Kein Hotel zu klein, um ein Luxustempel zu sein. Dies beweist etwa das Wellness- und Golfhotel Vereina in Klosters. Von seinen 25 Zimmern sind 14 als noble Suiten hergerichtet. Die Investition im zweistelligen Millionen-Bereich hat sich für das «Vereina» gelohnt. Heute liegt die Auslastung, im Winter bei 90%, dies bei durchschnittlichen Zimmerpreisen von gegen 400 Fr. Das ist eine doppelt so hohe Auslastung, wie sie vor dem Neubau erreicht wurde.
Was für das Hotel Vereina im Kleinen, gilt für die Schweizer Top-Luxushotels seit ein paar Jahren im grossen Stil. Vereinigt haben sich 36 der besten Schweizer Fünfsternehotels in der Gruppierung «Swiss Deluxe Hotels» (SDH), in der sie sich gemeinsam vermarkten.
Die eben zu Ende gegangene Sommersaison 2007 war für viele SDH-Hoteliers die bisher erfolgreichste. Die gesamte Gruppe hat in den Monaten Juni bis August gegenüber dem Vorsommer eine durchschnittliche Umsatzsteigerung von 13,5% bei einem Übernachtungsplus von 10% erzielt. Zusammen erwirtschaften die SDH-Luxusbetriebe einen Jahresumsatz von über 1 Mrd Fr.
Investitionen zahlen sich aus
Die Luxushotellerie profitiert von der guten Konjunkturlage sowie vom starken Eurokurs, der zahlungskräftige Gäste aus dem In- und Ausland anlockt. Zudem haben die Top-Hotels den Boom gezielt in die Verbesserung ihres Angebots investiert.
Allein die 36 SDH-Betriebe haben in der Periode 2005 bis 2007 rund 1 Mrd Fr. investiert. Darin enthalten sind auch die 400 Mio Fr. für den gigantischen Neubau des Dolder Grand Hotels in Zürich. «Im Durchschnitt beträgt das gesamte Investitionsvolumen der Gruppe rund 200 Mio Fr. pro Jahr», sagt SDH-Sprecher Fiorenzo Fässler. Die letzten Jahre waren überdurchschnittlich.
Die Investitions-Rally wird weitergehen. Beispiel sind die Grand Hotels Bad Ragaz, wo die für 2008 und 2009 geplanten Arbeiten für mehr Zimmer, den Umbau des Kursaals und die Erneuerung der Therme sowie des medizinischen Zentrums statt wie ursprünglich auf 115 auf 150 Mio Fr. beziffert werden.
Insgesamt dürften gemäss Marktplatz Hotel im lukrativen Schweizer Luxushotelmarkt in den nächsten Jahren zehn Grossprojekte mit 1400 Zimmern für 800 Mio Fr. umgesetzt werden.
Die Investitionen in Schweizer Luxushotels werden in vielen Fällen von wohlhabenden Mäzenen getätigt. Beispiele sind der Financier Urs E. Schwarzenbach im The Dolder Grand, Thomas Schmidheiny in den Grand Hotels Bad Ragaz oder der deutsche Karl-Heinz Kipp in den Tschuggen-Hotels.
Ein immer grösseres Interesse an der Schweizer Luxushotellerie ist aber auch aus den Finanzmärkten wie Russland oder Arabien zu spüren, von wo auch die Gästezahlen zuletzt markant gewachsen sind. Eine Immobilienfirma aus dem Golfstaat Qatar beispiels-
weise wird sich ab 2008 zur Hälfte an den geplanten 350 Mio Fr. schweren Umbauprojekten der vier Bürgenstock-Hotels sowie der Hotels Atlantis in Zürich, Royal Savoy in Lausanne und Schweizerhof in Bern beteiligen. Möglich ist offenbar, dass diese Hotels danach von der aktuellen Eignerin, Rosebud Hotels Holding zum Betrieb an die globale Kempinski-Hotelgruppe überführt werden (siehe Interview links).
Radisson SAS baut aus
Von den verbesserten Rendite-möglichkeiten auf Schweizer Boden haben neben Kempinski auch andere internationale Hotelketten Wind bekommen und machen sich hierzulande immer breiter. Ende 2004 eröffnete die US-Luxuskette Hyatt einen Betrieb in Zürich, die französische Accor-Gruppe überlegt sich neben der Expansion im Tiefpreissektor den Ausbau der Luxusmarke Sofitel.
Ihr Angebot in der Schweiz im oberen Segment sogar vervierfachen will die skandinavische Gruppe Radisson SAS. Zum Basler Viersternhaus kamen je ein Radisson SAS in St. Gallen und Luzern. 2008 geht das Hotel am Zürcher Flughafen auf. Weitere Schweizer Betriebe sind in Planung.
Mit den Plänen von Mäzenen und internationalen Ketten messen sich kleine Familienhotels wie das «Vereina» in Klosters nicht. Ihr Trumpf ist eine hohe Gastlichkeit gepaart mit einem soliden Angebot. Wer dabei auf Luxus setzt, hat im Markt zurzeit gute Chancen.
Wenn Mittelklassehotels ohne durchschlagendes Verkaufsargument nicht rechtzeitig oder falsch investieren, droht ihnen im harten Wettbewerb das Aus. Genau auf diese Zielgruppe hat es die französische Touristik- und Hotelkette Accor abgesehen, die heute mit 32 Hotels und gegen 1000 Mitarbeitenden bereits die Nummer eins in der Schweizer Hotellerie ist. Accor will mit ihrer gehobenen Mittelklassemarke Mercure unabhängige Schweizer Hoteliers für Franchising-Kooperationen gewinnen. Die Hotels bleiben dabei eigenständig, können aber von der bekannten Marke Mercure und zahlreichen Accor-Dienstleistungen in den Bereichen Marketing, Kommunikation, Weiterbildung der Angestellten, Kundenbindung und Informationstechnologie profitieren. Georges Schneider, Generaldirektor der Accor Hotellerie Schweiz, hegt ehrgeizige Ziele: «Wir wollen in der Schweiz zehn Hotels, fünf in Städten, fünf in Bergregionen, als Mercure-Franchise-Partner gewinnen.» Voraussetzung: Die Hotels müssen über mindestens 80 Zimmer verfügen. Anfang November wird mit dem Hotel du Parc in Martigny VS der zweite Schweizer Betrieb zu einem Mercure-Franchising-Partner.
Vor vier Jahren hatte diesen Schritt als Erster der Zürcher Hotelier Werner Stoller mit seinem Hotel Stoller am Albisriederplatz gewagt. Der Mut hat sich bezahlt gemacht. Das Mercure Hotel Stoller hat seine durchschnittliche Zimmerbelegung seit 2003 von 34 auf heute 80% gesteigert und den Ertragswert mit dem Franchising innert Jahresfrist um 32% erhöht.
------
Fakten II
Das grosse, teure Hotel ist im Vorteil
Logiernächte
In der Hotellerie wurden 2006 gemäss «Schweizer Tourismusstatistik 2007» 34,8 Mio Logiernächte (siehe Grafik) verzeichnet, knapp 6% mehr als im Vorjahr. Das ist der stärkste Zuwachs seit 1980. Ein Aufenthalt dauerte im Schnitt 2,4 Nächte pro Person. 1975 waren es 3,3 Nächte.
Regionen
Die fünf Tourismusdestinationen Graubünden, Zürich, Wallis, Berner Oberland und Zentralschweiz verbuchen zusammen 62% der Logiernächte.
Betten Gemäss der Statistik der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH), in der im Jahr 2005 368 Hotels erfasst waren, hatte ein Fünfsternebetrieb im Durchschnitt 200 Betten, ein Viersternehotel 101, ein Dreisterne-haus 63 und ein Ein- oder Zweisternebetrieb noch 37 Betten.
Umsatz
Ein Ein- oder Zweisternehaus setzte laut SGH 2005 im Durchschnitt 747315 Fr., ein Fünfsternehotel 13,1 Mio Fr. um.
Erfa-Gruppe
Zur Erfahrungsgruppe des Branchenverbands Hotelleriesuisse gehören 161 Hoteliers in der Schweiz. Die Mitglieder tauschen Ideen und Ratschläge aus und üben konstruktive Kritik bei gegenseitigen Betriebsbesichtigungen. Die Erfa-Gruppe liefert Zahlen, die zwar nicht repräsentativ sind, aber Hinweise über den Verlauf des Geschäftsjahres und neue Entwicklungen geben. So geht aus der Erfa-Statistik unter anderem hervor, dass die Fünfsterne-Ferienhotels ihren Ertrag pro Zimmer und Kalendertag in den vergangenen Jahren am meisten steigern konnten .