Längst nicht alle Uhrenfirmen haben gleichen Grund zum Jammern. Einzelne Marken leiden laut Detailhändlern im Abschwung weit weniger als die Konkurrenz. «In unserer Gruppe laufen die Uhrenmarken Rolex, IWC und Omega sogar noch besser als im Vorjahr», sagt Adelbert Bütler, CEO von Bucherer. Auch Patrick Frischknecht von Les Ambassadeurs stellt fest, dass einzelne Marken von der Kundschaft derzeit stark bevorzugt werden. «Neben IWC, Omega und Cartier gibt es mit Breguet und Patek Philippe Marken, die sich in dieser Krise überdurchschnittlich gut halten.»
Einen ähnlichen Trend vermeldet Patrick Cremers, Direktor von A LEmeraude in Lausanne. Auch in seinem Geschäft gehören Patek Philippe und IWC zu den Brands, die gesucht sind. Die Beobachtungen der Schweizer Uhrendetailhändler bestätigt eine Studie der Credit Suisse über das Kaufverhalten vermögender Kunden im Ausland. Die CS-Analysten haben zehn Uhrendetailhändler in den USA, Europa und Asien zu den Verkaufstrends befragt und kommen zum Schluss, dass die hochpreisigen Uhrenmarken die Rezession zwar stark spüren, aber die Marken von Swatch und Richemont weniger als der Durchschnitt leiden. «IWC, Omega und Cartier wurden von den Detailhändlern als die Marken erwähnt, die sich in den letzten Monaten im Vergleich zu den Konkurrenten besser halten.» Anders als im Ausland können sich die Uhrendetailhändler hierzulande allerdings nicht über schlechte Umsätze beklagen. «Dem Schweizer Uhrendetailhandel geht es wider Erwarten erstaunlich gut», sagt Les-Ambassadeurs-CEO Patrick Frischknecht. «Bis Ende Juli realisierte der Detailhandel Umsätze ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres, welches ja ein absolutes Rekordjahr war.»
Erfreuliche Umsätze vermeldet auch Bucherer-CEO Adelbert Bütler. Die schwächere Nachfrage seitens der Schweizer Kundschaft werde durch Touristen kompensiert. Spürbar ist die Kaufzurückhaltung laut Frischknecht aber in Zürich und Genf, wo die Umsätze 10 bis 15% unter Vorjahr liegen würden. «Doch die Detaillisten in den Tourismuszentren konnten die Vorjahresumsätze sogar nochmals steigern und erzielten neue Rekordumsätze», freut er sich. «Dies ist namentlich auf chinesische Touristen zurückzuführen.»
Krise verändert Kaufverhalten
Generell ist laut den Uhrendetailhändlern ein verändertes Kaufverhalten spürbar. «Momentan konzentriert sich das Interesse der Uhrenkäufer wieder vermehrt auf traditionsreiche Marken mit einer langjährigen Geschichte.» Das Preis-Leistungs-Verhältnis einer Uhr werde weit kritischer beurteilt. «Man sucht wieder die sicheren Werte und ist bei den ausgesprochenen Trend- und Fashionprodukten eher zurückhaltend.» In den USA und Asien gebe es aufgrund grosser Lagerbestände vermehrt auch bei Luxusuhren einen Preisdruck auf den Detailhandel.
Für Adelbert Bütler ist klar: «Nicht etablierte Marken leiden.» Spitzenbrands würden eindeutig besser laufen. «Vor allem grössere Herrenuhren haben sich etabliert.» Dies könnte denn auch einer der Gründe sein, warum IWC von allen Befragten als eine der Marken genannt wird, die sich überdurchschnittlich gut schlagen. Frischknecht: «Es sind die traditionsreichen Marken, die eine auf Nachhaltigkeit gerichtete Strategie gefahren sind und sich in der Zeit des Hype nicht zu kurzfristigen Marketingaktionen haben hinreissen lassen, welche nun viel krisenresistenter sind und gestärkt aus dieser Krise herausgehen werden.»
Trotz der Risiken wegen der Schweinegrippe und nach wie vor stark rückläufigen Zahlen, gibt es Hoffnungszeichen. Patrick Frischknecht von Les Ambassadeurs erwartet in den wichtigen Märkten USA, Grossbritannien, Spanien, Russland und Asien eine langsame Stabilisierung. «Für diese Märkte sehe ich einen Silberstreifen am Horizont.» Hilfreich sei, dass sich die Finanzmärkte wieder positiv entwickeln. «Folglich werden auch die Börsengewinne und verpönten Boni höher ausfallen, was eine unmittelbare Auswirkung auf die Uhrenverkäufe haben wird.» Darum ist er überzeugt: «Speziell im Hochpreissegment wird die Nachfrage wieder stark wachsen.» Und Adelbert Bütler meint: Noch bestehe kein Grund für Euphorie. «Aber das Schlimmste scheint vorbei.»