Bei vielen Bankkunden gehen derzeit die «Negativzinsen» der Schweizerischen Nationalbank (SNB) als Schreckgespenst um: Die Furcht, dafür zahlen zu müssen, wenn man das Ersparte in der Bank deponiert. Dabei zahlen viele Kunden bereits heute drauf: In Zeiten niedriger Zinsen übersteigen die Gebühren für ein Bankkonto bei fast allen Schweizer Banken die Erträge, wie eine Übersicht des Vergleichsdienstes Comparis zeigt. «Unterm Strich zahlen Kunden oft mehr Gebühren, als sie Zinsen erhalten», sagt der Bankenexperte von Comparis, Marc Parmentier.
Der Vergleich offenbart: Nur bei drei Banken in der Schweiz liegen die Zinserträge noch höher als die Spesen, die den Kunden entstehen. Am besten schneidet die Postfinance ab, auch bei der Migros-Bank und Raiffeisen macht ein Bankkunde mit Giro- und Sparkonto noch Gewinn. Postfinance bemüht sich dabei um niedrige Basispreise. «Preise und Gebühren müssen aber letzten Endes auch kostendeckend gestaltet werden», sagt Postfinance-Sprecher Johannes Möri. Bei der Bank Coop gleichen sich Belastungen und Erträge aus. Bei allen anderen Banken zahlen Kunden drauf, am meisten bei den Grossbanken.
Zinsen gegen Spesen verrechnet
Berücksichtigt wurden dabei die günstigsten Privatkunden-Angebote von 13 marktrelevanten Geldinstituten. Für den Vergleich von Bankspesen und Zinsen hat Comparis anhand eines Beispiel-Profils berechnet, wie viel Geld ein Sparer nach Verrechnung von Zinsen und Spesen am Ende des Jahres von der Bank erhält oder wie viel er draufzahlt.
Der Beispielkunde hat dabei durchschnittlich 10‘000 Franken auf dem Privatkonto und 20‘000 Franken auf dem Sparkonto. Er nutzt keine Kreditkarte seiner Hausbank, aber E-Banking. Berücksichtig wurde auch, wie viele Spesen dem Kontoinhaber durch Zahlungseingänge, Überweisungen oder Bargeldbezüge im In- und Ausland entstehen.
Grosse Preisunterschiede zwischen Angeboten einer Bank
Dabei rentiert sich nicht nur ein Vergleich zwischen den Banken, oft bestehen auch Preisunterschiede zwischen verschiedenen Angeboten eines Geldhauses: Ein Kunde kann allein bei den günstigen Angeboten der grösseren Banken über 160 Franken im Jahr sparen. «Es gibt bei einigen Banken selbst für ein schlichtes Privatkonto eine verwirrend grosse Auswahl an Produkten», sagt Marc Parmentier. «Darum lohnt es sich für Kunden zu vergleichen.»
Wichtig ist dabei, dass bei der Entscheidung für ein Konto nicht nur die Gebühren alleine zählen. Das Girokonto der Postfinance etwa ist das günstigste – dafür werden die EC-Karten an mancher Stelle nicht für das elektronische Zahlen akzeptiert, wo die Karten anderen Geldhäuser keine Probleme bereiten. Postfinance ist dabei daran interessiert, dass an möglichst vielen Verkaufspunkten mit der Karte der Postfinance bezahlt werden kann. «Den Entscheid trifft aber der jeweilige Händler», sagt Postfinance-Sprecher Möri.
Die Angst vor den Negativzinsen
Angst vor den Negativzinsen, die die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 22. Januar einführte, brauchen Privatkunden vorerst nicht haben. Zwar geben Credit Suisse und die Zürcher Kantonalbank die Strafgebühren weiter, aber nur an ausgewählte Grosskunden. Bankenexperte Parmentier hält es für unwahrscheinlich, dass Banken den Privatkunden Negativzinsen verrechnen werden. «Allerdings ist nicht auszuschliessen, dass sie sich die Mehrkosten über höhere Gebühren bei den Kunden hereinholen.»
Der Blick auf die Gebühren ist also wichtig vor der Entscheidung für ein Bankkonto, der Blick auf die Zinsen allein reicht nicht. Denn oft haben die Banken mit den höchsten Zinsen auch die grössten Abgaben.