Irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft dürften sich die Gurus des Change-Managements dieser Story annehmen. Denn der Wandlungsprozess, den die heutigen Mitarbeiter der BearingPoint Inc. in den vergangenen drei bis vier Jahren durchlaufen haben und ertragen mussten, sprengt bei weitem jenes Mass, das selbst im schnelllebigen Beraterbusiness Usus ist. «Manchmal vergisst man im Tagesgeschäft schon, was da alles mit uns passiert ist», gesteht denn Randolph Blazer, Chief Executive von BearingPoint, im Gespräch mit Consulting-BILANZ. «Aber ich gebe durchaus zu», und an dieser Stelle klingt das Lachen des Konzernchefs etwas gequält, «dass es Zeiten gab, in denen wir hier alle ziemlich groggy waren.»

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Doch der Reihe nach: Der Grundstein von BearingPoint als selbstständiger Einheit wurde bereits vor etwa fünf Jahren gelegt. Denn wohl ein bisschen früher als anderswo hatten KPMG-Manager damals erkannt, dass sich aus einem Doppelmandat für Abschlussprüfung und Unternehmensberatung bei ein und demselben Kunden erhebliche Interessenkollisionen ergeben könnten. Nachdem die Security and Exchange Commission öffentlich eine strengere Trennung von Beratung und Auditing angemahnt hatte, «haben wir 1998 entschieden, die Beratungssparte von dem Wirtschaftsprüfungsgeschäft abzuspalten», sagt Randolph Blazer.

Am 8. Februar 2001 vollzog KPMG den 1998 gefällten Entscheid und realisierte als erste grosse Beratungsfirma mit einem Initial Public Offering (IPO) die endgültige Trennung zwischen Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung. Es war höchste Zeit, denn der KPMG-Auditing-Arm war mittlerweile in die weltweit Bestürzung auslösenden Bilanzskandale geraten. Xerox, Comroad und Flowtex liessen grüssen.

Interview
Bereit für den Aufschwung


Beat Leimbacher, Senior Vice President von BearingPoint, über die sich anbahnende Trendwende im Beratungsgeschäft.


Beat Leimbacher ist als Senior Vice President von BearingPoint für Sales Organisation und Key Account Management in Europa verantwortlich. Als Mitglied der deutschen Geschäftsführung und Verwaltungsrat der BearingPoint Switzerland AG zeichnet er insbesondere auch für die Marktbearbeitung der Schweiz verantwortlich. Der Schweizer Ableger des Beratungskonzerns beschäftigt zurzeit rund 250 Mitarbeiter.


BILANZ: Herr Leimbacher, Abspaltung – Börsengang – Umbenennung: Wie hat die Schweizer Filiale von BearingPoint den Parforceritt der letzten drei Jahre überstanden?


Beat Leimbacher: Von «überstehen» kann eigentlich keine Rede sein. Wir sind als führender Anbieter von Business Consulting, Systemintegration und Outsourcing heute besser aufgestellt als noch vor drei Jahren.


Wirklich? Die Zahl grosser IT-Projekte lässt sich doch weiter an einer Hand abzählen. Mit der Finanzindustrie, der Telekombranche und Pharma/Chemie stehen die drei grössten IT-Bezüger in der Schweiz auf der Ausgabenbremse.


Schon richtig, auch wir haben natürlich wie alle anderen Wettbewerber die rezessive Verstimmung in unserer Branche voll zu spüren bekommen. Darauf haben wir mit Restrukturierungsmassnahmen reagiert, das mag schmerzhaft gewesen sein, war aber für eine erfolgreiche Zukunftsausrichtung unvermeidlich.


In welchen Bereichen harzte es denn besonders?


Nun, infolge der geplatzten Dot.com-Bubble wurden natürlich viele E-Business-Projekte storniert, zudem ist die Nachfrage nach Beratungsleistungen aus der Telekommunikationsbranche deutlich zurückgegangen. Wir haben uns deshalb entschlossen, den Unternehmensbereich E-Business neu auszurichten, der Bereich Telekommunikation wurde organisatorisch auf europäische Ebene verlagert. Auch bei der Beratung rund um grosse Softwareprojekte, wie beispielsweise der Einführung von SAP, gab und gibt es einen Angebotsüberhang am Markt, was Anpassungen nötig machte. Jetzt geht es darum, uns für den bevorstehenden Aufschwung zu positionieren und unseren Marktanteil – auch in Bereichen wie Outsourcing und Managed Services – weiter auszubauen.


Spüren Sie tatsächlich Signale für eine Trendwende am Beratermarkt?


Sagen wir mal so: Wir haben eine Stabilisierung auf tieferem Niveau erlebt. Für die mittelfristige Zukunft sind wir jetzt wieder optimistischer – das ergibt sich auch aus den Frühindikatoren auf der Auftragsseite: sowohl von Seiten der privaten Wirtschaft als auch von der öffentlichen Hand, die für unser Unternehmen – neben den Finanzdienstleistern – auch in der Schweiz zu den wichtigsten Auftraggebern gehören. Die hohen zweistelligen Wachstumsraten der letzten Jahre gehören allerdings – vorübergehend noch – der Vergangenheit an. Aber unser Business war immer ein zyklisches – und ich versichere Ihnen: Ewig werden wir in diesem «Rezessionsszenario» nicht verharren, dafür ist der Investitionsstau bei den IT-Ausgaben einfach zu ausgeprägt.


Wenn Sie denn mit Ihrem Optimismus Recht behalten: Warum sollte BearingPoint Schweiz heute stärker vom Aufschwung profitieren können als noch vor drei Jahren?


Mit unserer konsequent praktizierten Branchenfokussierung, dem gezielten globalen Ausbau des Bereiches Outsourcing und der Stärkung des Schweizer Marktes durch das Zusammengehen von KPMG Consulting und Andersen Business Consulting sowie der hohen Priorisierung der Schweizer Kundschaft sind wir hier optimal aufgestellt. Unsere Unabhängigkeit von Software- und Hardwarelieferanten kommt allen unseren Kunden im Sinne einer absolut neutralen Beratung ebenfalls zugute.


Auch über die Grenzen hinaus?


Ja natürlich, wenn Sie global operierende Konzerne zu Ihren Kunden zählen, ergibt sich eine grenzüberschreitende, internationale Ausrichtung von ganz allein. Das ist im Übrigen auch der Grund dafür, warum wir keine länderspezifischen Geschäftszahlen bekannt geben.


Spüren Sie in Schweizer Unternehmen gleichwohl eine grössere generelle Skepsis gegenüber den Beratern als anderswo? Durch das Swissair-Debakel oder die Schwierigkeiten bei Sulzer hat die Consulting-Branche hier zu Lande doch einen beträchtlichen Imageschaden erlitten.


Ich denke, dass es vielfach oft auch in der Presse ein bequemer Weg ist, Fehlentwicklungen den Beratern anzulasten. Damit müssen wir natürlich leben, das ist sozusagen unser Berufsrisiko. Der Weg, diesem scheinbaren oder tatsächlichen Imageschaden zu begegnen, ist, seine Effizienz und Leistungsfähigkeit immer wieder von neuem unter Beweis zu stellen.


Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Grossen der Branche wie IBM Business Consulting Services, Accenture oder eben auch BearingPoint würden derzeit mit Kampfpreisen im Markt auftreten?


Davon kann zumindest bei BearingPoint keine Rede sein. Natürlich spüren wir von Kundenseite schon einen gewissen Preisdruck auf unsere Dienstleistungen. Und sicher mussten alle Berater in den vergangenen Monaten ihre Honorare an die schwierigen Marktbedingungen anpassen. Aber nur um des Marktanteils willen seine Arbeit zu verscherbeln – das kann sich kein unternehmerisch denkender Berater erlauben.


Wie ist der neue Brand BearingPoint in der Schweiz inzwischen etabliert?


Wir haben äusserst positive Rückmeldungen erhalten. In den kommenden Monaten werden wir unter dem Titel «Building the Empowered Business» eine Reihe von Managementpublikationen veröffentlichen, um unsere Philosophie weiter zu erläutern.


Und um einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu werden, trauen Sie sich nun auch aufs Wasser.


Ja, seit einiger Zeit unterstützen wir ausgesuchte Projekte im Rudersport und sind stolz darauf, unseren Namen mit leistungsstarken Athleten wie dem Weltmeister Marcel Hacker verbinden zu dürfen. Gemeinsam mit Marcel haben wir uns auch für die Fluthilfe der ostdeutschen Vereine engagiert. In der Schweiz haben wir zuletzt den BearingPoint-Weltcup in Luzern ausgerichtet und sind bei der Ruder-Weltmeisterschaft 2003 und dem Ruder-Weltcup 2004 präsent.


Also mit hoher Schlagzahl voraus?


Gewiss! Unsere Berater gelangen in ihren Projekten durch individuelle Stärken und Teamwork zum Erfolg. Genau diese Qualitäten führen auch erfolgreiche Ruderer im Wettbewerb nach vorn.

Andernorts kam der Bewusstseinswandel bezüglich der Trennung von Revision und Consulting zu spät, nämlich beispielsweise bei der einst renommierten Buchprüfungs- und Beratungsunternehmung Andersen (einst Arthur Andersen). Diese vollzog nach eingehender Mitwirkung im Fall Enron einen regelrechten freien Fall. Heerscharen von Andersen-Beratern liefen zur damals noch unter KPMG Consulting firmierenden Unternehmensberatung über. Ein Neuanfang war gefragt, und zwar dringend und überall.

Was folgte, war ein Husarenritt: Im Sommer 2002 wurde die deutsche KPMG Consulting AG, die mitsamt den Aktivitäten in Österreich und der Schweiz im Jahr zuvor rund 553 Millionen Euro umgesetzt hatte, von der amerikanischen Mutter übernommen, gleichzeitig arbeiteten die Strategen an der Einführung einer neuen, weltweiten Consulting-Marke.

Namenswechsel sind im Consulting-Geschäft nichts Ungewöhnliches: Die einstige Beratungssparte von Arthur Andersen firmiert seit drei Jahren als Accenture. Deloitte Consulting heisst jetzt Braxton. Und der Beratungsarm von PricewaterhouseCoopers (PwC) hätte um ein Haar Monday geheissen, wäre er nicht bei IBM gelandet. «Andere Unternehmensberatungen geben sich neue Namen», spottete das Traditionsunternehmen McKinsey in Anzeigen grossspurig, «wir stellen neue Namen ein.» Wie auch immer: Der Neuanfang musste nach aussen hin signalisiert werden. Da erging es den KPMG-Leuten in McLean, Virginia, nicht anders als den Wettbewerbern.

Den Beratern lag eine Liste mit 550 Namen vor – am Ende entschieden sie sich für einen Begriff aus der Navigation: BearingPoint, was man wohl am ehesten mit Orientierungspunkt übersetzen kann. «Wir wollten einen Namen, der weltweit funktioniert. Schliesslich sind wir in 130 Ländern dieser Erde aktiv», erläutert Unternehmenschef Blazer. Die Firmenbroschüre formuliert das Ganze um einiges pathetischer: «BearingPoint schlägt ein neues Kapitel der Zusammenarbeit mit seinen Kunden auf. Es bewahrt sein Erbe und bringt gleichzeitig seine Unabhängigkeit und seine Visionen stärker zum Ausdruck», heisst es da.

Bei aller feierlichen Emphase: Die Umfirmierung ist – nüchtern betrachtet – organisatorisch wie logistisch ein Meisterstück. Tatsächlich zog bisher keiner der konkurrierenden Beratungsunternehmer das Rebranding mit einer derart hohen Geschwindigkeit, sicherster Geheimhaltung und der relativen Sparsamkeit durch wie KPMG Consulting. Nach Aussage von David Black, dem Chef der Rechtsabteilung und Projektleiter Rebranding, wendete BearingPoint insgesamt weniger als 40 Millionen Dollar auf – Druck neuer Briefköpfe und Visitenkarten sowie Werbekampagne inklusive.

Mit 52 Jahren ist Rand Blazer noch etwas zu jung, um an seinem Vermächtnis zu feilen. Mit dem Satz «You have 90 days» ist der BearingPoint-Chef aber schon heute gewissermassen in die Firmenlegende eingegangen. Ganze drei Monate gab Blazer dem Team um David Black für den Etikettenwechsel. Das ist kurz, wenn man bedenkt, dass die Umtaufe einer global aufgestellten Company erfahrungsgemäss neun bis zwölf Monate dauert. Und es ist eine gewaltige Herausforderung, da die Identität des Unternehmens in 134 Ländern der Welt – von der Visitenkarte über Gebäudezeichen bis hin zu den jeweiligen Web Domains – geändert werden muss.

Bei der Auswahl der Namen tat sich KPMG Consulting zunächst schwer. Einige Angestellte schlugen den des Chief Executive vor. Aber «Rand Blazer Consulting» klingt zu sehr nach der legendären Hightech-Schmiede The Rand Corp. aus dem Silicon Valley. Andere Einfälle schienen auf den ersten Blick durchaus plausibel, scheiterten allerdings nach rechtlicher Prüfung. Die Idee einer «McLean Consulting» in Anlehnung an den Firmensitz des Unternehmens fiel durch: der Bulettenbäcker McDonald’s hatte sich die Rechte für das Warenzeichen McLean längst gesichert – für seinen kalorienreduzierten Low-Fat-Burger.

Namenssuche auf Geheimstufe eins

Um das Markenzeichen weltweit zu sichern, ohne dass der Antragsteller auf KMPG Consulting zurückzuführen wäre, gründeten die Verantwortlichen ein Scheinunternehmen auf Barbados mit Namen Dallas Project Holdings Ltd. – eine humorige Anspielung auf den Geburtsort des Projektleiters Black. Nur gerade einer Hand voll Mitarbeitern war die engere Namensauswahl bekannt. Sie richteten sich einen «War Room» ein, kommunizierten über einen eigens gesicherten Servercomputer. Dennoch: Pannen waren nicht zu vermeiden. So etwa, als die Umhüllung des neuen Logos in Chicago während eines Sturmes abriss.

Im September verkündete Blazer, der neue Name werde Anfang Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt. Die 16000 Angestellten mussten auf einer codierten Webseite ihre persönlichen Informationen für ihre neuen Visitenkarten hinterlegen. 100 Subunternehmer unterzeichneten strenge Verschwiegenheitsvereinbarungen. Der Coup gelang: Am 2. Oktober 2002 läutete Rand Blazer die Eröffnungsglocke an der New York Stock Exchange, verkündete den Wechsel des Listings von der Nasdaq an die NYSE (Börsenkürzel BE) und stellte die Philosophie hinter dem neuen Brand BearingPoint vor.

Der Relaunch ist geglückt, wie aber steht es um die Startposition des neuen Unternehmens? BearingPoint hat als weltweit zweitgrösstes Beratungsunternehmen für Business-Consulting und Systemintegration den eisigen Winter in der Consulting-Branche vergleichsweise gut überstanden. Dies meint zumindest Thomas Rodenhauser, Chef des renommierten Marktbeobachters Consulting Information Services aus New Hampshire.

«Wir sind bestens aufgestellt, um vom bevorstehenden Aufschwung zu profitieren», sagt BearingPoint-Schweiz-Chef Beat Leimbacher. Der Königsweg für BearingPoint heisst Business Transformation Outsourcing. Die Idee: Die Berater sollen nicht nur in die Unternehmen gehen, klug reden und wieder verschwinden, sondern ganze Prozesse und Funktionen ihrer Kunden übernehmen und damit «dramatische Leistungsverbesserungen für Jahre» garantieren.

Gemessen am Kursverlauf, war das Vertrauen der Anleger in BearingPoint lange nicht gross. Im April vergangenen Jahres notierte das Papier bei Dollar 21.50 – ein Jahr später lag der Kurs noch bei 6 Dollar und dümpelt seither in engen Spannen. Rand Blazer macht das düstere Umfeld für den massiven Wertverlust verantwortlich. «Wir haben uns im Vergleich zu unseren Hauptkonkurrenten nicht einmal schlecht geschlagen.» Tatsache ist: Der Umsatz im Horror-Geschäftsjahr 2001/02 schmiert um 17 Prozent auf 2,34 Milliarden Dollar ab. Und das operative Ergebnis sackt um fast ein Drittel auf 90 Millionen Dollar in den Keller. Auch am 14. August konnte Bradley Schwartz, verantwortlich für das weltweite operative Geschäft von BearingPoint, keine besseren Zahlen präsentieren und wird voraussichtlich weitere 275 Stellen streichen müssen. Das Unternehmen erzielte im vierten Geschäftsquartal nur einen Nettogewinn von vier Cent pro Aktie bei 774,8 Millionen Dollar Umsatz. Die Analysten hatten im Schnitt ein Plus von 15 Cent pro Aktie und Einnahmen von 829,6 Millionen Dollar erwartet.

Kein Wunder, scheint Rand Blazers Kauflust nun gestillt: «Auf allen Märkten, die global relevant sind, haben wir jetzt die erforderliche kritische Grösse.» Im Marktsegment der IT-Berater liegt BearingPoint hinter dem Hauptwettbewerber und Marktführer Accenture in etwa gleichauf mit den entsprechenden Einheiten von PwC (IBM) weltweit an zweiter oder dritter Stelle. Blazer: «Jetzt hat bei uns das Thema Rentabilität Vorrang.» Ein striktes Kostenmanagement tut Not. Beispiel deutschsprachiger Raum: Hendrik Ansink, Vorsitzender der Geschäftsführung von BearingPoint in Deutschland, Österreich und der Schweiz, schockte seine Partner schon im Oktober 2002 mit der Nachricht, Umsatz und Auftragseingang lägen «deutlich unter den Vorjahreswerten». Konsterniert beschloss die Geschäftsführung, 750 bis 850 Mitarbeiter zu entlassen, ein Viertel der Belegschaft.

Nach Einschätzung von Schweiz-Chef Leimbacher ist aber frühestens im kommenden Jahr mit einer wirklich durchgreifenden Nachfragebelebung zu rechnen. «Wir haben eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau erlebt. Für die mittelfristige Zukunft sind wir jetzt wieder optimistischer.»

Nicht ohne Ironie ist die Tatsache, dass ausgerechnet der eigentlich als Wachstumslokomotive apostrophierte Bereich der Systemintegration und des Outsourcings zuletzt schwer ins Stottern geriet. Besser läuft hingegen das Geschäft mit der Organisations- und Strategieberatung. Dieser Bereich, der auch von Beratern wie Boston Consulting Group und McKinsey beackert wird, profitiert von dem enormen Sanierungsbedarf in der Unternehmenswelt. Rand Blazer betont deswegen auch, kein ausschliesslicher Technologiedienstleister sein zu wollen. «Wir unterscheiden uns von anderen, weil wir zu einer umfassenden Beratung fähig sind – von der Implementierung der Informationstechnik und Software bis hin zur Modellierung der Geschäftsprozesse.» BearingPoint definiert dies als «Business Empowerment», die Firmenbroschüre gibt nähere Auskunft: «Bisher haben Wettbewerber vorwiegend ihre eigenen Solutions angeboten – wie ein chinesisches Sprichwort sagt, bedeutet dies, ihnen Fisch zu geben, anstatt sie das Fischen zu lehren.»

Natürlich werden fernöstliche Weisheiten allein nicht ausreichen, um sich Konkurrenten vom Kaliber einer IBM zu stellen, die nach der Akquisition von PwC Consulting mit einer ungeheuren Marktmacht in das Kernsegment von BearingPoint drängt. «Aber», so erwidert Blazer, «mit der Neutralität dürften die schon so ihre Schwierigkeiten haben. Dank unserer Plattformunabhängigkeit erhält der Kunde bei uns das, was für ihn am besten ist.» In der Tat: Der Vorteil von BearingPoint ist es, seit Jahren enge Beziehungen mit sämtlichen Systemanbietern auf der Software- und Hardwareseite zu pflegen, sei es mit SAP, Oracle, Siebel, Hewlett-Packard und auch IBM. «Wir sind in dieser Hinsicht völlig neutral», sagt Unternehmenschef Blazer, «wir werden unseren Kunden immer jene Lösungen bieten, die sie von uns verlangen.»

Public Sector soll ausgebaut werden

Noch sieht Blazer keine Notwendigkeit, seinen Radius auf andere Beratungsfelder auszuweiten. «Unser Stammgeschäft bietet genügend Wachstumschancen.» Dabei hat er vor allem die 2000 weltweit grössten Unternehmen im Visier. Von diesen «Global 2000» zählen 811 bereits zu seinem Kundenkreis – in zwei bis drei Jahren sollen es mehr als 1000 sein. Den öffentlichen Bereich will er weiter ausbauen – dort, wo die Aufträge langfristiger und die Gewinnmargen höher sind als im privaten Sektor. In China und Osteuropa sieht er wichtige Zukunftsmärkte, insbesondere im Finanzsektor, einem der ureigenen Geschäftsbereiche. Mediale Aufmerksamkeit bringt es allemal, wenn Bearing-Point von der US-Wiederaufbauorganisation USAID den Auftrag erhält, das gesamte elektronische Finanzsystem Afghanistans zu errichten oder die ökonomische Infrastruktur des Irak zu planen und geeignete digitale Infrastruktur zu implementieren.

Das sind schöne Erfolge für eine Firma, die letztlich immer noch auf der Suche nach sich selbst ist. «Vielleicht werden wir uns eines Tages zurücklehnen und irgendwie dankbar für die
momentane Krise in der Beraterbranche sein», philosophiert Rand Blazer über die schwierige Metamorphose und Identitätsfindung seines Unternehmens. «Für die Abspaltung von der Parent Company, den Börsengang, die Integration zahlreicher Akquisitionen und das Rebranding hätten wir in einem boomenden Markt vielleicht nicht den Mut aufgebracht.» Sicher ist: BearingPoint bewegt sich in einem schwierigen Umfeld, in dem viele Kunden nicht mehr loyal gegenüber ihren langjährigen Beratungsfirmen sind und es einen klaren Trend hin zu erfolgsabhängiger Vergütung gibt. Für BearingPoint erhöht sich also der Druck – und das Risiko. Auch das ist ein «Orientierungspunkt», an den man sich gewöhnen muss.