Als der achtköpfige Verwaltungsrat am 30. August letzten Jahres ab 10 Uhr morgens in Biel tagte, waren die Zweifel schon gross. Aber man wollte sichergehen. Und so gab das Board um Nick, Nayla und Marc Hayek, um Ex-Astronaut Claude Nicollier, Schauspieler George Clooney, ETH-Professor Ralph Eichler und Ammann-Group-Besitzerin Daniela Schneider dem VR-Delegierten und Belenos-Geschäftsführer Mougahed Darwish den offiziellen Auftrag, die Strategie zu prüfen und einen Report über mögliche Alternativen zu erstellen. Bei der folgenden VR-Sitzung Mitte November war es dann nur noch Formsache. «Einstimmig», so Präsident Nick Hayek, beschloss der Belenos-VR: Alles zurück auf Anfang.
Mit grossen Zielen war das Projekt vor elfeinhalb Jahren gestartet. Nicht weniger als die Batteriewelt revolutionieren wollte man mit einer neuen Technologie, die 30 Prozent mehr Leistung versprach, doppelte Lebensdauer und halbe Ladezeiten. Besonders bei Elektroautos sollte die auf Vanadiumpentoxid basierende Eigenentwicklung zum Einsatz kommen.
«Wir werden die Elektromobilität einen gewaltigen Schritt weiterbringen!», versprach Nick Hayek noch vor rund zwei Jahren, als er in Itingen BL die ersten Prototypen produzierte.
Uhren reichen ihm nicht mehr: Swatch-Chef Nick Hayek will auch die Autowelt revolutionieren. Die Chancen seiner Superbatterie sind gewaltig. Aber auch die Risiken. Mehr dazu lesen Sie hier.
In diesen Monaten hätten in China die ersten Autos herumfahren sollen mit der Technologie von Belenos, die mehrheitlich im Besitz der Swatch Group ist. 10 bis 15 Milliarden Franken Umsatz peilte man für nächstes Jahr an.
Strategieschwenk
Daraus wird nun vorerst nichts: «Wir haben die Strategie komplett geändert», bestätigt Clooney gegenüber BILANZ, «das gibt uns völlig neue Möglichkeiten.» Ursprünglich geplant war, die Kathode aus dem proprietären Vanadiumpentoxid herzustellen, beim Rest aus Kostengründen aber auf Standardbauteile zu setzen: Grafit für die Anode und ein flüssiges Elektrolyt. «Der Leistungsgewinn dadurch wäre für zwei, drei Jahre genug gewesen, aber kein Quantensprung», sagt Hayek. «Die Batterietechnologie hat sich inzwischen auch weiterentwickelt.» So hat etwa Dyson einen Akku mit 300 Prozent mehr Leistung gegenüber konventionellen Systemen angekündigt.
Stattdessen setzt Belenos nun bei der Anode auf Lithium sowie auf ein festes Elektrolyt – ein für die Industrie neuer Ansatz, von dem man sich mehr Akkuleistung verspricht. Dadurch braucht das Projekt «sicher noch zwei bis drei Jahre mehr», so Hayek. Und die Batterie wird deutlich teurer, weil es noch keine Skaleneffekte gibt.
Für die doppelte Lebenszeit ist das Potenzial weiterhin vorhanden, bezüglich der halben Ladezeit lässt sich noch nichts sagen. «Aber die Batterie ist besser rezyklierbar», sagt Pascal Häring, Forschungsleiter von Renata, die für die Swatch Group Uhrenbatterien herstellt. Er hat bei Belenos nun mehr Verantwortung übernommen.
Grosse Investitionen
Der Strategieschwenk hat Folgen: «Seither werden wir von Bewerbungen überflutet», sagt Hayek, «ich muss fast jede Woche einen neuen Vertrag unterschreiben.» Um über 50 Prozent auf 35 Mitarbeiter hat er die Mannschaft vergrössert. Rechnet man akademische Partner und Unterstützungskräfte der Swatch Group hinzu, sind es rund 100. Ein «weiterer massiver Ausbau» (Hayek) ist geplant.
34 Millionen Franken wurden bereits in Belenos investiert. Dabei wird es nicht bleiben: «Wenn wir etwas brauchen, bekommen wir es», sagt Darwish.