Die Millionen lagen schon griffbereit ? doch aus dem Geldsegen für die kantonalen Finanzdirektoren wird nun nichts. Die Zusammenführung der Kantonswerke zu einem einheitlichen Stromverteilnetz in der Ostschweiz hätte für sie manche Budgetsorgen vergessen lassen. Doch der Widerstand der kommunalen und lokalen Stromfürsten war zu gross. Die Energiedirektoren haben das ehrgeizige Projekt «Hexagon» beerdigt und verzichten damit auf die vollständige Integration der Kantonswerke in eine gemeinsame Verteilnetzgesellschaft unter dem Dach der Axpo. So entgehen den Kantonen Zürich, Aargau, St.Gallen, Thurgau Schaffhausen, Glarus, Zug sowie den beiden Appenzell Zuschüsse von gegen 3 Mrd Fr.

*Goldene Aktien*

Die Ostschweizer Kantone hätten ihre Anteile an der Axpo (siehe Tabelle) nach einer Übergangsfrist von sieben Jahren vergolden können. Bis 30% der Aktien wären dann frei handelbar gewesen. Und diese Aktien haben einen beträchtlichen Wert: Die Substanz der Axpo wird laut einer internen (und unter Verschluss gehaltenen) Bewertung auf 6 bis 8 Mrd Fr. veranschlagt. Die Kantone hätten also tüchtig Kasse machen können: 900 Mio Fr. der Kanton Zürich, knapp 700 Mio Fr. der Aargau, zwischen 200 und 300 Mio Fr. Thurgau und St.Gallen und immer noch weit über 100 Mio Fr. Schaffhausen.

Doch damit nicht genug. Weiterhin schlummern in den Kantonswerken die so genannten nicht betriebsnotwendigen Mittel. Darunter fallen Liegenschaften, andere Sachanlagen und Reserven. Diese wären bei der Überführung in die Axpo den Kantonen zugute gekommen. Und sie sind beträchtlich: «Alle Kantonswerke haben viel Speck», sagt der Schaffhauser Regierungsrat Hans-Peter Lenherr. In Zürich sind es laut einer Bewertung der Axpo 200 bis 300 Mio Fr. In Schaffhausen betragen die disponiblen Mittel 10 Mio Fr.; die Hälfte davon hat Energiedirektor Lenherr letzte Woche ? nach dem Hexagon-Beschluss ? nun doch dem Kanton zugeführt.

Viel Geld liegt beim Aargauer Kantonswerk AEW auf der hohen Kante. 81,5 Mio Fr. wären dem Kanton zugeflossen, und zwar schon Ende September. Die veränderte Situation führt nun dazu, dass die Substanz des AEW nicht angetastet werden soll. «Das Kantonswerk lässt sich jetzt nicht mehr aushöhlen», sagt Werner Leuthard, Leiter Fachstelle Energie.

Stattliche Mittel liegen auch im Thurgau brach. Das Thurgauer Kantonswerk EKT verfügt nicht nur über Sachanlagen von 30 Mio Fr., sondern auch über freie Reserven von über 300 Mio Fr. Dazu kommt eine Liquidität von 25 Mio Fr. «Eigentlich sind wir überliquid», sagt EKT-Direktor Ralph Müller. Wie es im Thurgau nach der geplatzten Fusion weitergeht, ist für Volkswirtschaftsdirektor Kaspar Schläpfer ein Rätsel. «Unsere Strategie war ganz auf Hexagon ausgerichtet; jetzt müssen wir über die Bücher.»

*Monopole gefestigt*

Das Gleiche gilt für St.Gallen. Die den Kantonen gehörenden St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK) bräuchten eine neue Strategie, sagt SAK-Direktor Rolf Domenig. Der Spielraum ist wie in allen anderen Ostschweizer Kantonen aber eng. Denn der NOK-Gründungsvertrag von 1914 verbietet es den Kantonswerken, den Strom von andern Lieferanten zu beziehen.

«Die Kantonswerke können sich aber in Zukunft gar nicht bewegen», sagt dazu Hansjörg Schnetzer, Pressesprecher der Axpo. «Indem der NOK-Vertrag bestehen bleibt, wird das Monopol in den Kantonen zementiert.» Axpo-Chef Heinz Karrer beschäftigt noch etwas ganz anderes: Er trauert den entgangenen Synergieeffekten von 150 Mio Fr. nach. Diese Einsparung hätte das gemeinsame Verteilnetz jedes Jahr gebracht. Doch statt zu sparen wollen die Axpo-Eigentümer ? eben die Ostschweizer Kantone ? die Millionen lieber in den Kantonswerken schlummern lassen.

Partner-Inhalte