizöl Wax Zuffenhausen, benannt nach dem Stuttgarter Porsche-Produktionsstandort, hat denn auch ihren Preis: 100 Euro, umgerechnet gegen 150 Franken. Die so genannte Master Collection beginnt bei knapp 600 Franken.

Dafür gibt es dann aber auch alles, was zur perfekten Wagenpflege gehört, einschliesslich Glasreiniger und Felgenpinsel.

Angefangen hat das Anwander-Wachsgeschäft dabei eher zufällig. Firmengründer Hans Anwander führte in den Dreissigerjahren in Zürich eine Drogerie. Am Küchentisch mischte er Pflegewachse, um den Lack seines eigenen Automobils zu konservieren. Der Drogist verfeinerte seine Rezepturen, zunächst jedoch nur für die Möbelpflege. Später kamen Lacke ins Sortiment, zum Beispiel für Boote und Yachten. Sohn Livio Anwander baute die Fabrikation aus und zügelte nach Schlieren. Autowachs mischte allerdings auch er nur für den
eigenen Bedarf.

Die Expansion kurbelte erst die dritte Generation an: Claudius (46) und Thomas Anwander (45) entschieden vor zwölf Jahren, das noch junge, gleichwohl bereits renommierte Swizöl in grösseren Mengen zu mischen und abzufüllen. Selbst stolze Besitzer einiger Oldtimer wie eines Rolls-Royce Phantom I aus den Zwanzigerjahren, eines Aston Martin und eines Ferrari 250, weckten die Anwander-Brüder zunächst das Interesse der Porsche-Entwicklungsingenieure.

Eine Art Adelsschlag erhielt Anwander + Co. vor wenigen Tagen: Rolls-Royce fragte in Schlieren an, ob zusätzliche Wachsbottiche aufgestellt werden könnten, um auch für ihre Nobelkarosserien eine spezielle Car-Care-Linie zu mischen – «hand made», wie bei Rolls noch üblich. WP