Wir werden nicht Letzte sein. Hinter der Schweiz liegt Mexiko! Die Schweiz und Mexiko sind die beiden letzten aller OECD-Länder, welche die alltägliche Datenübermittlung im Internet noch nicht liberalisiert haben. Das bedeutet: Wer hierzulande nicht in einem städtischen Gebiet wohnt oder arbeitet, ist zum erfolgreichen Geschäften oder zur privaten Internetnutzung auf den guten Willen der Quasimonopolistin Swisscom angewiesen. Nicht städtisch sind nicht nur entlegene Bergtäler, sondern auch zentrumsnahe Gemeinden und kleinere Städte wie Affoltern am Albis, Brig oder Chur. Guter Wille bedeutet nicht nur das Weiterreichen von technischem Fortschritt, sondern auch das Gewähren eines branchenüblichen Preisniveaus.

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Die schweizerischen Politiker arbeiten daran, den Rückstand in Sachen Liberalisierung aufzuholen. Nicht die öffentliche Kritik der OECD, sondern eigene Einsicht hat den Bundesrat vor drei Jahren beschliessen lassen, die so genannte letzte Meile zu öffnen. Bei der Öffnung der letzten Meile geht es um die Nutzung der mit Steuergeld gebauten Monopol-Infrastruktur der guten alten, staatlichen PTT. National- und Ständerat planen, in der Frühjahrssession die von der Regierung angestossene Revision des Fernmeldegesetzes zu verabschieden.

Der gute Wille aller kann nicht bezweifelt werden. Er ist seit 1998 dokumentiert in Artikel 1, Absatz 1 des Fernmeldegesetzes: «Dieses Gesetz bezweckt, dass der Bevölkerung und der Wirtschaft vielfältige, preiswerte, qualitativ hoch stehende sowie national und international konkurrenzfähige Fernmeldedienste angeboten werden.» Weiter ist gemäss Absatz 2, Litera c «ein wirksamer Wettbewerb» angestrebt. Was gesetzgeberisch wohlgemeint aufgegleist ist, kommt in der Schweiz meist zu einem guten Ende – unspektakulär, aber guteidgenössisch austariert, griffig und zweckorientiert. In Sachen Öffnung der letzten Meile ist bisher leider eine Ausnahme von dieser Regel festzustellen: Je länger die politische Reise durch das Reglementierungsgestrüpp dauerte, umso mehr geriet dem Parlament der Kompass aus der Hand.

Ein Grund ist wohl der: Plötzlich drängten und drängen die Diskussionen über geplante Auslandgeschäfte und die angedachte Privatisierung der Swisscom immer stärker in den Vordergrund. Kommt hinzu, dass der Stoff kompliziert und komplex, das Ringen um Meinungen zäh und unser Rückstand – gemeinsam mit Mexiko! – halt doch vielen National- und Ständeräten eher peinlich ist. Zu konstatieren jedenfalls ist, dass die von jedem soliden Schweizer Berufsmann verachtete Devise «Lieber schnell fertig als gut fertig» um sich greift. Vor der parlamentarischen Verabschiedung jedenfalls steht ein Gesetz, das offenkundig den anvisierten echten Wettbewerb bei der schnellen und unkomplizierten Datenübermittlung, zum Beispiel im Bereich Asynchronous Digital Subscriber Line (ADSL), nicht herstellt, sondern weiterhin verunmöglicht.

Worum es in der Sache geht, ist von hochtechnischer Natur: ADSL ist eine Breitbandtechnik, die normale Kupfer-Telefonleitungen zu schnellen Datenautobahnen macht. Die Kupfer-Infrastruktur und damit die Herrschaft über diese Technologie sind im Besitz der ehemaligen Telecom PTT. Mittels «schnellen Bitstromzugangs» kann auf Wunsch eines Internetbenutzers eine beliebige Dienstanbieterin die Datenverbindung herstellen. Diese Anbieterin muss der Eigentümerin der letzten Meile selbstverständlich ein Entgelt entrichten, das deren Kosten deckt und das investierte Kapital branchenüblich verzinst. Der Bitstromzugang würde in einer tauglichen Definition sofortigen flächendeckenden Wettbewerb in allen Regionen sicherstellen. Im Parlament wird allerdings nach wie vor um die Definition und die Zugangsregeln des Bitstromzugangs gestritten. Die einen wollen den Bitstromzugang fix auf zwei Jahre beschränken, die anderen verhindern diesen Bitstromzugang mit einer weltweit einmaligen Definition der Anschlusspunkte. Wenn die eine, die andere oder gar beide Ideen im Gesetz stehen bleiben, sind Ökonomie und Technik nicht in sinnvolle Kongruenz gebracht.

Der Gesetzgeber nähme damit in Kauf, dass Sunrise und andere Unternehmen daran gehindert würden, flächendeckend zu investieren. Erstens liesse sich nämlich ein flächendeckender Ausbau der Vermittlungszentralen ohne Bitstromzugang in ein paar wenigen Jahren gar nicht bewerkstelligen, wie dies von den Befürwortern einer fixen zeitlichen Beschränkung gefordert wird. Denn der eigenständige Ausbau – also die vollständige Entbündelung – als sodann einzige Methode des Zugangs zur letzten Meile würde in der Schweiz im besten Fall eineinhalb Jahrzehnte dauern, weil dabei eine rege Bautätigkeit seitens der Swisscom und seitens der neuen Anbieter erforderlich würde, um die Netze zusammenzuschalten. Mit dem Bitstromzugang wäre dieser Aufwand wesentlich kleiner, und die gesamte Schweiz könnte sehr rasch mit einer Auswahl bei den Breitbanddiensten versorgt werden.

Zweitens ist es sowohl volkswirtschaftlich ineffizient als auch betriebswirtschaftlich unsinnig, eine parallele Infrastruktur zum längst amortisierten und technisch nicht ausgereizten Anschlussnetz der Swisscom zu bauen. Die Folge wäre, dass im ADSL-Bereich alle privaten Fernmeldedienstanbieter von den politisch sodann monopolisierten und daher weiterhin überteuerten Grosshandelsdiensten der Swisscom abhängig blieben. Nichtstaatliche Telekomunternehmen müssten ihr Angebot auf städtische Gebiete konzentrieren, was hiesse, dass viele Gebiete in der Schweiz bewusst mit wirtschaftlichen Standortnachteilen belegt würden.

Schauen wir auf das Jahr 1998 zurück. Damals machte die Schweiz den ersten Schritt in die Liberalisierung des Fernmeldemarktes. Es ging nicht wie jetzt um Daten, ums Internet, sondern um die Sprachübermittlung, um Telefonie.

Was geschah, als die Monopolistin Swisscom ihr steuerfinanziertes Netz anderen Telekomanbietern zur Verfügung stellen musste? Die Preise sanken massiv, die Vielfalt der Dienste stieg, der Kundenservice wurde besser, es wurde in Milliardenhöhe investiert, es wurden Arbeitsplätze geschaffen – mehr, als die Swisscom abbaute –, es profitierten alle: die Volkswirtschaft, die Unternehmen, jede und jeder Einzelne im Land.

Wer kühl analysierte, konnte eigentlich nichts anderes registrieren als ein Ringelreihen von volkswirtschaftlichen Selbstverständlichkeiten: Der gesetzgeberisch festgemachte Wettbewerb brachte Stimulierung, die Stimulierung brachte Innovation, die Innovation brachte neue Angebote, die neuen Angebote brachten tiefere Preise. Man möge doch nur mal eine Telefonrechnung von damals mit einer heutigen vergleichen oder im Index der Konsumentenpreise nachschlagen: Vier Jahre nach der Liberalisierung waren die Preise in Teilen des Fernmeldemarktes um über 30 Prozent gesunken. Tendenz seither? Kräftig sinkend.

Wir von Sunrise sind eine der starken und treibenden Kräfte im Telekomwettbewerb, die Nummer zwei im Lande. 2,2 Millionen Kunden nutzen täglich via Internet, Telefon und Handy unsere Dienstleistungen. Unser Glasfasernetz für Sprach- und Datendienste von über 7000 Kilometern ist schweizweit angelegt. Unser hybrides Mobilfunknetz versorgt über 99 Prozent der Bevölkerung mit modernstem Mobilfunkservice. Wir bieten rund 2600 Mitarbeitenden an 56 Standorten in der Schweiz gut bezahlte und qualifizierte Arbeitsplätze. Insgesamt haben wir in der Schweiz bisher über 3,5 Milliarden Franken in Infrastruktur investiert.

Wir von Sunrise sind bereit für neuen Wettbewerb, neue Produkte, neue Arbeitsplätze, neue Investitionen. Aber es braucht hierfür eine ähnliche gesetzgeberische Ein- und Weitsicht wie jene von 1998, welche die Liberalisierung damals möglich machte. Allen Wettbewerbern im sich schnell wandelnden Technologiemarkt müssen gleich lange Spiesse in die Hand gegeben werden, damit auch die nicht städtischen Menschen, Freiberufler, Gewerbler und Unternehmer an die Moderne angebunden werden können. Die Anzahl der Internetnutzer im Geschäftsleben tendiert mittlerweile gegen 100 Prozent. Es darf doch nicht gewollt sein, dass all diejenigen von den Vorteilen des Wettbewerbs beim Breitband-Datenfluss abgeschnitten bleiben, die sich auf der falschen Seite der Informationsautobahn befinden.

Ich spreche auch für unzählige Mitbewerber von Sunrise, die ebenfalls nur darauf warten, dass die letzte Meile vollständig entbündelt wird. Damit die Schweizer beispielsweise nicht bis zu zehnmal langsamer surfen müssen als die Franzosen – und erst noch deutlich mehr bezahlen. Dass in den Büros der Quasimonopolistin andere betriebswirtschaftliche Rechnungen gemacht werden, mag verständlich sein. Niemand darf die Augen verschliessen vor Tatsachen wie dieser: Als 1998 die Monopolistin Swisscom zur Ex-Monopolistin wurde und die Infrastruktur zum Endabnehmer öffnen musste, sprangen plötzlich über 300 Anbieter von Fernmeldediensten in den Markt. Es gab plötzlich mehr Dienstleistung. Mehr Wahlfreiheit. Weniger Kosten. Und alles für alle.

Nach der Sprache nun die Daten: Wer will, kann aus der Geschichte lernen!