Nach einem Gewinneinbruch im ersten Halbjahr tritt der Vermögensverwalter Julius Bär auf die Kostenbremse. «Wir beschleunigen die Kostendisziplin in der gesamten Gruppe», sagte Konzernchef Philipp Rickenbacher am Montag. Heisst im Klartext: Jetzt wird gespart.
Julius Bär will unter anderem die Ausgaben für Reisen oder Veranstaltungen runterfahren. Ausserdem gibt es neu einen Einstellungsstopp. Kundenberater-Positionen sind davon ausgenommen. Auf die Frage, ob Bär Entlassungen plane, sagte Rickenbacher: «Vorerst nicht, nein.»
Im ersten Halbjahr sackte der Gewinn des Instituts gemessen am Rekordwert der Vorjahresperiode um 26 Prozent auf 451 Millionen Franken ab. Analysten hatten mit einem Halbjahres-Überschuss von rund 500 Millionen Franken gerechnet. Neben den Grossbanken UBS und Credit Suisse sowie der Genfer Pictet gehört Bär zu den führenden Schweizer Banken für reiche und superreiche Privatkunden.
Historisches Halbjahr
«Hinter uns liegt ein historisches Halbjahr, geprägt von einschneidenden geopolitischen Ereignissen, die sich erheblich auf die Anlagebewertungen und die Kundenstimmung auswirkten», sagte Rickenbacher. Statt zu handeln zogen sich viele Kunden an die Seitenlinie zurück, sodass der Bank Gebühreneinnahmen entgingen. Während die Erträge sanken, legte der Aufwand zu. Die Beilegung eines Rechtsstreits mit dem Liquidator einer litauischen Gesellschaft kostete das Geldhaus im Halbjahr 55 Millionen Franken.
Seit Ende 2021 gingen die verwalteten Vermögen um elf Prozent auf 428 Milliarden zurück. Bär führt das auf die negative Marktentwicklung, Bereichsverkäufe und Nettoabflüsse von 1,1 Milliarden Franken zurück.
Vor allem in Asien ansässige Kunden hätten auf das von erhöhter Unsicherheit geprägte Umfeld reagiert, indem sie Risiken aus ihren Anlageportfolios genommen und Fremdfinanzierungen abgebaut hätten. Gegen Ende des Halbjahres habe sich diese Entwicklung zwar verlangsamt. Dennoch sei es wahrscheinlich noch etwas zu früh für eine neue Welle von kreditfinanzierten Wertpapier-Transaktionen in Asien, sagte Rickenbacher.
Das Schlimmste ist vorbei
Insgesamt habe sich das Geschäft zu Beginn des zweiten Halbjahres aber erholt. «Mit Blick auf die ersten Juli-Wochen sind wir sehr ermutigt durch eine breit angelegte Erholung der Neugeldzuflüsse sowie eine spürbare Erholung der Transaktions- und Handelsaktivitäten gegenüber den schwachen Werten im Mai und Juni», sagte der Bär-Chef.
Angesichts der aktuellen Aussichten erwarte die Bank, dass sich die Netto-Neugeld-Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte weiter normalisiere. Das Kosten-Ertrags-Ziel für 2022 sei immer noch in Griffweite, sagte Finanzchefin Evie Kostakis. Die bestehenden mittelfristigen Finanzziele sollten erreicht werden.
An der Börse gaben die Aktien von Bär im frühen Handel zunächst um über 3 Prozent nach, sie erholten sich aber bereits in der ersten Handelsstunde. Das Papier drehte sogar ins Plus. Am Dienstag legt die UBS den Quartalsabschluss vor, am Mittwoch die Deutsche Bank und Credit Suisse.
(reuters/ise)