Nein, schüttelt Bernard Kobler den Kopf, Luzerner zu sein sei keine offizielle Voraussetzung, um den Chefposten bei der Luzerner Kantonalbank (LUKB) übernehmen zu können, «aber von Vorteil ist es bestimmt». Alleine der Kenntnis von lokalen Verhältnissen und regionalen Gepflogenheiten wegen. Der 46-jährige Banker sitzt in seinem auffällig aufgeräumten Büro, vor einem Bild aus dem bankeneigenen Kunstfundus und bringt seine mit einer Zebraherde gemusterte Krawatte in Form. «Ich weiss, nicht unbedingt sehr modisch», schmunzelt er, «aber ich mag einfach Krawatten mit Tiersujets.»
Seine Affinität zu Viechern scheint bereits früh in seinem Leben vorhanden gewesen zu sein, zu einer Zeit schon, als er den Hemdenkragen unter der Woche noch offen getragen hat. Farmer wollte Kobler in jungen Jahren werden, das Rüstzeug dazu beabsichtigte er sich nach der Matura an der ETH in Zürich zu holen. Vor allem reizte ihn das Führen eines grossen Betriebes, die damit verbundenen Aufgaben, das Umsetzen von Ideen. Im Rahmen des Studiums dann hatte der angehende Agronom unter anderem auch ein Praktikum fernab von Vierbeinern zu absolvieren - Bernard Kobler entschied sich für einen Einsatz auf der Bank.
Ein folgenschwerer Entscheid, wie er heute schon fast erleichtert feststellt. Denn das Metier gefiel im auf Anhieb so gut, dass er gleich bei der SBG blieb: «Arbeit und Umfeld haben einfach zu mir gepasst.» Das Thema Landwirtschaft hatte sich irgendwo zwischen all den Zahlen erledigt. «Aber», schiebt der verhinderte Grossbauer nach, «melken, das kann ich trotzdem.»
Einen spannenderen Job gibts für Kobler nicht
Kobler, der noch bis Ende Jahr bei der LUKB für das Retailgeschäft verantwortlich zeichnet, stammt aus gut situiertem Elternhaus. Der Vater war Marketingdirektor bei der Emmer Viscosuisse, einem bis in die 80er Jahre hinein sicheren Wert der Innerschweizer Arbeitsplatzanbieter. Der Begriff Arbeit sei für ihn immer mit positiven Assoziationen verbunden gewesen, erinnert sich der mit drei Geschwistern an den Gestaden des Vierwaldstättersees aufgewachsene Herz-Luzerner: «Die Lebensqualität hier ist einfach höher als in anderen Schweizer Städten.»
Sein erstes Geld hat er sich als Caddy auf dem Golfplatz verdient, später, als das Alter es zuliess, füllte er in der Migros die Regale mit Molkereiprodukten auf. Die Augen des vierfachen Vaters blitzen auf, wenn er aus jener Zeit erzählt. Bald schon nämlich sei er beim Detailhandelsriesen in der Hierarchie aufgestiegen. «Mir wurde der Früchteverkauf vor dem Haupteingang anvertraut, für mich als Kantonsschüler war das wirklich was.» Der Umgang mit Menschen habe ihm schon damals gelegen, betont der ehemalige Bankgeselle, der sich in seinem beruflichen Tun als Allrounder sieht.
So erstaunt es denn auch wenig, dass Kobler sowohl bei der UBS als auch bei der LUKB vor allem im Privat- und Gewerbekundengeschäft tätig gewesen ist. «Im Retailgeschäft haben Sie praktisch mit sämtlichen Spektren der Bevölkerung zu tun, von der Einzelperson über den KMU-Betrieb bis hin zu öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Und genauso unterschiedlich die Kundschaft ist, weist auch die Art der damit verbundenen Begehren und Lösungen Vielseitigkeit auf.» Als einseitig oder gar langweilig habe er sein Business deshalb noch nie erlebt. «Im Gegenteil», lässt Kobler, der seine Antworten stets präzise formuliert, keine Zeit für Einwände, «ich kann mir keinen spannenderen Job vorstellen als den meinen.» Motivationsprobleme auf jeden Fall kenne er keine.
Kindernahes Ferienkonzept
60% aller Luzernerinnen und Luzerner unterhalten gemäss Firmenporträt in irgendeiner Form eine Geschäftsbeziehung mit der Luzerner Kantonalbank. Für einen Bankier und einen Ur-Luzerner sei der Posten an der Spitze dieser Bank angesichts dessen schon etwas Spezielles, betont der neue CEO. «Insofern erachte ich meine neue Aufgabe durchaus als Krönung meiner Karriere», gibt Kobler zu, nicht ohne gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass dies auch seinen Preis hat. Vor allem in Form von Verpflichtungen, die oftmals am Abend auf den Familienvater warten.
Um den Kontakt mit seinen Kindern nicht zu verlieren oder allenfalls zu intensivieren , hat sich der Frühaufsteher (Arbeitsbeginn 6 Uhr) und Wenigschlafer etwas Besonderes einfallen lassen. «Ich will jedes Jahr eine Woche meiner Ferien alleine mit einem meiner Kinder verbringen, im letzten Sommer habe ich beim Ältesten damit angefangen, das war ungemein spannend.» Denn nicht nur der 16-jährige Sohn habe den Vater für einmal fernab von Arbeit und Familienverbund erlebt, auch letzterer durfte seine Überraschungen erleben. «Es ist absolut erstaunlich, wie reif und eigenständig junge Leute heute sind», so eines seiner Ferienfazite.
Eigenständigkeit fordert Kobler auch von seinen Mitarbeitern. Und Zuverlässigkeit. Und das Bestreben, stets volle Leistung zu erbringen. Was ihn im Berufsalltag auf die Palme treiben kann? «Mittelmass, zufrieden zu sein mit halbherzigen Lösungen.» Und in welchem Licht sieht Privatmann Kobler den Chef Kobler? Der umgängliche Vollblutbanker schaltet eine kurze Denkpause ein, um in Gedanken eine Liste mit Charakterzügen zu erstellen. «Ich glaube, ich arbeite ziemlich zielorientiert, liebe Teamwork, bin offen und flexibel und hoffe auch, dass mein Führungsstil stets einen menschlichen Umgang untereinander ermöglicht.»
Als CEO einer regional verankerten Universalbank, die ihre Leistungen anders als international tätige Grossbanken hauptsächlich in einem mehr oder weniger abgeschlossenen Wirtschaftsgebiet erbringt, weiss Kobler um die gängigsten Gepflogenheiten der Klientel. Er sieht sich und seine Bank denn in erster Linie auch als Dienstleister: «Die Zeiten, als der Kunde Bittsteller war, sind längst vorbei; heute geht es darum, Lösungen zu erarbeiten, von denen beide Seiten profitieren.» Vehement wehrt sich der Generalstabs-Oberst gegen den landläufig gern zitierten Vorwurf, Banken hätten einzig und allein an Grosskunden ein Interesse, die Kleinen hingegen würden «en passent» erledigt. «Unzufriedene Geschäftspartner, auch so genannt Kleine, sind für ein Unternehmen mit lokalem Bezug, wie es das unsrige ist, so ziemlich das Schlimmste. Letztlich leidet darunter das Image und das kann man sich als Generalbank ganz einfach nicht leisten.»
Zur Entspannung geht er gerne mal golfen
In den Schalterhallen der LUKB herrscht Hochbetrieb. Kontoeröffnung, Abheben, Beratung. Welch ein Verhältnis zum Geld hat jemand, der sich tagein, tagaus mit monetären Grundsatzfragen beschäftigt? Kobler, der den Vorsitz der Geschäftsleitung von Fritz Studer übernimmt, überlegt nicht lange: Geld, das sei lapidar ein Mittel zum Über- und Leben. «Und natürlich ermöglicht es, gewisse Träume und Visionen zu verwirklichen, sich ab und zu einen kleinen oder grösseren Luxus zu gönnen.» So habe er sich zum Beispiel zum 40. Geburtstag selber eine schöne Uhr geschenkt.
Als Luxus empfindet der sportliche Mitvierziger aber auch, mit sich im Reinen zu sein, eine Familie um sich zu haben und immer mal wieder auf dem Curlingfeld oder dem Golfplatz zu stehen. Die Konzentration auf den kleinen Ball ermögliche es ihm, Abstand zu Arbeit und Alltagssorgen zu gewinnen. Sein Handicap? Bernard Kobler winkt lachend ab: «30, aber so wichtig ist das nicht.» Eingefleischte Golfer allerdings merken: In den Verdacht geraten, dass sein Golfspiel gegenüber dem Beruf Priorität geniesst, dürfte der neue Präsident der LUKB-Geschäftsführung mit dieser Performance kaum. Und um diese schlagartig zu verbessern, dazu fehlt ihm in naher Zukunft die Zeit.
Steckbrief
Name: Bernard Kobler
Funktion: CEO der Luzerner Kantonalbank, ab 1. Januar 2004
Alter: 46
Wohnort: Meggen
Familie: Verheiratet, vier Kinder
Karriere
1979 - 1986 Diverse Funktionen bei der UBS (ehemals SBG) in Zürich
1988 - 1998 Stabchef Retail- und Leiter Privatkundengeschäft, UBS
1998 - 2003 Luzerner Kantonalbank, Regionaldirektor Luzern, seit 1999 Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Retailgeschäft Firma
Luzerner Kantonalbank
Mit einer Bilanzsumme von 17 Mrd Fr. und rund 1000 Beschäftigten gehört die 1850 gegründete LUKB zu den zehn grössten Banken der Schweiz und den wichtigsten Arbeitgebern im Kanton Luzern. Das Institut tritt am Markt als klassische Universalbank auf und verfügt mit den Reserven über Eigenmittel von 1,2 Mrd Fr. Haupteigentümer ist der Kanton Luzern mit 70,6% Aktienbesitz. Der Rest ist hauptsächlich im Besitz von Luzerner Investoren. In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres weist die Bank einen Gewinn von knapp 70 Mio Fr. aus.