Die Axpo-Gruppe hat im Geschäftsjahr 2010/11 belastet durch zahlreiche Sonderfaktoren sowohl beim Betriebsgewinn als auch beim Reingewinn deutliche Einbussen verzeichnen müssen. Negativ haben sich vor allem die Turbulenzen an Finanzmärkten, die Folgen des Unfalls in Fukushima, die Kostenüberprüfung für Stilllegung und Entsorgung von Kernkraftwerken sowie regulatorische Entscheide ausgewirkt. Wegen weiterhin getrübten Marktaussichten will das Unternehmen umfassende Restrukturierungen durchführen sowie substantielle Investitionen in die Infrastruktur vornehmen.
Der EBIT sank in der Folge auf 139 Millionen Franken - ein Viertel des Vorjahreswertes. Der Reingewinn erreichte gar mit 45 Millionen Franken noch gut einen Zehntel vom Vorjahreswert, der bei 409 Millionen zu liegen kam. Hauptgrund für das deutlich reduzierte Ergebnis seien die im Berichtsjahr erfolgten Neuermittlungen der künftigen Kosten für die Stilllegung und Entsorgung der Kernkraftwerke gewesen, heisst es.
Abschreibungsbedarf steigt deutlich
Die Neuermittlung der Kosten führte zu einer signifikanten Erhöhung der Abschreibungen. Diese nahmen insgesamt um 311 Millionen auf 860 Millionen Franken zu. Wichtigster Kostenpunkt war eine Zusatzabschreibung beim Kernkraftwerk Beznau von 297 Millionen aufgrund der ermittelten und zu aktivierenden Mehrkosten, die als nicht werthaltig gelten.
Die als Folge des politischen Entscheids zum Ausstieg erfolgte vollständige Abschreibung der aktivierten Investitionen in geplante Ersatz-Kernkraftwerke schlug zudem mit 30 Millionen Franken zu Buche. Den von der ElCom erlassenen Teilverfügungen zur Netzbewertung sowie dem Bundesgerichtsurteil zum Fall «Stahl Gerlafingen» wurde mit 47 Millionen Rechnung getragen. Zudem führte die Anpassung der Bewertung der EGL-Netzanlagen an die ElCom-Verfügungen zu einer zusätzlichen Abschreibung von 80 Millionen. Als Folge mussten Forderungen gegenüber der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid im Umfang von 40 Millionen Franken abgeschrieben werden.
Umfassende Restrukturierungsmassnahmen
Aufgrund der trüben Marktaussichten und den regulatorischen Herausforderungen sowie der veränderten Situation bezüglich der Kernkraft plant die Axpo umfassende Restrukturierungsmassnahmen, welche bereits im September angekündigt worden waren. Dabei werden substantielle Investitionen in die Infrastruktur zur Wahrung der Versorgungssicherheit notwendig, heisst es in der Medienmitteilung.
So sollen bis 2030 21 Milliarden Franken für den Neu- und Ausbau von Produktionskapazitäten und Netzen aufgebracht werden. Dafür müsse die Axpo effizienter werden, die Ertragskraft steigern sowie schneller und flexibler auf die Herausforderungen von Märkten und Politik reagieren können, heisst es weiter. Dabei gehe es vor allem um drei Stossrichtungen.
Erstens werde eine Flexibilisierung der Produktionsstrategie angestrebt. Nach dem Verzicht auf die ursprünglich geplanten Ersatz-Kernkraftwerke wird Axpo neu auf einen flexiblen Beschaffungsmix aus dem In- und Ausland setzen. Zweitens will der Konzern die Ertragskraft steigern, indem die Handelsaktivitäten der übernommenen EGL und der Axpo zusammengelegt werden. Dazu sollen die Kompetenzen konzentriert und die Bewirtschaftung des Kraftwerkparks optimiert werden. Mittelfristig soll damit eine Ergebnisverbesserung von deutlich über 100 Millionen Franken pro Geschäftsjahr erreicht werden.
Neu werden auch die operativen Tätigkeiten, die heute in mehreren Divisionen der Axpo und bei EGL angesiedelt sind, in den beiden Geschäftsbereichen «Produktion & Netze» und «Handel & Vertrieb» konzentriert. Neues operatives Führungsorgan ist die Konzernleitung unter Leitung von CEO Heinz Karrer. Dem Gremium gehören neben dem Konzern-Finanzchef Martin Schwab die Leiter der beiden neuen Geschäftsbereiche Produktion & Netze, Manfred Thumann, sowie Handel & Vertrieb, Hans Schulz, und der CEO der Tochtergesellschaft CKW, Andrew Walo, an. Die neue Konzernstruktur wird auf den 1. März 2012 umgesetzt.
Drittens sollen Kostensenkungen durchgeführt werden, unter anderem durch die Zusammenlegung von operativen Bereichen, in dessen Folge es auch zum Abbau von 140 Stellen bis März 2012 kommen soll. Das Ziel ist, diesen Abbau möglichst über natürliche Fluktuation und Frühpensionierungen umzusetzen, dennoch werde es auch Entlassungen geben.
Handelsergebnis tiefer - Gesamtleistung stabil
Im Energiehandel wurde das Resultat des Vorjahres nicht erreicht. Hauptgründe hierfür waren ein deutlich schwächeres Ergebnis im grenzüberschreitenden Handel sowie der schwache Euro. Allein der Euroeffekt belastete im Vorjahresvergleich das Ergebnis auf Stufe EBIT mit rund 90 Millionen Franken. Der Beschaffungsaufwand für Energie und Netznutzung nahm derweil um 6 Prozent auf 4,09 Milliarden Franken zu.
Die überwiegend belastenden Faktoren führten dazu, dass der Konzern trotz leicht gesteigerter Gesamtleistung von 6,35 Milliarden Franken (+1 Prozent) für das Geschäftsjahr ein «unbefriedigendes Ergebnis» ausweisen müsse, heisst es. Die Dividende soll unverändert 2,20 Franken pro Aktie betragen.
Bundesrat zwingt zu Investitionen
Bis 2030 sollen Investitionen in Kraftwerke in der Höhe von 21 Milliarden Franken erfolgen. Die neue Investitionsstrategie wurde notwendig, nachdem der Bundesrat nach der Atomkatastrophe in Fukushima neuen Atomkraftwerken eine Abfuhr erteilt hatte.
Die Axpo, die sich mehrheitlich im Besitz von Kantonen befindet, setzt dabei einerseits stark auf Windkraftwerke im Ausland. Mit solchen Windparks will die Axpo 3,9 Terrawattstunden Strom produzieren. Ebenfalls will der Stromkonzern an Wasserkraftskonzessionen in Frankreich herankommen und bis zu drei grosse Gaskombikraftwerke bauen.
Konzernchef Heinz Karrer schloss vor den Medien in Zürich nicht aus, dass solche Gaskraftwerke auch in der Schweiz gebaut würden. Ob sich solche Investitionen auch lohnen, sei aber von den politischen Rahmenbedingungen abhängig.
(rcv/vst/awp/sda)