Die Asset-Management-Sparte der Credit Suisse lockt offenbar Interessenten an. Mehrere Fondshäuser, aber auch SPACs – also Mantelfirmen für Börsengänge – hätten Kaufinteresse an Teilen oder dem gesamten Geschäft signalisiert.
Dies sagten drei mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur «Reuters». Konkret soll der US-Fondsriese BlackRock die Fühler ausgestreckt haben; dann ein von Jean-Pierre Mustier (dem Ex-Chef der UniCredit) gebildeter SPAC; ferner die Fondsgesellschaft State Street; und schliesslich die Deutsche-Bank-Tochter DWS. Das Geschäft könnte auf einen Wert von rund vier Milliarden Dollar kommen, hiess es.
Die Credit Suisse sei in Gesprächen mit den Interessenten, sagten die Insider. Allerdings sei die Sache noch in einem frühen Stadium. Bisher habe niemand eine «Due diligence»-Prüfung eingeleitet. Bezüglich des Zeitrahmens seien die Meinungen geteilt, was sinnvoller sei: ein schneller Verkauf – oder eher eine Transaktion in sechs bis zwölf Monaten (die dann möglicherweise mehr abwerfe).
Es liegt bei Antonio Horta-Osorio
«Die Credit Suisse ist immer noch im Krisenmodus, und sie haben noch nicht entschieden, wie es weitergehen soll», sagte eine der Quellen. Ein Entscheid dürfte ohnehin nicht fallen, bevor der neue Verwaltungsratspräsident Antonio Horta-Osorio Ende April das Steuer übernimmt.
Credit-Suisse-Sprecher Andreas Kern erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AWP: «Die Bank hat keine Pläne, Teile oder das gesamte Asset-Management-Geschäft zu verkaufen.» BlackRock, State Street, DWS und Pegasus Europe lehnten gegenüber Reuters eine Stellungnahme ab.
Oder IPO?
Eine Option sei auch ein Börsengang und dabei wiederum die Fusion mit einer bereits notierten SPAC (Special Purpose Acquisition Company). So sei das CS-Asset-Management aufs Radar des SPACs Pegasus Europe geraten, der Mantelgesellschaft des ehemaligen UniCredit-Chefs Jean-Pierre Mustier, sagten zwei Insider.
Aus regulatorischen Gründen könnten formelle Gespräche mit Mustier oder seinem Team erst stattfinden, wenn Pegasus Europe an der Börse Amsterdam gelistet ist.
SPACs sind Unternehmenshüllen, die zunächst kein eigenes Geschäft haben. Sie sammeln mit einem Börsengang Geld ein und gehen erst danach auf die Suche nach einem Unternehmen, das sie mit dem Erlös kaufen können.
Verkauf schon mehrfach diskutiert
In der Branche läuft seit Jahren vor allem unter mittelgrossen Anbietern wie Credit Suisse ein Konsolidierungsprozess. «Ein möglicher Verkauf des Asset Managements der Credit Suisse wurde bereits in der Vergangenheit diskutiert», sagte Hermes-Portfoliomanager Filippo Alloatti.
Den Spekulationen über eine Abspaltung hatte auch Konzernchef Thomas Gottstein Nahrung gegeben. In einem Interview mit «Bloomberg Television» erklärte er Ende März, eine Verselbstständigung des Asset Managements sei «potenziell Teil des Plans».
Das Asset Management ist die kleinste Division der Credit Suisse. Sie beschäftigt gut 1'100 Personen und weist 440 Milliarden Franken an Assets under Management aus.
Hier spitzte sich die Lage Anfang März zu, als das Institut die Abwicklung von vier zusammen mit Greensill Capital betriebene Lieferketten-Finanzierungs-Fonds mit einem Gesamtvolumen von rund zehn Milliarden Dollar einleitete. Die Bank warnte, dass der Fall das Ergebnis belasten könnte.
Im November hatte das Institut bereits den Wert der Beteiligung am Hedgefonds-Anbieter York Capital in den eigenen Büchern um rund 450 Millionen Dollar kürzen müssen. Mehrere Manager, darunter der Leiter der Asset Management-Sparte, wurden inzwischen abberufen.
Die Wertberichtigung auf der York-Beteiligung drückte das Asset Management 2020 in die roten Zahlen. Nachdem 2019 noch ein Vorsteuergewinn von 479 Millionen Franken zu Buche gestanden hatte, war es im Jahr darauf ein Verlust von 39 Millionen Franken.
(AWP, rap)