Wir sind die Frontrunner, wir haben den Takt angegeben.» Laut Raymond Bär, Verwaltungsratspräsident der Julius Bär Holding, hat der Zürcher Vermögensverwalter mit dem Kauf der drei UBS-Privatbanken (Ehinger & Armand von Ernst, Ferrier Lullin und Banco die Lugano) sowie der im Hedge-Fonds-Geschäft tätigen GAM die Konkurrenz unter Druck gesetzt. Dass die Bank aus der Konsolidierung weiteren Nutzen ziehen will, daran lässt der neue Julius-Bär-CEO Hans de Gier keine Zweifel offen.

Erhöhter Druck aus dem Ausland, zunehmende Regulierungskosten im Inland, flache Börsen und ein allmählicher Generationenwandel der Private-Banking-Kundschaft lassen den Off-Shore-Standort Schweiz seit Jahren stagnieren. Auch die von Bär akquirierten UBS-Privatbanken hatten in den letzten Quartalen Abflüsse von Vermögenswerten - so wie das neue Mutterhaus selbst.

*Noch kein Leidensdruck*

Kommt es nun nach dem grössten Bankendeal der Schweiz seit der Fusion des Bankvereins mit der Bankgesellschaft zur UBS im Jahr 1998 zu einer Beschleunigung der Zusammenschlüsse und Übernahmen in der Schweizer Privatbanken- und Vermögensverwalterszene? Zweifel sind angebracht.

«Man kann nicht unbedingt erwarten, dass es in diesem oder im nächsten Jahr zu weiteren ganz grossen Deals kommen wird», sagt Norman Karrer, Senior Manager beim Beratungsunternehmen Mercer Oliver Wyman in Zürich. «Momentan wollen alle nur kaufen, und niemand steht effektiv mit dem Rücken zur Wand.» Sprich: Der Leidensdruck ist nicht gross genug. Die Erholung der Börsen hat auch die Situation der Banken verbessert. Die Halbjahresgewinne überraschten positiv, der Aktienkurs der Vontobel Holding zum Beispiel befindet sich auf dem höchsten Stand seit Mitte 2002.

Das verteuert die Übernahmeobjekte und macht das Angebot knapp. Der von der Julius Bär bezahlte Preis für die UBS-Einheiten von 4,7% der verwalteten Vermögen ist exorbitant. Die Daumenregel in den letzten Jahren für eine Übernahme von Privatbanken war 2,5% plus Eigenkapital. Für die Banca del Gottardo der Swiss Life sollen laut Marktbeobachtern 6,9% gefordert worden sein. «Wir haben alles angeschaut, doch die Preise sind einfach zu hoch.» Die Aussage eines Geschäftsleitungsmitglieds einer grossen Schweizer Bank ist immer wieder zu hören.

*Schleichende Konsolidierung*

Dass es nun gleich zu einem «Blutbad» unter den Privatbanken kommen wird, glaubt auch Dieter Buchholz nicht, er ist Fondsmanager und Direktionsmitglied der BNP Paribas Private Bank in Zürich. Die Wunden von Grossfusionen, wie etwa 2002 zwischen den Genfer Privatbanken Lombard Odier und Darier Hentsch, sind bis heute nicht vollständig geheilt. Die klassischen Privatbanken können sich teure Akquisitionen gar nicht leisten. Ihre persönlich haftenden Teilhaber müssten sich massiv verschulden.

Dennoch stehen vor allem kotierte Unternehmen mittelfristig unter Zugzwang – spätestens dann, wenn die Börsen wieder drehen oder Nachfolgefragen geklärt werden müssen. Bei der Vontobel Holding hat der 88-jährige Hans Vontobel das Zepter in der Hand. Die Raiffeisen-Gruppe könnte laut Buchholz versucht sein, ihren Anteil von 13% heute auf knapp unter ein Drittel zu erhöhen. Die Swiss Life wird ihre ungeliebte Banca del Gottardo verkaufen, sobald der Preis akzeptabler wird. Dasselbe könnte für die Bank Sarasin gelten, deren unruhige Ehe mit der holländischen Rabobank-Gruppe sich ein Nebenbuhler zunutze machen könnte. Die Käufer, vor allem aus dem Ausland, stehen bereit – und sie haben Zeit.

Die schleichende Konsolidierung wird viele Überraschungen bringen. Laut einer Studie der Bank Vontobel sind die Erfolgsmodelle im Schweizer Vermögensverwaltungsgeschäft jene Banken mit einem grossen Angebot an alternativen Anlagen sowie die grossen, internationalen Banken mit Zugang zu den Wachstumsmärkten Asien und Osteuropa. Das bietet Platz für Pärchenbildung mit Instituten, die das nicht haben.

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