Umweltschutz war in den vergangenen Jahren kaum noch ein Thema. Dementsprechend still ist es um biologisch abbaubare Werkstoffe (BAW) geworden. Das scheint sich wieder zu ändern. «Getränkeflaschen aus PLA haben für bestimmte Anwendungen gute Zukunftschancen – vorausgesetzt, die Kommunikation fällt klar und deutlich aus», zeigt sich beispielsweise Stefan Bock, Leiter Anwendungstechnik Pet bei der Netstal-Maschinen AG, überzeugt.
Doch noch lässt die Kommunikation bei der Vermarktung der biologisch abbaubaren Getränkeflaschen zu wünschen übrig,
denn die in Grossbritannien und Deutschland erhältlichen Flaschen werden als «kompostierbar» verkauft, obwohl sie sich nicht im eigenen Garten entsorgen lassen. «In Grossbritannien gab es bereits die ersten kritischen Reaktionen, und ausserdem macht sich Verunsicherung breit. Da die Konsumenten nicht richtig darüber informiert werden, wie sie die Flaschen entsorgen sollen, geben sie sie zum Teil zusammen mit gewöhnlichen Kunststoffflaschen aus Pet ab. Dadurch wird das Pet-Rezyklat verunreinigt. Das wiederum kann bei starker Verunreinigung zu Problemen bei der Rezyklatverarbeitung führen», verdeutlicht Bock.
Ein grosser Flopp
Die Gefahr besteht also, dass bei der Vermarktung von PLA-Getränkeflaschen ähnliche Fehler gemacht werden wie beim Joghurt-Becher aus PLA vor neun Jahren: Damals hat Danone einen Biomilchjoghurt lanciert, der in einem neuartigen Becher angeboten wurde. Statt aus Kunststoff war dieser aus PLA hergestellt. Im Januar 1998 wurde das Produkt in Deutschland auf den Markt gebracht. Doch anstatt den Joghurt im neuartigen Becher sukzessive in weiteren Ländern einzuführen, nahm ihn Danone relativ schnell wieder vom Markt, da Kritik laut wurde und die Absätze einbrachen – und dies, obwohl die Grundüberlegung richtig war: Das Bioprodukt und der Becher haben eigentlich perfekt zusammengepasst, da sie auf die Bedürfnisse gesundheits- und umweltbewusster Konsumenten zugeschnitten waren und diese Zielgruppe besonders ansprachen.
Dass der Danone-Joghurtbecher floppte, lag vor allem daran, dass er die hohen Erwartungen, die kommuniziert wurden, nicht erfüllen konnte. Die als kompostierbar beworbenen Joghurtbecher konnten nämlich nicht im eigenen Garten entsorgt werden, sondern mussten zusammen mit den normalen Kunststoffverpackungen in den Gelben Sack oder in die Gelbe Tonne gegeben werden. Dieser Umstand verwirrte die Konsumenten, und dass daraufhin die meisten von ihnen den Sinn der PLA-Becher in Frage stellten, ist gut nachvollziehbar.
Wäre dagegen von vornherein das Wort «kompostierbar» korrekt kommuniziert worden, hätte der Danone-Joghurtbecher sicher bessere Chancen auf dem Markt gehabt. Korrekte Kommunikation heisst in diesem Fall, klar und deutlich zu sagen, dass PLA nicht bei normalen Umgebungstemperaturen verrottet und die Kompostierung deshalb nicht im eigenen Garten, sondern industriell, das heisst bei Temperaturen von 50 bis 60° Celsius und einer hohen Luftfeuchtigkeit, erfolgen muss. Und selbst dann, wenn die Voraussetzungen ideal sind, dauert der Abbau von PLA-Verpackungen 45 bis 75 Tage (Folie bzw. Flasche).
Trotz dieser Einschränkungen in Sachen «Kompostierbarkeit» hat der Werkstoff im Verpackungsbereich durchaus Potenzial zu bieten: Die Verarbeitbarkeit von PLA ist sehr gut, und auch in
Sachen Transparenz können
Flaschen aus PLA problemlos mit Pet-Flaschen mithalten. Seit einigen Monaten testet die Abteilung Anwendungstechnik Pet der Netstal-Maschinen AG die Verarbeitbarkeit von PLA auf Netstal-Spritzgiessmaschinen, die eigentlich zur Herstellung von Pet-Flaschenvorformlingen entwickelt und gebaut wurden. «Sowohl beim Spritzgiessen als auch beim Blasformen der Preforms zu Getränkeflaschen ergeben sich keinerlei Probleme», fasst Stefan Bock die Erfahrungen mit dem aus nachwachsenden Rohstoffen bestehenden Material zusammen.
Eine bessere Barriere
Trotz der hohen Transparenz und der ausgesprochen guten Verarbeitbarkeit weist PLA gegenüber Pet allerdings derzeit noch einige Eigenschaften auf, die stark verbesserungswürdig sind. Zu den Nachteilen des biologisch abbaubaren Materials gehören unter
anderem die relativ schlechten Barriereeigenschaften. Dieser Nachteil führt dazu, dass sich die Haltbarkeit der in PLA-Flaschen abgefüllten Getränke enorm reduziert. Ausserdem eignen sich die Flaschen aufgrund ihrer mangelhaften Barriereeigenschaften derzeit nur für kohlensäurefreie Getränke. Doch für stille, frische Getränke, die innerhalb von wenigen Tagen konsumiert werden müssen, sind PLA-Flaschen heute schon ideal.
Aber wie lässt sich die Verwendung einer PLA-Verpackung marketingwirksam kommunizieren, wenn nicht über das Wort «kompostierbar»? Stefan Bock beantwortet die Frage folgendermassen: «Indem die Kernbotschaft nicht lautet, dass PLA kompostierbar ist, sondern indem kommuniziert wird, dass sich dank PLA eine günstige Bilanz in Bezug auf das als Treibhausgas gefürchtete Kohlendioxid ergibt.»
Sauerstoff-Kohlendioxid-Bilanz
Da es sich bei PLA um einen Werkstoff handelt, der auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen – in diesem Fall Mais – hergestellt wird, kann argumentiert werden, dass Maispflanzen, wie alle anderen Pflanzen auch, während ihres Wachstums Kohlendioxid verbrauchen und Sauerstoff an die Umgebung abgeben. Somit dürfte es umweltbewussten Konsumenten einleuchten, dass ein verstärkter Einsatz von PLA auch einen verstärkten Anbau von Mais bedeutet, was sich wiederum positiv auf die Sauerstoff-Kohlendioxid-Bilanz auswirkt.
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Qualicomp-Beutel: «Rüeblibeutel» für Gemüseabfälle
Qualicomp
Neben PLA gibt es den biologisch abbaubaren Werkstoff MaterBi. Aus MaterBi ist zum Beispiel eine spezielle Verpackung hergestellt, die sich auf dem Schweizer Markt bewährt hat und in der die Migros ihre Bio-
karotten anbietet. Den sogenannten Qualicomp-Beutel produziert die Petroplast Vinora AG. Der kompostierbare Karottenbeutel wurde im Jahr 2003 vom Schweizerischen Verpackungsinstitut SVI mit dem Swiss Star und mit dem Konsumentenpreis prämiert.
Wie Roland Müller, BAW-Koordinator bei Petroplast Vinora, erklärt, besteht Qualicomp aus nachwachsenden Rohstoffen und schliesst so den Kreislauf der Natur.
«Ausserdem bietet die Verpackung einen echten Zusatznutzen. Der Beutel ist zum Beispiel ideal, um Gemüseabfälle in der Küche sauber zu entsorgen, denn diese können darin gesammelt und samt Beutel auf den Kompost oder in die Biotonne gegeben werden», führt Müller weiter aus.
Zwar wird Qualicomp seit Jahren von Migros erfolgreich eingesetzt, doch dabei ist es vorerst geblieben. Als einen der Hauptgründe dafür nennt Roland Müller, dass MaterBi derzeit noch teurer ist
als die meisten Kunststoffe.
«Vorausgesetzt, dass sich die Preise von Kunststoff und MaterBi annähern und das Umweltbewusstsein der Konsumenten weiter steigen, stehen die Chancen für einen stärkeren Einsatz des Qualicomp-Beutels sehr gut», meint Müller.